Die Entscheidung
Thomas Stansfield noch nicht sehr lange, doch er bewunderte den Mann zutiefst. In dem Metier, in dem Coleman arbeitete, war Stansfield so etwas wie ein Held. Immerhin war er noch einer der Geheimagenten der ersten Stunde. Seine Laufbahn hatte im Zweiten Weltkrieg beim OSS, dem Vorläufer der CIA, begonnen, wo er noch unter Wild Bill Donovan gearbeitet hatte. Im Krieg war er mit seiner Einheit in Norwegen abgesprungen, das damals von Nazi-Deutschland besetzt war, um bei der Organsiation des Widerstands mitzuhelfen. Für die CIA – und damit für ganz Amerika – würde der Tod des weisen alten Mannes einen großen Verlust bedeuten.
Die Geschäftsbeziehung, die Coleman vor kurzem mit dem Direktor der CIA geknüpft hatte, war alles in allem ziemlich ungewöhnlich. Einige Jahre zuvor hatte Coleman bestimmte politische Angelegenheiten selbst in die Hand genommen. Er hatte einen guten Teil seines Lebens damit zugebracht, rund um den Erdball zu reisen und Leute auszuschalten, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten galten. Bei einer dieser Missionen hatte er sein halbes Team verloren; später erfuhr er, dass ein Senator mit einem Hang zu Alkohol und Frauen die Schuld am Scheitern trug. Coleman verließ die Navy aus Frust darüber, dass seine Vorgesetzten sich weigerten, ihm den Namen des Mannes zu verraten. Etwas später erfuhr er von seinem Freund, dem Kongressabgeordneten Michael O’Rourke, wer der Schuldige war. Coleman stellte sich folgende Frage: Wer ist eine größere Bedrohung für mein Land – ein Terrorist fünfzehntausend Kilometer entfernt oder ein korrupter, egoistischer Politiker im eigenen Land? Coleman heckte zusammen mit anderen einen Plan aus, dessen Ziel es war, den Kurs der Regierung zu korrigieren. Die Sache eskalierte, und ein halbes Dutzend Politiker wurden ermordet, nachdem der Plan, der Politik wieder so etwas wie Würde und Anstand zurückzugeben, von gewissen Kreisen in Washington durchkreuzt worden war. Direktor Stansfield und Abgeordneter O’Rourke handelten schließlich einen Waffenstillstand aus. Beide Parteien kamen überein, dass es für das Land das Beste sei, die Details der Geschehnisse nicht an die Öffentlichkeit zu tragen.
Das Abkommen hielt schon allein deshalb, weil keine Partei die andere angreifen konnte, weil sie befürchten musste, dass dann die wahre Geschichte herauskommen würde. Und so begann Coleman schließlich, verschiedene Aufträge für Stansfield zu erledigen; die beiden Männer brauchten einander. Es war zunächst eine etwas seltsame Beziehung – doch mit der Zeit hatte sich gegenseitiges Vertrauen und auch Respekt eingestellt.
Als sie ihre Reiseflughöhe erreicht hatten, schaltete Hackett den Autopiloten ein und wandte sich Coleman zu. »Also, sagst du uns jetzt vielleicht, worum es eigentlich geht?«
Stroble hörte die Frage und erhob sich von seinem Sitz. Er ging in der Tür zur Kabine in die Hocke, um Coleman zuzuhören. »Es gab eine Operation, bei der etwas schief gelaufen ist. Zwei der Beteiligten kommen heute Abend zurück, und wir sollen sie gleich nach Washington bringen.«
»Ich nehme an, sie wissen nicht, dass wir kommen«, fragte Stroble seinen Boss.
»Nein.« Coleman ahnte bereits die nächste Frage und bat Stroble, ihm seinen schwarzen Seesack zu bringen. Er holte zwei große Mappen daraus hervor, gab eine davon Stroble und behielt die andere selbst. »Stansfield war so freundlich, uns ein paar Hintergrundinformationen zu geben.« Coleman schlug die Mappe auf und betrachtete eine Schwarz-Weiß-Fotografie von einer der beiden Personen. Der Mann kam ihm irgendwie bekannt vor. Sein wirklicher Name war Jim Jansen. Er stammte aus Pittsburgh und war gleich nach der Highschool 1974 in die Army eingetreten. Nachdem er in Westdeutschland gedient hatte, kam er zurück und absolvierte die Ranger School. Er war eine Zeit lang in Korea und kam danach zu den Green Berets, wo er ein A-Team anführte und außerdem, wie Coleman bereits wusste, seine Frau kennen lernte, die sie ebenfalls nach Washington bringen sollten. An den Lücken in Jansens Lebenslauf erkannte Coleman, dass der Mann mehrmals von der CIA zu Einsätzen herangezogen worden war, über die nichts in den regulären Berichten stand. Coleman überflog die folgenden Absätze, um zu sehen, ob irgendetwas darüber vermerkt war, was Jansen für die CIA getan hatte. Doch diese Tätigkeit wurde wie erwartet mit keinem Wort erwähnt.
Coleman und Stroble studierten weiter den
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