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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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brachte sie zur Besinnung und half ihr, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren. Was gab es am Pont Neuf, und wo würde sich Nella verstecken – wo würde sie sich sicher fühlen?
    Die Arme um Andrejs athletischen Körper geschlungen, hielt sie in jeder Hand eine Waffe, bereit, auf alles zu schießen, das sich ihnen in den Weg stellte. Doch das Ufer war wie ausgestorben. Gruselig, wenn man bedachte, was hier normalerweise los war.
    Sie preschten an der Pont Alexandre vorbei, ließen die nächste Brücke hinter sich, und hielten auf die Pont Royal zu. Als Andrej vom Gas ging, reckte sie den Hals, dann sah sie es.
    Ein gekapertes Ausflugsschiff lag zwischen der Pont des Arts und der Pont Neuf quer und blockierte den Wasserweg. Vermutlich lag ein ähnliches Schiff oberhalb des Flusslaufs, um Enzos Leute zwischen der Ile de Cité einzusperren. Sein schwarzes Schnellboot lag an der Spitze der Ile, an den Stegen der Vedettes, schien jedoch unbemannt. Vermutlich durchkämmten seine Männer auf der Suche nach Nella die Gegend.
    Das hinderte sie allerdings nicht daran, sich mit den Algeriern eine Schießerei zu liefern. Da die Polizeieinheiten in den Norden abgezogen waren, hatten die Algerier freie Bahn für einen offenen Angriff, und die nutzten sie. Mit Schnellfeuergewehren ballerten sie auf Enzos Boot, dessen Rumpf wie eine Lochkarte aussah.
    „Auf die Brücke!“, rief sie und deutete auf das Schiff. Andrej nickte und tat wie geheißen. Während sie die Pont des Artes überquerten, erledigte sie die Schützen auf dem Dampfer mit Kopfschüssen. Nachdem sie das Südufer erreicht hatten, versperrte ihnen eine provisorische Straßensperre aus Europaletten den Weg, die in Brand gesteckt worden waren. Na toll. Noch mehr Mafiosi, und dann auch noch die Falschen, war ja klar.
    Die Maschine jaulte auf, und für einen Augenblick standen sie auf dem Hinterrad. Andrej nutzte die Mauer eines Treppenaufgangs als Schanze und gab Gas. Sie machten einen Satz nach vorn, flogen über die Sperre, während Blanche mit den SIGs alles erledigte, was sich unter ihnen bewegte.
    „Auf die Ile de Cité!“, rief sie gegen den Lärm der Maschine an. Wieder nickte Andrej, und sie lotste ihn zur einzigen Kirche der Insel.
    Falls Nella noch lebte, wäre ein Gotteshaus ihre erste Wahl.
     
    *
     
    Als Enzos Telefon „The Kill“ vom 30STM abspielte, war er kurz davor, den Verstand zu verlieren. Sein Sohn hatte in einer Anwandlung von schwarzem Humor den Klingelton für Blanche eingegeben. Für Nella hatte er „Lovefool“ von den Cardigans ausgesucht, und damit klargemacht, wie er zu ihr stand. Durch das aktuelle Chaos war ihm die feindselige Entwicklung zwischen Nella und seiner famiglia entgangen – ein Fehler, wie sich herausstellte. Einer von vielen. Ausgerechnet Blanche hatte ihm deswegen den Kopf gewaschen, und Ernesto bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen, dass Nella nicht den Empfang bekommen hatte, der ihr als Frau an seiner Seite zustand. Und nun war sie da draußen, in einer feindseligen Umgebung, allein auf sich gestellt. Ohne Schutz, ohne Waffe – ohne ihn.
    „Was?“, blaffte er in den Hörer. Seine Hand zitterte, sein Atem ging stoßweise.
    „Wir haben sie“, sagte Blanche ruhig.
    „Wo?“
    „Notre Dame.“
    Er legte auf. Ob sie lebte oder nicht, wollte er nicht wissen, nicht jetzt. Mit langen Schritten marschierte er zum Dach, wo zwei Hubschrauber auf ihn warteten. Kein Flugverbot der Welt würde ihn davon abhalten, Nella nach Hause zu holen. Der zweite Helikopter war für die Männer, die auf der Insel festsaßen. Nach letzten Informationen hatten sie sich im Hotel Dieu verschanzt, nachdem ihr Boot zu Sägemehl verarbeitet worden war.
    Das HQ war in Alarmbereitschaft, jeder Mann stand an seinem Posten – bis zu seiner Rückkehr würde Marcel die Stellung halten. Die Suche der Polizei hatte sich in die Peripherie verlagert, in die Außenbezirke der Stadt, sodass sie vermutlich nicht behelligt wurden. Solange sie unter dem Radar blieben, sollte nichts schiefgehen. Nur, dass in letzter Zeit ständig etwas schiefging.
    Claude war ein Profi, ein ehemaliger Pilot der Fremdenlegion. Geschickt lotste er die als Polizeihubschrauber getarnte Maschine knapp über die Dächer der Promenadengebäude. Wenn es die Verhältnisse zuließen, flog er sogar zwischen den Häusern durch die Prachtalleen. Nachdem sie die Seine erreicht hatten, lenkte er den Flieger über den Fluss, bis sie die Ile de la Cité erreichten. Als die Kufen

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