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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Prinzen.

    »Dort sind Tom und Zach«, sagte sie leise.
    »Wo sollen wir zu suchen anfangen?«, fragte Dee ebenso leise.
    Durch den Notausgang war Jenny zur Vorderseite der Abenteuerbahn gelangt. »Nun – wir könnten nach links ins Kiddieland gehen«, schlug sie vor, »oder nach rechts, zurück in Richtung des Fischteichs. Oder vorn um den See herum in Richtung des Kinderkarussells.«
    Michael strich sich mit einer Hand durch sein zerwühltes dunkles Haar. »Lasst uns um den See herumgehen – dann kommen wir zur Werbetafel für die Schatzsuche. Vielleicht finden wir dort einen Hinweis.«
    »Dort sind wir auch heute Nacht hereingekommen«, sagte Audrey. »Ich meine, als wir durch die Tür mit den Runen kamen.«
    Sie gingen an der dunklen Bude vorbei, an der man Ringe werfen konnte, und um die sanfte nördliche Biegung des Sees herum. Es schien kein erkennbares Muster zu geben, welche Teile des Parks belebt waren und welche schliefen.
    Sie hielten die Augen offen nach etwas, das sie möglicherweise angriff, wie das Ding am Fischteich, aber sie sahen nichts. Doch als sie der Werbetafel näher kamen, hörte Jenny eine Stimme.
    Ein leise Stimme. Sie machte ihr Angst – wer war außer ihnen noch im Park?
    Sie umrundete eine Gruppe von Fichten und sah einen
Zirkuswagen mit rotem Dach und silbernen Gitterstäben.
    »Ich bin Leo, der papierfressende Löwe«, sagte die Schnauze, die zwischen den Gitterstäben steckte.
    Aber die Stimme war – falsch. Das war nicht der helle, fröhliche Klang des echten Leo. Diese Stimme war um zwei Oktaven tiefer, verzerrt und beinahe metallisch. Eine schwere, dumpfe Cyberstimme.
    »Oh nein«, flüsterte Michael.
    Jenny wagte sich hinter Dee vorsichtig näher heran. Der Zirkuswagen war erleuchtet, hell und freundlich vor dem dunklen Hintergrund der Büsche. Das Tier sah aus wie der Leo des echten Joyland Parks, mit einem leuchtenden karamellfarbenen Gesicht, dunkler Mähne und bemaltem Körper. Jennys Augen wanderten zu der Schnauze, die zu einem dauerhaft lächelnden O geöffnet war, um die Abfälle einsaugen zu können. Es sah aus, als rufe der Löwe ständig: »Juhu!«
    »Ich fresse alle möglichen Dinge«, sagte die knurrende, kehlige Stimme.
    »Das möchte ich wetten«, hauchte Michael.
    »Was macht das Ding hier? Ist es nur hier, um uns zu erschrecken?«, fragte Audrey, die den Wagen in sicherem Abstand umrundete. Dee leuchtete mit ihrer Taschenlampe in die Löwenschnauze.
    »Ich glaube, da drin ist etwas«, stellte sie fest.
    »Du machst Witze. Du machst Witze, nicht wahr?«
Jenny schob sich an Audreys Seite um den Löwen herum. Sie wollte ihm nicht näher kommen, als es unbedingt sein musste – der Asphaltpfad war ihrer Meinung nach nicht annähernd breit genug, um ihm im Notfall auszuweichen.
    Dee kniete sich hin und blinzelte. »Etwas Goldenes«, sagte sie. »Wirklich, ich meine es ernst. Schau hier rein, in die Kehle.«
    Widerwillig nahm Jenny die Taschenlampe und richtete sie auf das dunkle Loch. Es sah tatsächlich so aus, als glänzte darin etwas, aber ob Gold oder Silber konnte sie nicht erkennen.
    »Es könnte einfach ein Bonbonpapier sein«, meinte sie.
    Dee legte ihr lässig einen Arm um die Schultern. »Erzähl mir nicht, dass du Albträume von Leo dem Löwen hattest.«
    Nein, zumindest soweit sich Jenny erinnern konnte. Aber der Löwe hatte schon am Nachmittag unheimlich ausgesehen, und jetzt sah er doppelt so unheimlich aus.
    »Ich stecke meine Hand nicht da rein«, erklärte Michael entschieden.
    Dee ließ ihr barbarischstes Lächeln aufblitzen. »Nein, Audrey kann das übernehmen; sie hat so schöne, lange Nägel. Wie wär’s, Aud?«
    »Zieh sie nicht auf«, sagte Jenny geistesabwesend. »Also, wir brauchen etwas Langes – aber eine Angelrute
würde nicht funktionieren, weil man eine Münze nicht an den Haken bekäme. Vielleicht, wenn wir etwas Klebriges am Ende befestigen würden …«
    »Nichts ist so gut wie eine Hand. Audrey könnte …«
    »Dee, hör auf damit!« Jenny warf ihrer Freundin einen scharfen Blick zu. Sie wusste nicht, warum Dee und Audrey heute wieder ganz besonders große Probleme miteinander hatten – vielleicht als Reaktion auf die enorme Anspannung –, aber es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt für Dees schrägen Humor. Audrey stand ein wenig abseits von den anderen, den Kopf in den Nacken gelegt, die haselnussbraunen Augen schmal vor Verachtung, die kirschfarbenen Lippen geschürzt. Sie wirkte sehr kühl und

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