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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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richtete sie sich auf und starrte ihn an. Sie hatten gestern kaum zwei Sätze unbeobachtet wechseln können, und so, wie sie die ganze Zeit seit der Ankunft der Gäste beschäftigt war, hatte sich auch Christian um den Markgrafen und dessen ältesten Sohn zu kümmern und dürfte kaum einen Augenblick allein gewesen sein.
    »Peter und Clara haben geschickt ein paar unbeobachtete Momente abgewartet«, erklärte er ihr.
    Während sie ihm einen neuen Verband anlegte, begann sie zu berichten. Mit unbewegter Miene hörte er ihr zu.
    Dann versuchte sie, ihr Kleid an den Seiten zuzuschnüren, und ärgerte sich, keine Magd bei sich zu haben, die dabei helfen konnte. Doch es war ihr wichtiger gewesen, mit Christian allein sein zu können.
    Christian trat wortlos neben sie und entwirrte die Schnüre an den Seitenteilen.
    Als er fertig war, begann Marthe, nach einem Kamm zu suchen. Sie hätten längst auf der Burg sein müssen, und dabei hatte sie noch nicht ein Wort davon gehört, was Christian und seinen Männern in den letzten Wochen widerfahren war! Hier musste doch irgendwo das Kästchen mit dem Kamm sein!
    Während sie immer fahriger wurde, stand Christian auf und hielt ihr die gesuchte schlichte Schatulle entgegen.
    »Beruhige dich!«, ermahnte er sie, umklammerte ihre Hände und zwang sie, wenigstens vorübergehend still zu stehen.
    Das Kästchen in ihren Händen ließ in Marthe einen Augenblick lang eine wehmütige Erinnerung aufblitzen. Diesen Kamm hatte ihr einst Karl geschnitzt, als sie mit dem Siedlerzug aus Franken unterwegs waren. Damals hätten sie sich nie träumen lassen, dass sie wenig später Karls Stiefmutter werden sollte – und noch später Christians Frau.
    Am liebsten hätte sie sich an Christian gelehnt, um sich von ihm umarmen zu lassen. Doch für tröstende Umarmungen war jetzt keine Zeit.
    »Was ist los mit dir?«, fragte er, während er ihr Gesicht erforschte.
    Schon brach die schwache Kruste ihrer Selbstbeherrschung zusammen.
    »Ich habe alles verkehrt gemacht!«, klagte sie und ließ sich auf das Bett sinken. »Ich dachte, ich könnte ihn dadurch irgendwie im Zaum halten. Stattdessen fühlte er sich noch herausgefordert, Rache zu nehmen. Es ist meine Schuld, dass beinahe Blut geflossen wäre. Ich konnte allein nichts ausrichten.«
    »Du warst nicht allein«, widersprach Christian und griff nach ihren Händen. »Zusammen habt ihr euch gut geschlagen und Schlimmeres verhindert.«
    Sein Blick war düster, aber ohne Vorwurf. »Albrecht hat Freude daran, andere spüren zu lassen, dass sie ihm ausgeliefert sind. Es war ganz sicher kein Zufall, dass er ausgerechnet den jungen Christian grundlos bestraft hat. Dahinter steckt Elmar. Und diese Sache mit dem Bilsenkraut … wer weiß, wozu es einmal gut sein kann, darüber Bescheid zu wissen.«
    »Mir graut davor, wenn Albrecht Markgraf von Meißen wird«, entgegnete Marthe. »Schon die Vorstellung jagt mir einen Schauer über den Rücken. Wir werden fortgehen müssen, wenn es so weit ist, weit fort!«
    »Solange er mich nicht in die Verbannung schickt, werde ich bleiben und den Menschen beistehen, die sich mir anvertraut haben«, erwiderte Christian schroff. »Ich habe geschworen, sie zu schützen – mit meinem Schwert und meinem Leben.«
    Dann wirst du sterben!, hätte Marthe ihm am liebsten entgegengerufen.
    Doch so schwer es ihr fiel, sie hielt ihren Verzweiflungsschrei zurück. Christian hatte seine Entscheidung längst getroffen. Er würde sich nicht einmal von ihr umstimmen lassen.
    Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Tür, um zur Burg zu gehen. Mit hölzernen Schritten folgte sie ihm, vor Entsetzen wie gelähmt, während sie versuchte, ein Bild abzuschütteln, das ihr Denken nun ganz ausfüllte.
    Sie sah sich selbst, neben Christians Leichnam kniend.
     
    Am gleichen Tag traf auch Hedwig mit ihrem Gefolge auf der Burg ein. Würdevoll begrüßte sie ihren Mann, der mit seinen Söhnen und einigen seiner Ritter in der Halle saß.
    Die Gegenwart Albrechts flößte ihr erneut das heimliche Grauen ein, das sie seit längerem befiel, wenn sie überdachte, zu welchen Untaten ihr ältester Sohn fähig war, wenn er sich außer Sichtweite seines Vaters wusste.
    Ihren Jüngeren hingegen hätte sie am liebsten an sich gezogen und in die Arme geschlossen, so froh war sie, ihn lebend und gesund vom Feldzug zurückgekehrt zu sehen.
    Doch Dietrich verneigte sich in vollendeter Höflichkeit vor ihr. So blieb ihr nichts anderes übrig, als seine Begrüßung mit

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