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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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zugelassen, dass die Vergangenheit ihre Zukunft bestimmte. Die Wut war gut und richtig gewesen, sie zu unterdrücken, hätte ihren Zustand nur verschlimmert. Doch alles hatte seine Zeit, und die des Zorns war vorbei. Sie würde nicht zulassen, dass der Hass einer Handvoll Frauen ihr Leben bestimmte, es zerstörte. Denn dann hätten sie am Ende gewonnen, oder?
    „Wo Licht ist, muss die Dunkelheit weichen, das war so und wird immer so sein“, sagte Tchort leise.
    Schon klar. Das klang nett und machte sich gut in einem Glückskeks. Was es wirklich bedeutete, wusste man erst, wenn man die Wahrheit der Worte durchdrungen hatte, und in der Lage war, sie angstfrei anzunehmen.
    Hoffnung war ihr Licht gewesen, und sie hatte immer wieder Hilfe bekommen. Aber wozu das alles? Ihre Vergangenheit hatte sie innerlich verstümmelt, sie wie ein verwundetes Tier zurückgelassen, war das wirklich nötig gewesen?
    Zugegeben, sie hatte sie auch gestählt. Sie war aus härterem Stahl als die Meisten, und dieser Stahl war in diesem Augenblick unerlässlich, damit Tchort das tun konnte, wozu er gekommen war.
    Das entschuldigte nicht, was die Nonnen ihr angetan hatten, dennoch hatte der Gedanke etwas Erlösendes – als wäre nicht alles umsonst gewesen. Vielleicht ergab das Ganze irgendwann einen Sinn, der sich ihr heute nicht erschloss. In jedem Fall würde sie ab sofort die Fäden in die Hand nehmen. Möglicherweise hatte sie tatsächlich eine Bestimmung, aber vielleicht war das bloß esoterischer Bullshit.
    Es war eine Sache, über Vergangenes zu reflektieren, etwas, das lange zurücklag. Für ihre Kindheit konnte sie schließlich nichts.
    Sich die Gegenwart anzusehen, stand auf einem anderen Blatt, immerhin war sie nicht mehr sechs Jahre alt. Warum also fühlte sie sich so, sobald sie an die Zeit im Heim zurückdachte?
    Heute war sie stark, stärker als Saetan und sein Haufen abgerissener Dämonen, deren Zeit abgelaufen war. Was machten die überhaupt hier? Wozu waren diese Viecher gut, außer Menschen ihre Schwächen unter die Nase zu reiben, und so lange in den Wunden zu pulen, bis sie nachgaben und unter dem Druck zusammenbrachen? Sie waren Parasiten, Vampire, die sich von anderleuts Energie nährten. Dabei ging es nicht einmal um die Dämonen, sie waren bloß Platzhalter für ihren Herrn. Die Peitsche, die andere verletzte, doch die ausführende Hand war Saetan.
    Wie man es drehte und wendete, es lief immer auf ihn hinaus. Ein Taschenspieler, der jede Menge Tricks auf Lager hatte, wie ein Clown mit zu großen Schuhen und einem aufgemalten Lächeln.
    Mal ehrlich, es reichte. Dieser verlogene Penner hatte sich mit der Falschen angelegt. Sie war der Anker? Schön. Aber einen Anker konnte man auch als Waffe einsetzen, denn er war nicht nur verdammt schwer, sondern hatte auch Haken an den Enden.
    Unfuckinfassbar, dass sie so lange gebraucht hatte, das zu kapieren. Sie wäre Saetans Ende, die Tochter des Engels und des Dämons. Sie war seine Bestimmung und diese Erkenntnis hatte etwas Befreiendes.
    Blanche warf den Kopf zurück und fiel in helles Silberlachen.
    Tchort, dessen Gesicht zu einer Maske des Entsetzens geschmolzen war, trat vor, doch es war zu spät.
    Blanche nahm einen tiefen Atemzug und schloss die Augen. Dann breitete sie die Arme aus, durchtrennte die schützende Lichtmembran und atmete aus.
    Ich bin das Licht .
    Statt zu zerplatzen , breitete sich das Licht wie ein Brillant in alle Richtungen aus. Tchort keuchte und schützte seine Augen mit der freien Hand.
    Plötzlich verstand sie noch etwas. Saetan war nicht der Einzige, der Energie in seine Geschöpfe stecken konnte. Sie fühlte Miceals Präsenz so deutlich, als würde er direkt vor ihr stehen. Andere Lichtgestalten kamen hinzu, Phatme, Claire, Ayib, Nathanael, Gaspard, Jophiel und viele, viele mehr. Sie kannte keinen von ihnen, dennoch kullerten ihre Namen wie Murmeln durch ihren Geist, den sie mit einer Kraft speisten, die nicht von dieser Welt kam. Buchstäblich.
    Abermals lachte sie, denn sie begriff, was sie in diesem Augenblick war. Angefüllt mit elektromagnetischer Strahlung war sie lebende Lichtenergie. Keine Fiole, die man brechen musste, sondern ein lebendes Wesen, das mit jedem Ausatmen die Hölle verpestete, dessen Geschöpfe sich vor ihr zurückzogen, als wäre sie die leibhaftige Geißel Gottes, die gekommen war, um den Tag des Jüngsten Gerichts zu verkünden.
    Einige flohen durch das Höllentor auf die Erdoberfläche, doch die Meisten zogen es vor,

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