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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Schotterstraße hinunter. Im Gegensatz zur vergangenen Nacht war er diesmal allein im Wald. Gestern, das war wirklich knapp gewesen. Er hätte das Ganze beinahe vermasselt. Sein Ego hatte ihm einen Streich gespielt, und er hatte versucht, Rapp zu folgen. Doch es hatte sich gezeigt, dass er in einer Umgebung wie dieser im Vergleich zu Rapp ein Amateur war. Er kam ihm nicht einmal richtig nahe. Cameron war ihm mit einem Nachtsichtgerät gefolgt, und als er gerade einmal nahe genug herangekommen war, um ihn zu sehen, verschwand Rapp plötzlich im Dickicht. Cameron hatte sich über zwanzig Minuten lang nicht mehr von der Stelle gerührt – aus Angst, Rapp könnte ihn ertappen. Es war das erste Mal seit vielen Jahren gewesen, dass er wieder einmal richtig Angst hatte.
    Cameron hätte es gern irgendwo in der Stadt mit Rapp aufgenommen. In den belebten Straßen Washingtons glaubte er, im Vorteil zu sein; schließlich hatte er dort jahrzehntelang seinen Job ausgeübt. Ja, es wäre ein echtes Vergnügen gewesen, Rapp in Washington zu jagen. Cameron lächelte und schüttelte den Kopf, während er den Pfad entlangging – zufrieden, dass die Mission erfolgreich abgeschlossen war, und ein klein wenig enttäuscht, dass er nie mehr die aufregende Erfahrung machen konnte, Rapp zu verfolgen.
    Als Cameron sich der Schotterstraße näherte, verließ er den Weg und ging zu seinem Motorrad, das gut getarnt auf ihn wartete – eine BMW K 1200LT. Cameron rollte die Maschine auf den Pfad hinaus, setzte den Helm auf und betätigte den Anlasser. Der starke Scheinwerfer erleuchtete den Weg vor ihm. Als der Motor schnurrend zum Leben erwachte, setzte sich Cameron auf die Maschine und fuhr langsam auf die Schotterstraße auf. Wenn alles wie geplant verlief, würde er die Jansens in zwanzig Minuten am Flugplatz treffen. Die Mission war ein voller Erfolg.
     
    Seine Augenlider flatterten und gingen schließlich auf. Mitch Rapp versuchte, irgendetwas zu erkennen, doch er sah alles verschwommen. Seine Sinne kehrten langsam nacheinander zurück, so wie ein Computer hochgefahren wurde. Als Erstes kehrte der Geruchssinn zurück, und der Geruch von Schießpulver stieg ihm in die Nase. Dann waren da pochende Geräusche, von denen er nicht wusste, woher sie kamen. Langsam stieß er einen Laut hervor, der zunächst ein Stöhnen und schließlich mehr ein Brummen war. Rapp versuchte sich zu bewegen, doch die Schmerzen im Kopf und in der Brust waren schier unerträglich.
    Wie er so auf dem Rücken lag und an die Decke starrte, versuchte er sich bewusst zu machen, wo er war und vor allem, was passiert war. Der Schleier verschwand von seinen Augen, und mit einem Schlag wurde ihm alles klar. Seine erste Reaktion war, sich aufzusetzen. Er hob den Kopf wenige Zentimeter vom Fußboden hoch – doch ein jäher Schmerz in der Brust zwang ihn, sich wieder hinzulegen. Er blickte zur Decke und hob die rechte Hand unter dem schweren schwarzen Ledermantel an seine Brust. Er zog die behandschuhte Hand wieder hervor und sah, dass kein Blut daran war. Immerhin, dachte er und drehte sich trotz der Schmerzen auf die Seite. Danach stemmte er sich auf ein Knie hoch und sah sich im Zimmer um.
    »Dieses verdammte Miststück«, murmelte er vor sich hin. Sein Kopf war immer noch benebelt, doch allmählich kehrte die Erinnerung ganz zurück. Rapp strich mit den Fingern über den Ledermantel und fühlte die zwei Projektile, die von dem Kevlarfutter aufgehalten worden waren. Rapp erinnerte sich, dass sie ihn zuvor im Forsthaus noch gefragt hatten, ob er eine kugelsichere Weste trage. Die Frage war ihm gleich ein wenig seltsam vorgekommen – jetzt wusste er, warum. Gott sei Dank hat sie nicht auf meinen Kopf gezielt, dachte er.
    Er erinnerte sich, dass er auf seine Stoppuhr gedrückt hatte, als sie durch das Tor gefahren waren – und er blickte auf die Uhr, um zu sehen, wie viel Zeit vergangen war. Ungläubig starrte er auf das Zifferblatt; er war fast vier Minuten ohnmächtig gewesen. Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, dass er dringend von hier weg musste, als er die drei Männer auf dem Boden liegen sah. Rapp griff nach der Schreibtischkante, um sich hochzuziehen. Als er schließlich einigermaßen sicher stand, griff er sich an den Hinterkopf; der schwarze Lederhandschuh war voller Blut. Er sah auf die Stelle am Boden, wo er gelegen hatte, und sah eine tellergroße Blutlache. Als wäre das Ganze nicht schon schlimm genug gewesen, musste er nun auch noch sein Blut aufwischen. Es

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