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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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er Sie gerne sehen würde.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Wenn Sie ablehnen, dann gehen wir wieder und melden, dass wir es versucht haben, dass Sie aber nicht wollten. Es wäre auch nicht weiter schlimm. In ungefähr zwei Wochen ist er sowieso fertig, und dann sehen Sie ihn ja wieder.«
    Zwei Wochen – das kam nicht infrage. Anna wusste nicht einmal, ob sie noch zwei Tage warten konnte. »Also gut, ich komme mit – aber ich muss vorher noch einen Anruf machen. Jemand erwartet mich, wissen Sie.«
    »Das ist schon okay, aber wir würden Sie ersuchen, dass Sie seinen Namen lieber nicht erwähnen. Es könnte irgendjemand mithören.«
    »Kein Problem.«
    »Gut. Unser Wagen steht gleich da vorn.«
    Anna ging mit ihnen zu dem Wagen, der tatsächlich nur wenige Meter entfernt geparkt war. Sie stieg ein, setzte sich auf den Rücksitz und zog ihr Handy hervor. Sie ließ es einige Male klingeln, bis Liz O’Rourke schließlich abhob.
    »Hallo.«
    »Liz, ich bin’s. Ich denke, es ist alles wieder okay.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Mach dir keine Sorgen.«
    »Dann hast du also wieder mit ihm gesprochen?«
    Anna blickte durch die Windschutzscheibe hinaus, während der Wagen sich in den Verkehr einreihte. »Nein … nicht direkt.« Sie wusste nicht, wie viel sie sagen konnte. »Ich bin gerade unterwegs, um mich mit ihm zu treffen.«
    »Bist du sicher, dass du das Richtige machst?«, fragte Liz.
    »Ja. Ich rufe dich morgen früh wieder an.«
    »Na gut. Sag’s mir, wenn du irgendetwas brauchst.«
    »Das mache ich, Liz, und danke noch mal für alles. Sag Michael, dass es mir Leid tut.«
    »Ach, mach dir wegen Michael keine Sorgen. Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Er wird froh sein, dass er wieder in unserem Bett schlafen kann.«
    Anna lachte. »Liz, du bist einfach toll, weißt du das?«
     
     
     
     

32
    Er hatte seine letzte Morphinspritze irgendwann zwischen fünf und sechs Uhr abends gehabt. Jetzt, etwa drei Stunden später, kehrte der Schmerz in Wellen zurück. Thomas Stansfield wollte bei dem bevorstehenden Gespräch einen klaren Kopf haben. Es war wahrscheinlich das letzte Mal, dass er den Präsidenten sehen würde. Er wollte nicht, dass Hayes ihn als einen morphiumsüchtigen alten Mann mit glasigem Blick in Erinnerung behielt, und, was noch wichtiger war, er wollte im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein.
    Viele mochten Stansfields Einstellung für etwas antiquiert halten – doch er war in all den Jahren in Washington damit ganz gut gefahren. Er fühlte sich zuerst dem Land und dann erst dem Präsidenten verpflichtet. Nicht alle Präsidenten, unter denen Stansfield gedient hatte, waren gut gewesen – und Stansfield hatte sich stets bemüht, den Schaden in Grenzen zu halten, den solche Leute mit manch einer unverständlichen Maßnahme seiner Agency anrichten konnten. Präsident Hayes war in dieser Hinsicht anders. Er war stets verlässlich und berechenbar. Vielleicht war er nicht der brillanteste Präsident, den dieses Land je hatte – aber er war nach Stansfields Überzeugung gewiss einer der besten. Im Gegensatz zu einigen seiner Vorgänger hielt Hayes nicht viel von Meinungsumfragen; er umgab sich lieber mit fähigen Leuten, auf deren Rat er hörte – und wenn es sein musste, war er durchaus in der Lage, klare Entscheidungen zu treffen.
    Stansfield ließ sich von seinem Bodyguard aus dem Wagen helfen. Er würde all seine Kräfte aufbieten müssen, um auf eigenen Beinen zum Situation Room zu gehen. Er kam in Anzug und Krawatte zum Weißen Haus – so wie er es sein ganzes Berufsleben lang getan hatte.
    Es war fast neun Uhr abends und schon ziemlich ruhig hier im Westflügel des Weißen Hauses. Der Präsident war immer noch an seinem Arbeitsplatz im Oval Office – das bedeutete, dass auch der Secret Service noch in voller Stärke anwesend war; dafür war der Großteil der Angestellten schon nach Hause gegangen. Auf seinen Stock gestützt betrat Stansfield das ehrwürdige Gebäude. Er schien im vergangenen Monat um zehn Jahre gealtert zu sein.
    Als Stansfield schließlich das abhörsichere Konferenzzimmer im Situation Room erreichte, war er ein wenig überrascht, dass der Präsident schon auf ihn wartete. Hayes saß wie immer am Ende des Tisches und las einen Bericht. Er hatte seine Krawatte ein wenig gelockert und sein Jackett über die Stuhllehne gehängt.
    Hayes stand auf und nahm die Lesebrille ab. Das Erste, was ihm an Stansfield auffiel, war, wie dünn der Mann aussah. Der Präsident

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