Die Entscheidung
lange warten sollte, bis die Sache mit der Reporterin erledigt war. Er konnte einfach nicht zulassen, dass Rapp Cameron in die Hände bekam.
Anna Rielly war müde. Sie hatte soeben den letzten Beitrag für die Abendnachrichten beendet und packte ihre Sachen, um nach Hause zu fahren. Es hatte mittlerweile zu regnen aufgehört. Ihre ersten beiden Berichte hatte sie mit dem Regenschirm in der Hand abgeliefert. Das regnerische Wetter sorgte nicht nur bei ihr, sondern offenbar auch bei allen anderen für gedämpfte Stimmung. Die Arbeitswoche schien sich endlos hinzuziehen – dabei war es erst Mittwoch. Sie wollte nur noch nach Hause, sich in ihr Bett legen und schlafen. Wie schön wäre es gewesen, wenn Mitch wieder da wäre – doch das war wohl nicht zu erwarten.
Sie hatte Liz von ihrem Gespräch mit Mitch erzählt. Sie hatte ihr jedoch noch nicht anvertraut, für wen Mitch arbeitete und was er tat – und Liz war eine so gute Freundin, dass sie sie auch nicht drängte, es ihr zu erzählen. Liz O’Rourke war erleichtert, dass Mitch sich bei Anna gemeldet hatte – doch ihrem Mann schienen die Ereignisse der vergangenen Woche immer noch zu schaffen zu machen. Anna fürchtete, dass er seine Kontakte nutzen und auf eigene Faust Nachforschungen anstellen könnte.
Während sie zum Nordwesttor ging, fasste Anna den Entschluss, dass sie heute in ihre Wohnung zurückkehren würde. Sie hatte den O’Rourkes genug zugemutet. Sie konnten einen solchen Stress im Moment wirklich nicht gebrauchen – jetzt, wo das Baby unterwegs war. Mitch hatte angerufen und gesagt, dass alles in Ordnung war. Wenn er sich keine Sorgen machte, dann konnte sie sich auch ein wenig entspannen.
Als sie zum ersten Tor kam, steckte Anna ihre Kennmarke unter einen Sensor, worauf sich das Schloss am Tor öffnete. Sie drückte das Tor auf und winkte den uniformierten Sicherheitsbeamten zu, während sie weiterging. Beim nächsten Tor wiederholte sie die Prozedur und trat schließlich auf den Bürgersteig an der Pennsylvania Avenue hinaus. Während sie in westlicher Richtung weiterging, freute sie sich bereits auf ein schönes heißes Bad, sobald sie nach Hause kam. Dann würde sie noch ihre Eltern anrufen und fragen, wie es ihnen ging. Vielleicht konnte sie zusammen mit Mitch zu ihnen nach Chicago fliegen, wenn er seine Verpflichtungen erledigt hatte. Annas Eltern hatten Mitch schon im Sommer kennen gelernt, und sie hatten sich auf Anhieb sehr gut verstanden.
Anna bemerkte die beiden Männer zuerst überhaupt nicht. Sie war in Gedanken weit weg und schwelgte in der Erinnerung an die wunderschönen Tage, die sie vergangenen Sommer mit ihrem zukünftigen Ehemann verbracht hatte. Als sie die beiden ernst dreinblickenden Männer schließlich sah, blieb sie abrupt stehen.
»Miss Rielly, ich bin Special Agent Pelachuk vom FBI«, sagte einer der beiden. »Und das ist Special Agent Salem«, fügte er, auf seinen Kollegen zeigend, hinzu. »Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Anna Rielly wich einen halben Schritt zurück und blickte über die Schulter. Das Weiße Haus war nur einen Block entfernt. Sie war nicht nervös, sondern wollte sich nur vergewissern, dass keiner ihrer Kollegen das Gespräch mitbekam. »Kann ich Ihre Ausweise sehen?«
Ohne zu zögern, zeigten ihr beide Männer ihre Ausweise. Anna betrachtete sie, ohne genau zu wissen, wie FBI-Dokumente aussahen. Die Fotos stimmten jedenfalls mit den Gesichtern vor ihr überein, und auch sonst sah alles echt aus. »Worüber möchten Sie mit mir sprechen?«, fragte sie schließlich.
»Das möchte ich hier lieber nicht sagen«, antwortete der Mann vorsichtig und blickte sich kurz um.
»Mir wäre es aber sehr recht, wenn Sie das täten«, beharrte Anna Rielly und verschränkte die Arme vor der Brust, wie um zu sagen, dass sie nirgendwohin mit ihnen gehen würde, wenn sie keine Antwort auf ihre Frage bekam.
Der Mann beugte sich vor. »Es hat mit Ihrem Freund zu tun«, flüsterte er.
»Wie bitte?«, stieß Anna erschrocken hervor.
Der Mann wedelte beschwichtigend mit den Händen. »Es ist nicht, was Sie vielleicht denken. Es ist eine gute Nachricht«, fügte er lächelnd hinzu.
»Was denn?«
»Ich kann hier auf der Straße wirklich nicht darüber sprechen.« Anna machte immer noch ein beunruhigtes Gesicht, sodass der Mann sich vorbeugte und ihr zuflüsterte: »Er möchte sie sehen.«
»Wo ist er?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich kann Ihnen nur verraten, dass er in Sicherheit ist und dass
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