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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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einem Lächeln zu erwidern.
    In Gedanken verfluchte sie die höfische Etikette. Warum durfte sie ihren Sohn nicht umarmen? Warum nur distanzierte Höflichkeit?
    Selbst die ärmste Bäuerin konnte ihre Kinder herzen. Aber von ihr wurde erwartet, dass sie den Sohn, der dank Gottes Hilfe unversehrt aus dem Krieg wiederkehrte, nur mit einem huldvollen Lächeln aus fünf Schritten Entfernung begrüßte.
    In diesem Moment war die Erkenntnis so klar wie venezianisches Glas: Sie führte zwar ein Leben in Wohlstand, aber es war ein Leben ohne Liebe, ohne Freunde, ohne Freude … und sogar ohne Berührungen, wenn sie die seltenen, heimlichen Zusammenkünfte mit ihrem Geliebten außer Acht ließ.
    Die einzigen Berührungen sonst, die ihr zuteilwurden, waren die ihres Mannes, die sie mit Widerwillen, ja, mit Abscheu erfüllten.
    Brauchte nicht jeder Mensch dann und wann eine Umarmung, die Wärme eines anderen? Und das nicht nur einmal alle paar Monate für ein paar kurze, gestohlene Momente?
    Sie war allein, unsagbar allein.
    Jeder mochte eine Fürstin beneiden. Sie litt keine Not, wurde von allen umschmeichelt und umsorgt, trug die schönsten Kleider und musste nicht hart arbeiten wie eine Magd oder eine Bäuerin. Doch niemand konnte ermessen, wie unendlich einsam sie war. Eine Fürstin hatte keine Freundin, unter Gleichgestellten nur Rivalinnen, und sie wurde, ohne gefragt zu werden, einem Mann gegeben, der in ihr nur ein Gefäß sah, um seine Söhne auszutragen.
    Beinahe gewaltsam riss sie ihren Blick von Dietrich los, bevor sie noch zu weinen begann vor Freude und Kummer zugleich.
    Dann sah sie, dass am Halsausschnitt von Christians Bliaut ein Stück Verband herauslugte.
    »Ihr seid verletzt? Also ist es doch zu Kämpfen gekommen?«, erkundigte sie sich besorgt.
    »Nein, Herrin, es war ein Hinterhalt.«
    »Durch wen?«, fragte Hedwig verwundert.
    »Der ehrwürdige Wichmann bat mich und einige meiner Ritter, dem Heer des Kölner Erzbischofs entgegenzureiten«, erwiderte Christian knapp. »Und es ließ sich nicht vermeiden, dass wir bei dieser Gelegenheit mit Philipps Brabanzonen aneinandergerieten. Auf dem Rückweg lauerten sie uns auf.«
    »Ich hoffe, es gab keine weiteren Verletzten, und Ihr habt die Übeltäter fassen und angemessen bestrafen können.«
    »Mein Ritter Lukas wurde verwundet, einen weiteren Verletzten musste ich in Magdeburg zurücklassen.«
    Christian zögerte, die indirekte zweite Frage zu beantworten. Sie hatten die Angreifer nicht verfolgen und vernichten können, weil sie Dietrich in Sicherheit bringen mussten. Wenn Hedwig erfuhr, dass Otto seinen jüngeren Sohn auf diese gefährliche Mission mitgeschickt hatte, würde es wahrscheinlich zu einem solchen Streit zwischen dem Markgrafenpaar kommen, wie ihn noch keiner erlebt hatte – und Otto würde ihm zweifellos die Schuld daran zuschieben.
    Doch überraschend kam ihm Albrecht zuvor und antwortete an seiner Stelle.
    »Er hat es nicht geschafft, sich zu rächen und den Kerlen dafür einfach den Kopf abzuschlagen, weil er auf mein Brüderchen aufpassen musste, den Schwächling«, höhnte er.
    Es kostete Christian einige Mühe, nicht auf die Provokation des künftigen Markgrafen einzugehen. Dabei fragte er sich, ob es Dummheit oder der feste Glaube an seine Überlegenheit war, die Albrecht zu dieser leichtsinnigen Äußerung hinriss. Denn wie erwartet zog Hedwig sofort den richtigen Schluss aus Albrechts Worten und richtete einen strengen Blick auf Otto.
    »Ihr habt Dietrich mitgeschickt auf eine Gesandtschaft zu diesen verrohten, durch niemanden zu bändigenden Gestalten?«, fragte sie scharf. Ihre Stimme zitterte vor Fassungslosigkeit und Zorn.
    Jedermann im Raum hielt den Atem an und fragte sich, wer nun zuerst losschreien würde: der Markgraf oder seine Frau.
    Da Otto nicht antwortete, wusste Hedwig, was sie wissen musste.
    Sie holte tief Luft, dann befahl sie mit versteinerter Miene: »Lasst uns allein. Geht sofort, alle!«
    Dietrich fuhr zusammen. Wenn es jetzt zum Streit kam – würde sein Vater die Mutter vielleicht sogar schlagen?
    Albrecht hingegen unternahm keine Anstalten, den Saal zu verlassen, sondern grinste triumphierend.
    »Das gilt auch für dich!«, fuhr Hedwig ihn an.
    »Ich lasse mich nicht von einem Weib aus der Halle schicken«, meinte Albrecht herablassend und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
    Doch er wurde zurechtgewiesen von einer Seite, von der er es nicht erwartet hatte.
    »Sie ist deine Mutter, und sie ist

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