Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
Vom Netzwerk:
hatte eine Hand am linken Ohr und hielt in der anderen einen Feldstecher. Von dem Knopf in seinem Ohr verlief ein Draht unter dem Kragen seiner dunkelbraunen Jacke bis zu einem verschlüsselten Motorola-Funkgerät. Der Mann lauschte mit großem Interesse dem, was im Haus vor sich ging. Es hatte also begonnen. Er hatte gehört, wie überrascht Rapp klang, als die Ereignisse plötzlich eine für ihn unerwartete Wendung nahmen. Nun wartete er darauf, dass die Frau aus dem Haus kam. Wenn sie nicht lebend herauskam, so war das in Ordnung. Wenn sie jedoch verwundet wurde, dann musste er eingreifen. Das Risiko, dass man sie zum Reden bringen würde, wäre viel zu groß gewesen. Nein, das durfte nicht passieren – er hatte in diesem Punkt strikte Anweisungen.
    Es musste so aussehen, als wäre Rapp von dem Bodyguard getötet worden. Zuerst musste Hagenmüller sterben, und danach Rapp. Wenn die Jansens ihre Aufgabe erfüllten und das Ganze wirklich überzeugend aussah, so würden sie überleben. Wenn ihnen jedoch auch nur der kleinste Fehler unterlief, würde man sie ausschalten müssen. Genau dafür war er hier; er sollte die Situation überwachen und, wenn nötig, eingreifen.
    Der bärtige Mann, der da am Waldrand stand, war ein ehemaliger Mitarbeiter der CIA. Die wenigen Menschen, die ihn etwas näher kannten, nannten ihn nur den »Professor«. Sein wirklicher Name war Peter Cameron. Auf den ersten Blick sah er nicht wie jemand aus, der in diesem Metier tätig war. Er war Ende vierzig und schleppte wohl an die zwanzig Kilo Übergewicht mit sich herum, sodass er sich kaum auf eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Gegner einlassen konnte. Doch das war ohnehin nie sein Stil gewesen. Cameron löste seine Aufgaben stets aus diskreter Entfernung. Wenn er eingreifen musste, dann tat er das mit dem rechten Zeigefinger und nicht mit den Fäusten. Er war ein Meisterschütze und glaubte fest daran, dass die einfachste Art, jemanden zu töten, mit einer Kugel war. Camerons Job war es jedoch, die Killer mit einem Auftrag loszuschicken und das Geschehen aus dem Hintergrund zu verfolgen. Er genoss es, aus einer gewissen Entfernung zuzusehen und abzuwarten, wie sich die Dinge entwickelten. Das war viel interessanter, als in Langley an einem Schreibtisch zu sitzen und über Satellitentelefon auf dem Laufenden gehalten zu werden. Cameron musste über jedes einzelne Detail Bescheid wissen, und das konnte er unmöglich, wenn er auf der anderen Seite des Atlantiks saß. Gerade bei dieser Mission ging es um unglaublich viel.
    Cameron hatte schon viel von dem Mann gehört, den sie »Iron Man« nannten – und wenn diese Geschichten nur zur Hälfte stimmten, dann musste dieser Mitch Rapp wirklich phänomenal sein. Cameron bewunderte ihn für seine Fähigkeiten und seine Entschlossenheit. Er empfand es als überaus aufregend, dass er dafür verantwortlich war, ein solches Kaliber wie Rapp auszuschalten. Ja, es war auch ein klein wenig Schuldgefühl dabei, wenn man mithalf, einen Mann zu töten, der der Agency so gut gedient hatte – aber letzten Endes war auch Rapp nur eine Schachfigur in dem großen Spiel und nicht unersetzlich. In der Vergangenheit der Geheimdienste hatte es unzählige solcher Leute gegeben – und wenn er es recht bedachte, war das der Grund, warum Cameron Langley verlassen hatte. Es gab nun jemanden, der seine Fähigkeiten wirklich zu schätzen wusste und der bereit war, ihn für seine langjährige harte Arbeit gebührend zu entlohnen.
    Cameron sah mit wachsender Anspannung, wie die Tür des Hauses aufging. Er hob den Feldstecher an die Augen und seufzte erleichtert, als er Beth Jansen herauskommen und zu dem wartenden Wagen laufen sah. Während der Audi davonbrauste, behielt Cameron weiter die Haustür im Auge, um sicher zu vergewissern, dass ihnen niemand folgte. Dann beobachtete er, wie der Wagen die gewundene Zufahrt hinunterfuhr. Als er sich dem Tor näherte, hörte Cameron das Hupen und sah die Scheinwerfer aufleuchten. Noch ehe der Wagen zum Stillstand kam, öffnete sich das Tor. Als der Audi auf die Straße auffuhr, nickte Cameron anerkennend und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Haus zu. Er behielt es noch einige Minuten im Auge, um zu sehen, ob die Morde vielleicht schon entdeckt worden waren. Doch es passierte nichts.
    Zufrieden mit dem Verlauf der Dinge steckte Cameron den Feldstecher ein und machte sich auf den Weg durch das Unterholz. Einige Sekunden später kam er zu einem Waldweg und ging zur

Weitere Kostenlose Bücher