Die Entscheidung
Besuch abstatten und die Wahrheit aus ihm herausprügeln.
Cameron kam zu dem Schluss, dass es Villaume gewesen sein musste. Dieser schleimige kleine Franzmann hatte sich bestimmt mit Rapp in Verbindung gesetzt und ihm die Telefonnummer gegeben. Ja, so musste es gewesen sein – sonst wäre Rapp wohl direkt bei ihm aufgetaucht. Cameron sah an der Unterseite seines Wagens nach, ob vielleicht jemand einen Peilsender angebracht hatte, ehe er schließlich einstieg und aus dem Parkhaus fuhr. Sein Ziel war der Capitol Hill, den er jedoch nicht auf geradem Weg ansteuerte, was höchstens zehn Minuten gedauert hätte, sondern quer durch die Stadt, sodass die Fahrt eine Dreiviertelstunde dauerte. Als er schließlich in die Tiefgarage des Hart Senate Office Building fuhr, war er sich ziemlich sicher, dass ihm niemand gefolgt war.
Senator Clark trat in das kleine Zimmer und schloss die luftdicht abschließende, schalldichte Tür. Er trug ein hellblaues Hemd mit weißem Kragen und eine teure goldfarbene Seidenkrawatte. Sein Jackett hatte er drüben im größeren Konferenzzimmer gelassen. Er war über die plötzliche Störung alles andere als erfreut, ließ es sich aber nicht anmerken.
»Was gibt’s, Peter?«, fragte Clark, ohne sich zu setzen.
»Nichts Unlösbares«, antwortete Cameron mit etwas gezwungener Zuversicht.
Der Senator sah ihn aufmerksam an. »Einzelheiten, bitte.«
»Ich habe heute Nachmittag einen Anruf von Mitch Rapp bekommen.«
Clarks Augen weiteten sich. »Tatsächlich?«
»Ja, aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Er kennt nicht einmal meinen richtigen Namen.«
Clark wusste nicht, ob er ihm das glauben sollte. »Wie hat er Sie gefunden?«
Cameron hielt sein Telefon in die Höhe. »Er hat mich auf dem Handy angerufen.«
»Woher hat er die Nummer?«
»Villaume hat sie ihm gegeben.« Cameron erwähnte nicht, dass dies lediglich eine Vermutung war.
Der Senator atmete tief durch und blickte auf die leere Wand vor ihm. »Haben Sie nicht gesagt, Villaume wäre kein Problem mehr – jetzt, da er seinen Freund verloren hat?«
»Er wird uns auch keine Probleme mehr machen«, log Cameron und verschwieg das Gespräch, das er ein paar Stunden zuvor mit Villaume geführt hatte.
»Dass er Rapp Ihre Telefonnummer gibt – das nennen Sie ›keine Probleme machen‹?«
»Es ist nicht so, wie Sie denken«, wandte Cameron ein. »Über dieses Handy kann mich niemand finden. Ich habe es unter falschem Namen gekauft und mit einer Kreditkarte bezahlt, die niemanden auf meine Spur bringen kann. Villaume kennt meinen richtigen Namen genauso wenig wie Rapp. Er weiß gar nichts über mich.«
Clark bemühte sich, ruhig zu bleiben. Das waren alles andere als gute Neuigkeiten. »Fühlen Sie sich denn kein bisschen von Rapp bedroht?«
»Nein«, log Cameron. »Ich komme schon allein zurecht.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Der Senator blickte zur Seite und fügte hinzu: »Vielleicht sollte ich noch jemanden anheuern, der sich um die Sache kümmert?«
»Nein, ich werde schon damit fertig.«
»Sind Sie sicher?«, fragte der Senator und sah ihm in die Augen.
»Ja.«
»Wie geht die Sache mit dem Mädchen voran?«
»Wir haben alle Informationen, die Sie brauchen.«
»Gut.« Clark setzte sich an den kleinen Tisch, und Cameron tat es ihm gleich. »Schnappen Sie sich das Mädchen, aber ganz unauffällig. Hat sich Rapp schon bei seinem Haus blicken lassen?«
»Nein, und das wird er wahrscheinlich auch nicht tun, bis diese Sache zu Ende ist.«
Clark saß eine Weile schweigend da und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. Wenige Minuten später sagte er Cameron, was er tun sollte. Er ging dabei so sehr ins Detail, dass sich Cameron Notizen machen musste. Nachdem Clark zehn Minuten ununterbrochen geredet und Cameron aufmerksam zugehört hatte, war die Lagebesprechung vorbei. Clark schickte seinen Helfer mit ganz genauen Anweisungen los.
Der Senator blieb noch ein paar Minuten allein in dem kleinen Zimmer, um seine Gedanken zu ordnen. Wie er so dasaß, wurde ihm klar, dass sich seine Zusammenarbeit mit Cameron unweigerlich dem Ende zuneigte. Ob es ihm nun gelingen würde, Rapp zu beseitigen, oder nicht – der Mann war einfach ein zu großer Unsicherheitsfaktor geworden.
Er hatte mittlerweile die Bestätigung erhalten, dass ein Mann, der als »der Oberst« bekannt war, den Auftrag angenommen hatte und nach Washington unterwegs war. Wenn Clark nach Hause kam, würde er dem Oberst mitteilen müssen, dass er so
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