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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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vorübergegangen. Er spürte eine Wagenladung Fragen, doch zumindest zweifelte sie nicht an ihm.
    Gut, dachte er, und gab ihr einen leichten Kuss auf die Lippen. Der Nagel seines Daumens fuhr krallenartig aus, dann beugte er sich erneut zurück und ritzte sich die Unterlippe auf.
    „Was tust du?“, fragte sie und versuchte, sich aus seiner Umarmung zu lösen.
    Ein unterdrückte ein Lächeln und rahmte ihr Gesicht mit beiden Händen ein, während seine Zunge genussvoll über ihren Mund strich. Und dann küsste er sie, langsam und gründlich.
    Zuerst zögerte sie, einen Moment später schmolz sie in seinen Armen und erwiderte mit wachsendem Hunger seinen Kuss.
    Ja, dachte er, biss sich auf die Lippe, damit sie noch mehr von ihm aufnahm. Sie würde die zusätzliche Kraft brauchen, jeder Tropfen seines uralten Blutes würde sie stärken, hier – und auf der anderen Seite.
    Ein leises Räuspern machte ihn darauf aufmerksam, dass sie nicht allein waren. Vorsichtig streckte er seine Fühler aus, und berührte den Geist des Jungen. Er war wach und entschlossen. In seiner Aura fand er keine bräunlichen Spuren von Eifersucht, was gut für ihn war, denn das verlängerte sein Leben.
    Widerstrebend beendete er den Kuss, drückte Blanche an seine Seite, und griff den Kragen des Jungen mit der freien Hand. Dann klappte er die Flügel auf und stieß sich unvermittelt vom Dach ab.
    Andrejs Schrei wurde von der Nacht verschluckt, so wie die Dunkelheit jeden Schrecken und jede Angst verschlang. Das war immer so und würde bis zum Ende der Zeit so sein.
     
    *
     
    Der Nordbahnhof war aufgrund einer anonymen Bombendrohung großräumig geräumt worden, was vermutlich Enzos Werk war. Blanche wusste als eine der wenigen, dass er ein Treffen Der Drei plante, was übersetzt so viel hieß, dass sich die drei großen Bosse von Paris zu einem Gipfeltreffen versammelten. Aufgrund ihrer Brisanz fanden solche Zusammenkünfte maximal alle zwanzig Jahre statt, denn wer den Schlüssel zum Kapitol begehrte, musste lediglich zum rechten Zeitpunkt am richtigen Ort sein und die Bosse mit einem Schlag beseitigen. Ein bisschen C4, ein paar Minuten Arbeit, und als Lohn bekam man eine ganze Stadt – wer konnte dem widerstehen? Da allen Parteien dieser Umstand bewusst war, fielen die Sicherheitsvorkehrungen mörderisch aus.
    Die Bombendrohung spielte ihren Interessen in die Hände, denn die Absperrung des Bahnhofs ersparte ihnen unliebsame Zeugen. In der Regel konnten Menschen Dämonen nicht sehen, aber bei dem, was sie vorhatten, würden die Gesetze der Schwerkraft – und auch alle anderen aufgehoben werden. Was genau passieren würde, konnte niemand vorhersagen, denn die Bildung eines Zirkels war laut Beliar so selten, dass sich niemand erinnern konnte, was beim letzten Mal geschehen war. Nicht einmal Tchort, und er war der Älteste unter ihnen.
    Beliar flog durch eine offene Luke in den Bahnhof und landete auf der Plattform zwischen den Gleisen.
    Tchort wartete bereits auf sie, während Aestaroh soeben von der Haupthalle zum Bahnsteig schritt. Seinen Namen hatte sie aus Beliars Geist aufgefangen, und der Energie nach zu urteilen war der Herr des Westens ziemlich angepisst. Die nächsten Worte bestätigten ihre Annahme.
    „Bei Saetans Eiern, warum gewinnt er immer mehr Kraft?“
    „Weil er die Energie der versklavten Engel nutzt“, sagte Beliar ruhig.
    Blanche entging nicht, wie sich Tchorts Hand um den Griff des silbernen Stocks verkrampfte.
    Aestaroh stieß ein zorniges Knurren aus, das die Scheiben im Dach vibrieren ließ.
    Sie räusperte sich.
    „Er hat Engel?“
    Beliar nickte, ohne sie anzusehen. Sein Blick lag auf Tchort, dessen Kiefer mahlte.
    „U-und wenn er die Engel benutzt, werden sie …“
    „Sterben“, beendete ihr Vater den Satz.
    Darauf blinzelte sie. Es brauchte kein Genie, um zu wissen, dass er an Ithuriel dachte. Also lebte sie wirklich noch. Saetans Geisel gegen einen aufmüpfigen Dämon, der sich hinter seinen Rücken mit dem Feind eingelassen und ein Kind gezeugt hatte.
    Kein Wunder, dass Tchort ausgerastet war. Sie betrachtete ihren Vater, dessen Fingerknöchel weiß hervortraten. Wenn er so weitermachte, würde er den Knauf zu Pulver verarbeiten.
    Na toll, ihre To-do-Liste wurde immer länger. Jetzt mussten sie nicht nur das Tor öffnen, obwohl sie keine Ahnung hatten, wie sie es wieder schließen konnten, den Teufel besiegen, etwas, von dem sie ebenfalls nicht wusste, wie sie das bewerkstelligen sollten. Nein, nun

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