Die Entscheidung
Schluck Wein und lehnte sich zurück.
»Haben Sie heute Abend die Nachrichten gesehen?«, fragte Cameron.
»Ich habe ein wenig davon mitbekommen.«
»Haben Sie zufällig den Bericht über den Mann gesehen, der in College Park erschossen wurde?«
Clark beugte sich vor und stellte das Weinglas nieder. Der Mord in College Park war das Thema des Tages gewesen. Mehr als fünfzig Kugeln waren dabei abgefeuert worden – die meisten davon aus schallgedämpften Waffen. Es gab mehrere Augenzeugenberichte, denen zufolge auch eine Frau getötet worden sei – doch das hatte die Polizei bisher nicht bestätigen können. Sie suchten in den Krankenhäusern der Umgebung nach Frauen, die Schussverletzungen aufwiesen.
»Ich habe den Bericht gesehen«, bestätigte Clark.
Cameron rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Ich war dabei«, verkündete er schließlich.
»Warum?«
»Ich wollte sichergehen, dass alles klappt.«
Clark betrachtete Cameron und seinen ungepflegten Bart einige Augenblicke schweigend. »Erzählen Sie mir einfach, was passiert ist«, forderte er ihn schließlich auf.
Cameron entschuldigte sich zunächst einmal dafür, dass er Duser und seine Leute nicht besser unter Kontrolle gehabt hatte. Danach schilderte er die Ereignisse der Reihe nach. Er bestätigte den Tod der Frau, die in dem Bericht erwähnt worden war, und fügte hinzu, dass man ihre Leiche ebenso hatte verschwinden lassen wie die Waffen und die Fahrzeuge, die bei der Operation verwendet worden waren. Immerhin konnte er auch berichten, dass Gus Villaumes stärkste Waffe, nämlich Mario Lukas, keine Bedrohung mehr darstellte.
Clark schaffte es, ruhig zu bleiben und Cameron nicht zu unterbrechen, obwohl er eine dringende Frage an ihn hatte, die ganz offensichtlich auf der Hand lag. Als Cameron mit seinem Bericht geendet hatte, sprach er die Frage schließlich aus. »Was haben Sie dort gemacht?«
»Ich verstehe Sie nicht ganz.«
»Was haben Sie in dem Wagen gemacht? Warum sind Sie ein solches Risiko eingegangen, erkannt oder geschnappt zu werden?«
Die Sache war Cameron ein wenig peinlich. Clark hatte ihm immer wieder gepredigt, wie wichtig es war, sich im Hintergrund zu halten. »Ich wusste, dass die Sache nicht ganz einfach wird, und da wollte ich eben sichergehen, dass Duser es nicht vermasselt.«
Clark brauchte erst einmal einen kräftigen Schluck Wein. Er überlegte, ob es sein konnte, dass Cameron nicht ganz ehrlich zu ihm war. Der Mann war ein Voyeur, das war ziemlich offensichtlich. Sein plötzliches Bedürfnis, so nah am Geschehen zu sein, war ziemlich gefährlich. Cameron war der Einzige, über den der Senator mit den Ereignissen der vergangenen fünf Tage in Verbindung gebracht werden konnte. Clark nahm noch einen Schluck Wein, und während der kostbare Rebensaft durch seine Kehle rann, beschloss er, dass Cameron wegmusste. Clark wusste nicht, durch wen er ihn ersetzen sollte – doch das würde sich schon finden. Der Mann war einfach ein zu großer Unsicherheitsfaktor. Der Senator würde dafür sorgen müssen, dass er von der Bildfläche verschwand – doch bis dahin musste er den Mann bei Laune halten.
»Peter, Sie haben gute Arbeit geleistet. Ich will nicht, dass Ihnen etwas zustößt oder dass Sie im Knast landen.« Der Senator runzelte die Stirn. »Keine Ausflüge mehr an den Tatort. Dafür sind Sie mir zu wertvoll. Lassen Sie die anderen die Dreckarbeit machen, und sehen Sie zu, dass Ihre Hände sauber bleiben.«
»Ja, Sir.« Cameron seufzte erleichtert. »Es hat sich noch etwas anderes getan«, fügte er hinzu.
»Positiv oder negativ?«
»Oh, ich denke, das wird Ihnen gefallen«, antwortete Cameron lächelnd und zog einen kleinen Kassettenrekorder aus der Tasche. »Heute Abend hat einer meiner Männer dieses Gespräch abgefangen.« Cameron drückte auf die Wiedergabetaste und drehte die Lautstärke auf.
»Ja, hier Anna Rielly.«
»Liebling, ich bin’s. Ist alles okay?«
Die Tonqualität war gut. Clark beugte sich vor und stützte die Unterarme auf den Schreibtisch. »Irre ich mich oder ist das tatsächlich Rapp?«, fragte er. Cameron nickte.
»Mitchell.«
»Ja, Liebling, ich bin’s, aber ich kann nicht lange sprechen. Ist alles okay bei dir?«
Clark spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Es war das erste Mal, dass er Mitch Rapps Stimme hörte. Nachdem er ihn einige Monate lang eingehend studiert hatte, spürte er nun zum ersten Mal seine Präsenz. Die Stimme war tief und ein klein
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