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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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blieben alle stehen.
    »Die Gleise laufen geradeaus«, sagte Jenny. Aber sie wusste genau, dass das nichts bedeutete. Es war nicht die Abzweigung, die sie zuvor gesehen hatten.
    Dennoch gingen sie weiter. Es wurde immer feuchter und die Wände fühlten sich eisig und schmutzig an. Als Jenny sie berührte, waren ihre Finger schwarz.
    Schließlich kamen sie an eine Stelle, an der sich die Decke plötzlich zu einem Hohlraum öffnete, der vielleicht zehn Meter hoch war. Ganz oben konnte Jenny die Maserung eines rostfarbenen Felsblocks erkennen und darunter grauen Schiefer mit Zacken und Rillen, als sei Wasser daran entlanggeflossen.
    »Dieser Schacht oder diese Höhle oder was immer das ist, führt uns auf den richtigen Weg zurück«, meinte Dee. »Wir könnten vielleicht hinaufklettern …«
    »Oder vielleicht auch nicht«, sagte Jenny. Sie verstand, warum Dee unbedingt aus dem Tunnel heraus wollte, aber der Anblick dieses schwarzen Lochs dort oben gefiel ihr nicht. »Wir könnten uns das Genick brechen, und da oben könnte alles Mögliche sein – irgendetwas oder irgendjemand.«
    »Es ist offensichtlich, dass sich die Dinge um uns herum verändern«, sagte Audrey unvermittelt. »Ich habe mich in Bezug auf die Gleise geirrt, Dee.«

    Dee sah sie verblüfft an. Sie war keine Entschuldigungen von Audrey gewöhnt.
    Da schlug etwas Kaltes gegen Jennys Wange. Sie strich sich mit der Hand darüber und spürte Nässe – und dann einen weiteren Tropfen auf ihrem Haar.
    »Hört mal«, murmelte Michael.
    Zuerst hörte Jenny gar nichts. Und dann – das einsamste Geräusch der Welt. Wasser, das melodisch auf Fels tropfte – langsame Tropfen, die durch die verlassenen Schächte zu hallen schienen. Es klang sehr weit entfernt.
    »Großer Gott«, flüsterte Jenny ohne logischen Zusammenhang, »wir haben uns wirklich verirrt.« Als wäre erst das einsame Tropfen der Beweis dafür. Sie saßen unter Tonnen von Fels, gefangen in der Dunkelheit, weit entfernt von jeder Hilfe und ohne irgendeine Vorstellung davon, wo sie hingehen konnten.
    »O-oh«, murmelte Dee, dann brach sie ab.
    »Was? Was?«
    »Ich hab mich gerade doch an einen Höhlenalbtraum erinnert, den ich einmal hatte.«
    »Sie wurde aber nicht überflutet, oder?«, fragte Jenny in Erinnerung an jene Goldgräberszene.
    »Nein. Sie ist einfach eingestürzt.«
    »Ich denke nicht, dass wir ausgerechnet darüber reden sollten. Tu comprends?«
    Audrey hatte natürlich recht. Am besten redeten sie
nicht, dachten nicht, erinnerten sich nicht. Erinnerungen waren das Letzte, was sie gebrauchen konnten. Aber Jennys Gedanken folgten Dees Worten wie ein Funke an einer Zündschnur.
    »Über dir?«, fragte sie. »Ist sie über dir eingestürzt? Oder warst du einfach gefangen …«
    Weiter kam sie nicht, denn der Boden begann zu beben. Und nicht nur der Boden, auch die Decke, die Wände, alles.
    »Aus welcher Richtung kommt das?«, rief Dee, schwang ihre Taschenlampe herum und schaute nach links und rechts in den Schacht. Selbst in ihrem schlimmsten Albtraum handelte Dee noch pragmatisch.
    Jenny sah, wie von dem senkrechten Schacht Steine herunterfielen. Michael beleuchtete sie mit seiner Taschenlampe.
    »Kommt!«, rief er dann und lief in die andere Richtung. »Kommt! Kommt!«
    »Es kommt alles herunter!«, schrie Audrey.
    »Kommt! Kommt!« Michael brüllte das Wort einfach immer wieder, und seine Stimme wurde mit jedem Mal höher.
    Der Boden schaukelte – wie das Beben, das Jenny zuvor gespürt hatte, nur viel, viel stärker. Sie konnte kaum mehr etwas sehen. Überall zuckten Taschenlampen.
    »Wir können nicht in diese Richtung …«
    »Pass auf – der Fels  …«

    Über den menschlichen Stimmen lag die Stimme des Gesteins, ein knirschendes, schauderndes, krachendes Geräusch. Jenny versuchte zu rennen und schürfte sich dabei an den Felsvorsprüngen auf, die ihr den Weg abzuschneiden schienen. Sie wurde von einer Seite zur anderen geworfen.
    »Der Boden … !«
    Sie hörte Audrey kreischen, aber es war zu spät, um noch abzubremsen. Im Boden des Stollens klaffte eine Lücke, ein senkrechter Hohlraum, der in einen anderen Stollen hinabführte. Kleine Steine fielen hinein, und im Schein von Jennys Taschenlampe kreiselten Staubpartikel wie wahnsinnig in der Luft. Dann fiel auch sie.
    Der erste Schlag tat weh. Doch dann stand sie unter Schock und prallte nur noch benommen von den vorspringenden Felsen ab. Sie spürte, wie ihre Gürteltasche abriss. Ihr Werkzeug und ihre

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