Die Entfuehrung
Abend an diese Regierung ist ein direkter Angriff auf mein Vermächtnis. Sie bringen mich im landesweiten Fernsehen in Verlegenheit, indem Sie von mir verlangen, ich solle eine Verfügung erlassen, die das Militär anweist, Kindesentführer zu stellen. Ich bin mir sicher, dass es eine Menge Leute gibt, die denken, jawohl, macht das. Sie haben die Konzentrationslager der Nazis vergessen. Sie haben vergessen, was unser Land während des Zweiten Weltkriegs japanisch-stämmigen Amerikanern angetan hat. Sie müssen plötzlich daran erinnert werden, dass der Einsatz des Militärs gegen Zivilisten in der Geschichte der Menschheit verheerende Folgen gehabt hat. Ihre Rhetorik bringt mich in eine Situation, bei der ich nur verlieren kann. Wenn ich diese Verfügung erlasse, wird meine letzte und erinnerungswürdigste Handlung als Präsident mich langfristig als den reaktionären Trottel abstempeln, der der allgemeinen Hysterie nachgegeben und die Vereinigten Staaten in ein faschistisches Militärregime verwandelt hat
Sie wissen, dass ich das nicht tun werde. Aber genauso wenig habe ich Lust, den Leuten für den Rest meiner Amtszeit als das liberale Weichei in Erinnerung zu bleiben, der bei Kindesentführern nicht durchgreift.«
»Es tut mir leid, dass Sie es so sehen.«
»Es tut Ihnen nicht leid«, sagte Sires mit scharfer Stimme. »Niemand, der sein ganzes Leben der Aufgabe gewidmet hat, die Freiheit seines Landes zu verteidigen, kann ernsthaft planen, das Militär gegen seine eigenen Staatsbürger einzusetzen.«
»Glauben Sie, dass ich geblufft habe?« »Ich weiß es. Das Militär für diese Zwecke einzusetzen ist sowieso illegal, aber lassen wir das einmal beiseite. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir mit dieser Geschichte umgehen können. Die eine ist die, dass Sie demnächst im Fernsehen über mich herziehen, ich hätte mich geweigert, für die Suche nach Ihrer Enkelin und nach anderen hilflosen Kindern das Militär loszuschicken.« »Das hätte entschieden was für sich.« »Und es hätte entschieden Konsequenzen. Ich wäre natürlich gezwungen, entsprechend zu reagieren.«
»Ich möchte ja nicht unverschämt sein«, sagte Howe, »aber wie stellen Sie sich vor, gegen einen Mann vorzugehen, dessen Enkelin entführt worden ist?«
»Das ist zwar streng geheim, aber meine Quellen berichten mir, dass das FBI tatsächlich die Möglichkeit in Betracht zieht, dass die Entführung von Kristen Howe von Ihren Anhängern geplant und durchgeführt wurde. Möglicherweise sogar mit Ihrem Segen.«
»Das ist Schwachsinn«, sagte Howe mit eisiger, scharfer Stimme.
»Es ist kein Schwachsinn, wenn das Weiße Haus das durchsickern lässt.
»Herr Präsident, Sie wissen, dass das nicht die Wahrheit ist.«
Der Präsident lächelte schief. »Die Wahrheit? Das ist ein dehnbarer Begriff. Ich hatte einmal einen Strategen, der eine interessante Definition dafür hatte. Die Wahrheit, sagte er, ist das, wovon man nicht beweisen kann, dass es falsch ist.«
Der General erstarrte.
Der Präsident lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Es sind nur noch vier Tage bis zur Wahl, General. Glauben Sie, dass Sie innerhalb von vier Tagen beweisen können, dass weder Sie noch Ihre Anhänger irgend etwas zu tun haben mit einer Entführung, die Sie mühelos ins Weiße Haus befördern kann?«
»Was schlagen Sie vor?«
»Mir persönlich gefällt die Möglichkeit Nummer zwei: Sie und ich kommen überein, kein Wort mehr über die ganze Angelegenheit zu verlieren. Ich gebe keinen weiteren Kommentar mehr ab zur Entführung Ihrer Enkelin. Und Sie reden nicht mehr davon, dass ich eine Verfügung erlassen soll, um das Militär einzuschalten.«
»Die Presse wird die Sache sicher nicht so einfach begraben.«
»Und unsere Reaktion wird standhaft und vernünftig sein: Im Interesse von Kristens sicherer Rückkehr gebe ich zum jetzigen Zeitpunkt keinen Kommentar zur Strategie der Ermittlungen ab. Denken Sie, dass Sie das sagen können, Lincoln? Oder wollen Sie wirklich erleben, wie undicht die Leitungen im Weißen Haus sein können?«
»Ist Ihnen Ihr Vermächtnis wirklich so wichtig?« fragte Howe ungläubig.
»Und ist es Ihnen wirklich so wichtig, der nächste Präsident zu werden?«
Howe verzog das Gesicht, erhob sich aus seinem Sessel und schaute aus dem Fenster. Schließlich atmete er tief durch, drehte sich um und sah den Präsidenten direkt an.
»Im Interesse von Kristens sicherer Rückkehr«, sagte er mit der Stimme eines gehorsamen Soldaten, »gebe ich
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