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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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verschont.«
    Jäh richtete sich Wichmann auf. »Verflucht sollen sie sein, verflucht in alle Ewigkeit!«
    Seine Stimme klang wieder klar und energisch, als er fortfuhr: »Ich habe der Mainzer Kirche von diesen Ungeheuerlichkeiten berichtet. Fluch um Fluch ist über den Gottlosen verhängt worden. Der Kölner Erzbischof hat ein Heer um sich gesammelt und ist auf dem Marsch hierher. Gemeinsam werden wir Haldensleben vernichten.«
    Mit brüchiger Stimme rief er: »Möge es vom Erdboden getilgt werden! Auf Jahrzehnte soll sich hier niemand mehr niederlassen können.«
    Keiner der anwesenden Heerführer sagte ein Wort. Zu entsetzt waren sie – womöglich weniger von dem Bericht über die Greuel von Halberstadt, denn so etwas gab es nur zu oft in eingenommenen Städten, sondern vom unversöhnlichen Hass des Erzbischofs.
    Die ruchlose Zerstörung und Plünderung Halberstadts, wo Wichmann von Seeburg seine geistliche Ausbildung erfahren hatte und mehrere Jahre Dompropst gewesen war, schien bei ihm jegliche Bereitschaft zu Verständigung mit dem Gegner ausgelöscht zu haben.
     
    In die eingetretene Stille hinein ergriff Markgraf Dietrich zuerst das Wort.
    »Seid unseres Mitgefühls versichert. Unsere Männer stehen bereit, um gemeinsam mit den Euren Haldensleben zu nehmen.«
    Christian lief es kalt den Rücken hinunter. Würde Wichmann aus lauter Rachsucht Haldensleben gleichfalls zum Plündern und Brandschatzen freigeben? Würde ein Gottesmann so weit gehen? Doch er ahnte die Antwort. Schließlich nahm auch der Erzbischof von Köln die Zerstörung von Soest und Medebach zum Anlass, den verrufensten Söldnerhaufen der christlichen Welt in Dienst zu nehmen.
    Einen Moment lang wünschte er sich, sie würden Haldensleben nie erobern. Zumindest nicht, bis Wichmann wieder zu einer gemäßigten Haltung zurückgefunden hatte. Denn wenn der Erzbischof den Brabanzonen Haldensleben ohne Einschränkungen überließ, würden dessen Bewohner die gleichen Greuel durchleben müssen wie die Halberstädter.
    Dietrichs Stimme wandelte sich jetzt von höflichem Mitgefühl zu sachlicher Kühle. »Ich sehe, Ihr lasst Holz für Belagerungsgerät heranschaffen. Wisst Ihr, wie die Festung einzunehmen ist? Kennt Ihr Wege, die fest und breit genug sind, um mit dem Belagerungsgerät über das Moor zu gelangen?«
    Wichmann schüttelte den Kopf. »Wir können die Türme nicht im Ganzen dorthin bringen. Wir müssen Einzelteile bauen, die wir erst direkt vor dem Wall zusammensetzen.«
    »Wozu Wurfmaschinen?«, fragte der Thüringer Landgraf herablassend. »In diesem Sumpfloch findet sich ja nicht einmal ein Stein, mit dem wir die Burgmauern beschießen können. Und woher bekommen wir Proviant? Auf Meilen im Umkreis gibt es hier keine Dörfer, in denen noch etwas zu holen wäre. Meine Männer murren jetzt schon.«
    Der Meißner Markgraf hatte zwar die gleichen Fragen stellen wollen, doch nun hielt er sich gerade noch zurück.
    »Es spricht nicht gerade für Euch und Eure Leute, wenn sie bereits am ersten Tag zu meutern beginnen, Landgraf«, meinte er stattdessen kühl, wobei er Ludwig mit einem verächtlichen Blick streifte.
    Der Thüringer wollte zu einer Entgegnung ansetzen, doch Wichmann hob, Stille gemahnend, die Hand. »Spätestens morgen werden weitere Lieferungen eintreffen.« Missbilligend blickte er auf die rivalisierenden Fürsten. »Hebt Euch Eure Kampfeslust für Heinrichs Leute auf. Ich habe bereits ein Vermögen für Holz und Korn ausgegeben. Also sorgt dafür, dass Eure Mannschaften ihre Arbeit tun.«
    Mit müder Geste entließ er die versammelten Heerführer.
    Am Zeltausgang entstand ein Gerangel, als Otto und Ludwig zusammenstießen, weil keiner dem anderen den Vortritt überlassen wollte. Der feiste Dedo dicht hinter ihnen ließ ein bedrohliches Knurren erklingen.
    »Na, wunderbar«, raunte Markgraf Dietrich Christian zu, während sie als Letzte das Zelt verließen. »Wir sind noch keinen Tag hier, uns steht in Schlamm und Regen die Belagerung einer nahezu uneinnehmbaren Burg bevor, aber die Verbündeten fallen schon übereinander her, noch ehe wir den Feind auch nur zu Gesicht bekommen haben.«
    Der Regen war unterdessen schwächer geworden, doch das Gelände hatte sich endgültig in ein einziges Schlammfeld verwandelt.
    Missmutig stapfte Christian zurück zu seinen Leuten, um Männer für den Bau der Belagerungstürme und Wurfmaschinen einzuteilen.
     
    Vier Tage lang goss es beinahe ununterbrochen wie aus Kannen, bis die Wolken

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