Die Entscheidung
Hotelzimmer zurück und mir mit dem Gratis-Alkohol einen antrinken.«
20
Helena öffnete mühsam ein Auge. Sie hing am Rand des groÃen Bettes, die Decke um die Beine gewickelt, mit Kopfschmerzen und einem säuerlichen Geschmack im Mund.
Es klopfte an der Tür. »Miss Bayliss?«
»Was ist?«, rief sie gereizt. »Sie haben das falsche Zimmer erwischt. Ich habe nichts bestellt.«
Sie fragte sich, ob das der Fotograf sein konnte oder der Golflehrer, aber es war neun Uhr vormittags, und diese Tortur hatte sie erst am Mittag vor sich.
»Ich bin Michael Stephens vom Tourismusbüro Malaysia.« Sein Akzent klang nach englischer Privatschule. »Dürfte ich eintreten und mich kurz mit Ihnen unterhalten?«
»Ich habe ⦠Einen Augenblick, ich ziehe mir nur schnell etwas über.«
»Keine Eile«, beruhigte Michael sie.
Helena setzte sich auf. Die groÃe Spiegeltür des Schranks zeigte ihr, dass ihr langes Haar hoffnungslos zerrauft war. Ihre nassen Schuhe hatten einen dunklen Fleck auf dem nagelneuen Teppich hinterlassen. Die Dusche lief und Aizats Kleider lagen auf dem Boden verstreut.
Sie trat seine Nikes unters Bett, nahm seine Cargohosen und sein Hemd und huschte ins Bad. Es war äuÃerst groÃzügig geschnitten, mit einem Whirlpool
und zwei Waschbecken auf der einen Seite, auf der anderen stand Aizat unter der Dusche.
»Guten Morgen!« Er öffnete die Duschtür und begrüÃte sie fröhlich mit dem typischen Morgen-danach-Blick, den Helena nur zu gut kannte. »Kommst du mit rein?«
Doch stattdessen lieà sie einfach seine Sachen auf den Boden fallen, griff in die Dusche und drehte das Wasser ab.
»Was soll das?«, protestierte Aizat, dem der Schaum über die Brust lief.
»Du musst dich ruhig verhalten«, zischte sie. »Da steht ein Typ vom Tourismusbüro vor der Tür, und der darf auf keinen Fall wissen, dass du hier bist.«
Dann zog sie eilig die Badezimmertür hinter sich zu, warf sich den Hotelbademantel über und lief zur Tür, um Michael hereinzulassen.
»Tut mir leid«, sagte sie und täuschte ein Gähnen vor. »Jetlag und ich schlafe ziemlich tief. Habe ich etwas verpasst?«
Michael war ganz Gentleman, in einem maÃgeschneiderten Leinenanzug und polierten Schuhen. »Ich würde mich gerne kurz mit Ihnen unterhalten«, wiederholte er und warf einen missbilligenden Blick auf die Kleidung, die Bierdosen und halb leeren Weinflaschen, die überall herumstanden. »Vielleicht drauÃen auf dem Balkon?«
»Natürlich«, erwiderte Helena.
Sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen kurz vor der
drohenden Standpauke, als sich Michael in einen Sessel auf dem Balkon setzte.
»Ist alles in Ordnung?«, begann er.
»Bestens«, erwiderte Helena. »Es ist wunderschön hier.«
»Sie sind gestern mit einem der Einheimischen ins Umsiedlungslager gegangen«, sagte Michael. »Der Wachdienst war um Ihre Sicherheit besorgt.«
Helena spürte sofort, dass dies eines jener Gespräche werden würde, bei denen keiner sagte, was er meinte. Michael wusste, dass sie sich mit den Aktivisten getroffen hatte, die das Auto des Hotelspions beschädigt hatten.
»Er schien ein netter Kerl zu sein«, erklärte Helena. »Ich bin joggen gegangen und wir haben uns unterhalten. Er hat mich zu sich eingeladen. Ich nehme an, das ist für eine Frau, die hier allein unterwegs ist, ein Risiko, aber â¦Â«
Michael zog ein paar zusammengefaltete Blätter aus der Tasche seines Jacketts. Es waren Ausdrucke von Artikeln, die sie für die Webseite von Guilt Trips geschrieben hatte.
»Sind Sie die Helena Bayliss, die diese Artikel verfasst hat?«, wollte Michael wissen. »Denn ehrlich gesagt unterhält das Tourismusbüro Malaysia keine guten Beziehungen zu dieser Organisation.«
Helena fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und versuchte, das Ganze herunterzuspielen. »Ich bin vor kaum einem Jahr mit der Uni fertig geworden und versuche,
einen Vollzeitjob bei einer Zeitung zu bekommen. Ein Freund hat mir empfohlen, für Guilt Trips zu arbeiten, um meinen Lebenslauf aufzufüllen. Sie zahlen für jeden Artikel. Nicht viel, aber ich muss meine Miete bezahlen und habe noch zwanzigtausend Pfund Schulden aus meinem Studium. Die groÃen Zeitungen stehen nicht gerade Schlange vor meiner Tür, daher nehme ich bis jetzt jeden Job, den ich
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