Die Entscheidung der Hebamme
bereuen!«
Sie nickte zum Zeichen dafür, dass sie verstanden hatte, und verbarg jede Regung sorgfältig.
Doch sie hatte ihm noch etwas mitzuteilen. »Der junge Ritter, Herr, der Euch vor dem wilden Keiler beschützt hat …«, begann sie.
»Was ist mit ihm?«, fuhr Albrecht sie ungeduldig an, während er aus dem Sattel stieg.
»Er ist gestorben, gleich nach seiner Ankunft. Ich konnte nichts mehr für ihn tun.«
»Wie bedauerlich.« Ungerührt sah sich Albrecht um, bis er Hartmut entdeckte, der in Marthes Nähe stand und mitbekommen hatte, worum es gerade ging. »Jemand soll seinem Vater einen Boten schicken und fragen, ob er den Leichnam abholen oder hier unter die Erde bringen lassen will.«
Für einen Augenblick war Marthe fassungslos angesichts Albrechts Gleichgültigkeit. Wenn Hartmuts Bericht stimmte – und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln –, so hatte der junge Mann sein Leben geopfert, um den Sohn des Markgrafen zu retten.
Unwillkürlich sah sie zu Hartmut, der kurz die Lippen zusammenpresste, bevor er antwortete: »Ich werde mich selbst darum kümmern, Graf.«
Endlich durfte Marthe zu Christian und den Ihren. Ihre Füße trugen sie wie von selbst dorthin. Christian war bereits abgesessen und lief ihr mit großen Schritten entgegen.
»Mein Herz!«, begrüßte er sie mit leuchtenden Augen, während er sie entgegen allen höfischen Regeln an seine Brust zog.
»Du bist verletzt«, stellte sie erschrocken fest. Sie hatte es schon an seiner Bewegung erahnt und spürte nun den Verband unter seinem Gewand.
»Schon fast wieder verheilt«, meinte er nur. »Lukas hat es ärger erwischt, er wird deine Pflege brauchen.«
»Er übertreibt«, wiegelte nun auch Lukas ab.
»Ihr kommt beide gleich mit in die Kammer, damit ich mir die Wunden ansehe«, entschied Marthe sofort.
Die beiden Männer wechselten einen belustigten Blick, und sogar die Knappen, die hinter ihnen standen, grinsten sich zu.
Doch an Lukas’ mühsamem Lächeln erkannte sie, dass er große Schmerzen haben musste.
Marthe wollte Dietrich begrüßen, aber der war bereits zu seinem Vater gerufen worden.
Suchend sah sie sich um. »Wo sind Kuno und Bertram?«
Sie wusste Johanna und Marie dicht hinter sich, die nur auf Antwort zu dieser Frage warteten, und war kaum weniger besorgt um die beiden jungen Männer. Marthe kannte sie, seit sie sich vor mehr als einem Dutzend Jahren dem Siedlerzug hierher angeschlossen hatte. Auch wenn aus den tolldreisten Burschen einer nun ein Ehemann und Vater geworden war und der andere bald heiraten sollte, befürchtete Marthe, dass sie sich aus Abenteuerlust und Treue zu Christian immer noch zu so mancher Unvorsichtigkeit hinreißen ließen.
»Bertram hat sich ein Bein gebrochen«, gab Christian Auskunft. »Ich habe ihn und Kuno bei einer heilkundigen Frau in Magdeburg gelassen, bis sie die Heimreise antreten können.«
Das klingt sehr harmlos für den Ausgang eines Feldzuges, dachte Marthe skeptisch, aber sie sagte nichts.
Christian nickte Johanna beruhigend zu, die mit ihrem Töchterchen auf dem Arm vor ihm stand und ihn mit großen Augen anstarrte. »Kuno ist wohlauf; mach dir keine Sorgen.«
Neugierig starrte er auf das winzige Bündel in Johannas Armen und lächelte. »Kaum zu glauben, dass sie noch kleiner gewesen sein soll.«
Da musste auch Johanna lächeln trotz des Kummers darüber, dass sie noch länger auf ihren Mann warten musste.
Marie jedoch wagte es nicht, den Blick von Christian abzuwenden. »Wie schlimm ist es? Wird er das Bein verlieren? Ist es das rechte oder das linke?«, fragte sie ängstlich.
»Das rechte. Er braucht vor allem Ruhe und Zeit, damit es heilt«, sagte er, und Marie atmete erleichtert auf. Wer sein linkes Bein verlor, der konnte nicht mehr aufs Pferd steigen.
Doch Marthe kannte ihren Mann genau genug, um zu erkennen, dass es um Bertram längst nicht so gut stand, wie er behauptete, damit sich Marie nicht noch mehr ängstigte. Ohne ernsthaften Grund hätte er ihn nicht in Magdeburg zurückgelassen, sondern versucht, ihn hierherzubringen, damit sie sich selbst um die Verletzung kümmerte.
Darüber konnten sie erst reden, wenn sie unter sich waren.
Endlich durfte Christian auch seine beiden jüngsten Kinder umarmen, die auf ihn zugestürmt waren, als sie sich im Gewimmel auf dem Burghof unbeachtet glaubten.
Dann sagte er bedauernd zu seiner Frau: »Du solltest dich besser zuerst um Otto kümmern. Ich sorge derweil dafür, dass inzwischen alle Pferde in den
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