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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Sterne. Diese Sterne kräuselten sich und schwankten, als betrachtete man sie durch einen klaren Wasserstrom oder als lägen sie verstreut auf einem fließenden Tuch aus schwarzer Seide. Sie hatten etwas unglaublich Verlorenes und Einsames an sich.
    »Aber was ist das? Was sind diese anderen Inseln?«, fragte Jenny erneut.
    Audrey schüttelte sich ein wenig und schien sich zu konzentrieren. »Ich denke – das sind die neun Welten. Aus der nordischen Mythologie – nordisch wie die Runen. Ich habe euch einmal davon erzählt.«
    »Du meinst – wir sind … über der Schattenwelt?«

    »Schätze, ja. Also, das – das dort oben ist wahrscheinlich Asgard. Das muss es sein.«
    Jenny legte den Kopf in den Nacken. Weit über ihnen – am weitesten entfernt von allen Landstücken – war eine Inselwelt, die ganz aus Silber und Gold zu bestehen schien. Sie konnte gerade noch einen Blick auf etwas wie einen glänzenden Berg erhaschen, der sich in eine goldene Wolke erhob. Die Brücke dorthin war sehr schmal und schien in Flammen zu stehen.
    »Dort leben die Götter.«
    »Die Götter?«, fragte Jenny, ohne den Blick von der glitzernden Insel abzuwenden.
    »Laut Mythologie. Hmm und ich wette, das ist Vanaheim. Die Welt aus Urwasser, in der die weniger wichtigen Götter leben.« Audrey deutete auf eine Insel von juwelenähnlicher Farbe, dunkelblau und dunkelgrün.
    »Vanaheim – irgendwie verwandt mit Anaheim?«, murmelte Michael. Audrey verzog den Mund zu einem Lächeln, antwortete jedoch nicht.
    »Und das ist Alfheim, die Welt von Licht und Luft«, fuhr sie fort und deutete mit dem Kopf auf eine recht nahe Insel, die in den Farben des Sonnenaufgangs schimmerte: gelb, zartblau, hellgrün. »Heimat der Lichtelfen – der guten Geister. Ich erinnere mich tatsächlich an all das, ist das nicht erstaunlich? Ich muss ungefähr acht gewesen sein, als ich es gelernt habe.«
    »Und was ist mit denen da?«, fragte Dee und zeigte geradeaus.
Zwei Inselwelten schwebten ungefähr auf Höhe der Brücke: die eine felsig und von etwas umpeitscht, das wie ein Tornado aussah, die andere so hell erleuchtet von einem orangefarbenen Feuer, dass Jenny keine Einzelheiten ausmachen konnte.
    »Die felsige Insel ist Jotunheim – die Welt der Urstürme. Und die andere muss Muspelheim sein, die Welt des Urfeuers. Dort lebt nichts außer mörderischen Riesen.«
    »Und was ist das?«, fragte Michael, der nach links unten schaute.
    Audrey folgte seinem Blick. »Hel«, antwortete sie schlicht.
    »Ich dachte immer, die Hölle wäre heiß«, bemerkte Summer, deren Augen sich weiteten wie aufblühende Kornblumen.
    »Hel, mit einem l. Die Unterwelt, in der am Ende alles versinkt. Regiert von Hel, der Königin der Toten.«
    Hel sah aus wie ein zugefrorener See, noch kälter und schwärzer als die leere Fläche zwischen den Welten. Noch nie zuvor hatte Jenny einen so dunklen, freudlosen Ort gesehen.
    Die Brücke zu dieser Insel war wie eine Rutsche, breit und frostig.
    »Dahin wollen wir eindeutig nicht. Und auch nicht zu dieser Insel da – die wie eine Höhle aussieht. Das ist Svartalfheim, die unterirdische Welt.«

    »Mein Bedarf an Höhlen ist gedeckt, vielen Dank«, sagte Michael.
    Jetzt war nur noch eine Insel übrig. Sie lag direkt unter ihnen, und die beiden Enden der Brücke, auf der sie standen, schienen damit verbunden zu sein. Dunkle Nebel und Schatten erhoben sich von dort.
    »Niflheim«, sagte Audrey. »Das Land von Eis und Schatten. Die Schattenwelt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube es immer noch nicht.«
    »Warum nicht? Es ist auch nicht unheimlicher als alles andere, das wir heute gesehen haben«, meinte Dee. »Aber ich zähle nur acht Welten. Wo ist die Erde?«
    Audrey schaute sich um, dann zuckte sie die Achseln. »Vielleicht bekommen wir die Brücke dorthin erst zu sehen, wenn wir das Spiel beendet haben.«
    »Egal. Hört mal, wir wollten doch zwischen den Welten wandeln, richtig?«, ergriff Dee wieder das Wort. Ihre Augen leuchteten. »Und jetzt können wir es tun. Also, wollen wir?«
    Jenny nickte. Sie fühlte sich winzig und bedeutungslos, wie sie dort stand, und ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatte das Gefühl, dass der Weg nach unten noch schwerer sein würde als der nach oben – weil man nun mit jedem Schritt tief fallen konnte.
    Sie setzten sich in Bewegung. Die Gratwanderung zwischen den Welten war anstrengend – körperlich anstrengend. Nach zwei oder drei Schritten spürte Jenny, wie
ihre Waden und

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