Die Entscheidung
hatte, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Seine unübliche Zusammenarbeit mit dem deutschen Botschafter im Zuge der Hagenmüller-Affäre war schon schlimm genug gewesen – doch seine Einmischung in die Nominierung des nächsten CIA-Direktors war einfach unverzeihlich.
Es war auch noch eine zweite Sitzung für diesen Vormittag angesetzt. Der Präsident hatte schon am Abend zuvor zwei alte und sehr enge Freunde gebeten, dass sie die Sitzung für ihn vorbereiteten. Sie würde im Gegensatz zur ersten Sitzung im Stillen stattfinden. Die Teilnehmer warteten bereits im Situation Room.
Außenminister Midleton reagierte sofort und rief unverzüglich einige Freunde und Bekannte an, um herauszufinden, worum es ging – doch da auch sonst niemand etwas wusste, brachte ihn das nicht weiter. Immerhin erfuhr er vom Sicherheitsberater des Präsidenten Michael Haik, dass der Präsident so schlecht gelaunt war wie schon lange nicht mehr. Mit diesen bescheidenen Informationen machte sich der Außenminister auf den Weg ins Weiße Haus und betrat schließlich hoch erhobenen Hauptes das Oval Office.
Präsident Hayes war nicht gewillt, sich zu erheben, als sein Gast eintrat, und Direktor Stansfield hatte nicht mehr die Kraft dazu.
»Mr. President, ich bin gekommen, so schnell ich konnte. Was gibt’s?«, fragte Midleton selbstbewusst.
»Setzen Sie sich«, erwiderte der Präsident in scharfem Ton.
Hayes und Stansfield saßen auf ihren Stühlen am Kamin. Midleton trat zu ihnen und nahm auf der Bank Platz, die näher bei Stansfield stand. »Was ist denn los, Robert?«, fragte er noch einmal.
Hayes ließ die Anspannung, die in der Luft lag, noch ein klein wenig ansteigen, ehe er antwortete. Er sah Midleton geringschätzig an. »Ich glaube, ich bin derjenige, der fragen könnte, was eigentlich los ist.«
Midleton hatte sich auf der Fahrt zum Weißen Haus den Kopf darüber zerbrochen, was er getan haben könnte, um den Präsidenten dermaßen zu verärgern – und es war ihm nur eine mögliche Antwort eingefallen. Es musste sein Treffen mit dem Abgeordneten Rudin und Senator Clark gewesen sein. Solange er es jedoch nicht sicher wusste, würde er es mit keinem Wort erwähnen. Schließlich wollte er nicht riskieren, dass er sich womöglich für zwei Vergehen Vorwürfe machen lassen musste. In überaus förmlichem Ton sagte Midleton schließlich: »Sir, ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen.«
»Charles, wir waren mehr als zehn Jahre gemeinsam im Senat. Ich weiß genau, wann Sie lügen«, erwiderte Hayes und sah ihn mit funkelnden Augen an. »Was habe ich Ihnen gesagt, bevor Sie vor ein paar Tagen das Weiße Haus verließen?«
Midleton wollte auf die Frage nicht antworten und gab deshalb die übliche ausweichende Antwort. »Ich kann mich nicht mehr erinnern.«
»Sie können sich nicht erinnern«, sagte Präsident Hayes in spöttischem Ton mit vor Zorn geballten Fäusten. »Es wird Zeit, dass wir Klartext reden, Chuck. Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen und nicht um die der CIA. Erinnern Sie sich vielleicht jetzt?«
Midleton schluckte, bevor er antwortete. »Ja.«
»Würden Sie mir dann vielleicht verraten, warum Sie sich gleich am nächsten Morgen mit Hank Clark und Al Rudin im Congressional Country Club zum Frühstück getroffen haben?«
»Sie wollten mit mir über gewisse Vorfälle im State Department sprechen.«
»Blödsinn!«
Midleton blickte zur Seite und schüttelte den Kopf. »Das ist nicht der Stil, wie man eine Regierung führen sollte.«
»Oh, dann würden Sie es wohl besser finden, wenn ich geheime Treffen abhalte und irgendwelche Intrigen gegen Sie einfädle.«
»Also wissen Sie, ich glaube nicht, dass ich …«
Bevor Midleton zu Ende sprechen konnte, schnitt ihm Hayes das Wort ab. »Halten Sie, verdammt noch mal, den Mund, Chuck! Sie haben es wohl noch immer nicht kapiert, dass ich die Wahl gewonnen habe und nicht Sie. Als Sie nach den Vorwahlen in New Hampshire aufgaben und mir zusagten, dass Sie mich unterstützen würden, wenn Sie dafür ein Regierungsamt bekämen, da haben Sie verloren, Chuck. Die Leute wollten Sie nicht haben, und um mir Ihre Unterstützung zu sichern, habe ich etwas getan, das sich immer mehr als der größte Fehler in meiner ganzen politischen Laufbahn herausstellt. Aber ich kann damit leben, weil ich Sie nämlich noch heute loswerden kann – und das mit gutem Gewissen.«
Midletons Augen weiteten sich ungläubig.
Weitere Kostenlose Bücher