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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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dass er sie liebte? Was hätte sie getan?
    Sie hätte Angst gehabt. Ja. Aber was, wenn die Angst verflogen wäre? Wenn Julian ihr seine Geschenke so sanft und so verletzlich angeboten hätte, wie er jetzt wirkte?
    Wenn sie seine Geschenke angenommen hätte …
    Es war zu seltsam, sich diese Zukunft vorzustellen – aber auf merkwürdige Weise auch berauschend. Es war zu fremdartig, um es sich auszumalen: sie selbst als eine Art Prinzessin, ihr Gefährte ein Prinz der Dunkelheit. Für einen Sekundenbruchteil konnte sie es sich sogar vorstellen. Ein flüchtiger und zugleich erhebender Gedanke.
    Wie sie in schwarze Seide und Zobel gehüllt auf einem schwarzen Marmorthron saß, in einer großen Halle, in der stets das Zwielicht herrschte. Vielleicht würde sie bleicher und kälter werden, während sie die gewöhnliche Welt vergaß, die sie hinter sich gelassen hatte – aber vielleicht auch glücklich in ihrer machtvollen Position.
Hätte sie kleine Kreaturen aus der Schattenwelt zu ihrer Verfügung, um sie herumzukommandieren? Diener? Hätte sie je die Kontrolle über die Elemente, wie Julian sie hatte?
    Oder vielleicht hätte sie gar keine schwarze Robe – sondern eine weiße, mit kleinen Eiszapfen darauf, wie Hans Christian Andersens Schneekönigin. Und Eisblumen-Juwelen um den Hals und einen blauäugigen weißen Tiger zu ihren Füßen. Was würden Dee und Audrey denken, wenn sie sie so sahen? Zuerst hätten sie vielleicht Angst – aber sie würde ihnen geheimnisvolle Drinks servieren, wie das süße, heiße Zeug in der Tasse vorhin, und nach einer Weile würden sie sich daran gewöhnen. Audrey würde sie um die hübschen Dinge beneiden, und Dee um ihre Macht.
    Was gäbe es sonst noch? Julian hatte gesagt, dass sie alles haben könne – alles. Wenn sie alles auf der Welt haben konnte, was sie wollte, ohne Grenzen, ohne Einschränkungen in ihrer Fantasie – wenn sie alles haben konnte …
    Ich würde Tom wollen. Für einen Moment hatte sie ihn ganz vergessen, weil das Bild dieser großen steinernen Halle so fremdartig war. Toms Wärme und Stärke und sein verwegenes Lächeln passten überhaupt nicht dazu – kein Wunder, Julian würde ihn auch niemals einlassen. Aber eine Welt ohne Tom war eine Welt, die Jenny nicht wollte.

    Die Vision von der weißen Robe und den Juwelen verschwand, und Jenny wusste, dass sie nie wiederkehren würde – jedenfalls nicht so, dass sie sich damit ihre Zukunft wahrhaft ausmalte. Sie würde diese Vision zwar niemals vergessen, aber sie würde sie auch niemals wieder hervorrufen können.
    Umso besser, dachte sie unsicher. Sie wollte nicht länger darüber nachdenken – vielmehr überlegte sie, dass es höchste Zeit wurde, hier herauszukommen. Ihr ganzer Körper kribbelte vor einer gefährlichen Vorahnung.
    »Ich bin jetzt warm«, stellte sie fest und schob das weiße Fell von sich. Ihr einziger Gedanke war, dass sie von hier weg musste. Vielleicht sollte sie sich bei Julian bedanken, dass er ihr das Leben gerettet hatte – obwohl es ohne ihn gar keine Gefahr gegeben hätte.
    Er sah sie an. Jenny wandte den Blick ab und konzentrierte sich darauf, auf die Beine zu kommen. Mit wackligen Knien kam sie zum Stehen. Sie versuchte, aus dem weißen Nest zu treten, und stolperte.
    Er war sofort da.
    Sie spürte, wie seine warmen Hände sich um ihre Arme schlossen und sie festhielten. Sie starrte auf seine nackte Brust, die sich unter der schwarzen Weste schnell hob und senkte. Der Feuerschein tauchte alles in Gold.
    Sie wollte nicht in sein Gesicht schauen, aber sie tat es trotzdem.
    Seine Augen waren immer noch geweitet, das Blau
nur ein schmaler Kreis um die großen Pupillen, so dunkel und bodenlos wie die Mitternacht. Sie wirkten quälend einsam.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie und wusste selbst kaum, was sie meinte. »Ich muss jetzt gehen. Es tut mir leid.«
    »Ich weiß.«
    In diesem Moment schien er sie besser zu verstehen, als sie selbst es tat. Er sah so jung aus, so müde unter der Last eines Wissens, das sie nicht teilte. Mit ernstem Gesicht beugte er sich leicht vor.
    Jenny schloss die Augen.
    Der Kuss unterschied sich von jedem anderen, den sie einander je gegeben hatten. Nicht weil er sanfter war – Julians Küsse waren immer sanft, zumindest zu Beginn. Nicht einmal weil er so intensiv war – Julians Küsse waren fast immer intensiv. Er war anders auf eine Weise, die Jenny maßlos verwirrte.
    Voller Empfindung … das war es. Nicht nur reine

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