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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Fehlers.
    Christian nickte ihm freundlich zu, um den Patzer des anderen für vergessen zu erklären, und verfolgte dann aufmerksam, wie Roland seinen Leuten ein paar Kommandos gab, während er sich sein Pferd bringen ließ und aufsaß.
    Erwartungsgemäß wurden die Meißner von einem Dutzend Bewaffneter begleitet, die sie nicht aus den Augen ließen, während sie durch die von geschäftigen Menschen wimmelnden Gassen ritten.
    Überall unterwegs waren die Bewohner Goslars mit den Vorbereitungen auf einen Angriff beschäftigt: Pecher brachten die Ausbeute ihrer Arbeit zu den Toren, Wasserfässer wurden gefüllt, um im Fall eines Brandes das Feuer löschen zu können, bevor es auf die Nachbarhäuser übergriff, Fensteröffnungen wurden mit Brettern zugenagelt, Vorräte herangeschleppt und verstaut.
    Christians Trupp wurde zu dem freien Gelände vor der Kaiserpfalz geführt, auf dem bei Hoftagen jedes Mal unzählige Zelte aufgeschlagen waren, um wenigstens einen Teil der aus allen Himmelsrichtungen angereisten Gäste zu beherbergen.
    Jetzt sollten hier vermutlich Bernhards und Ludwigs Streitmächte ihr Lager errichten.
    Die Gruppe der Reiter steuerte auf einen Kahlkopf um die vierzig zu, der Kommandos in alle Richtungen brüllte, die augenblicklich befolgt wurden. Der Befehlshaber über die Stadt, wie sich Christians Vermutung bestätigte, als er dem Kahlen vorgestellt wurde, in dessen Gesicht mehrere hässliche Brandnarben und ein sauber verheilter Schnitt quer über die linke Wange von bestandenen Kämpfen kündeten.
    »Der Meißner Markgraf schickt mich und diese Männer, um die Streitmacht seines Schwagers Herzog Bernhard zu verstärken«, erklärte Christian auch ihm.
    Der Befehlshaber musterte ihn mit dem gleichen Misstrauen wie der junge Roland.
    »Der Herzog wird Euch bestätigen können, dass ich und meine Männer im Dienst des Hauses Wettin stehen«, erklärte Christian, der die Gedanken seines Gegenübers erriet. »Wenn Ihr wünscht, leiste ich Euch einen Eid.«
    Er winkte Dietrich heran, der drei Schritte hinter ihm verharrte. »Das ist Graf Dietrich, der Sohn meines Dienstherrn und ein Neffe Herzog Bernhards.«
    »Seid willkommen«, brummte der Kommandant. »Wir erwarten die Truppen des Herzogs in drei Tagen. So lange können Eure Männer helfen, die Verteidigungsanlagen auszubessern.«
    Christian nickte zum Zeichen seines Einverständnisses und fragte: »Welchen Schutz gibt es für die Menschen vom Rammelsberg? Die Verbündeten des Kaisers befürchten, der Löwe könnte seinen Angriff auf die dortigen Gruben richten.«
    »Die Bergleute und ihre Familien sollen hier Zuflucht suchen, wenn sich das feindliche Heer nähert«, knurrte der Kahle. »Doch die Gruben selbst können wir nicht schützen, das wäre aussichtslos und würde nur in einem Blutbad enden.«
    Christian und seine Leute wurden jenem Abschnitt der Stadtbefestigung zugeteilt, durch dessen Tor sie Goslar betreten hatten und über das der nervöse junge Roland das Kommando hatte. Er musste seinen Männern Befehl gegeben haben, die Fremden nicht aus den Augen zu lassen, denn jedem von Christians Leuten wurden zwei oder drei Goslarer zur Seite gestellt.
    Einen Tag vor Ablauf des Waffenstillstandes am siebenundzwanzigsten April rückte das bereits erwartete Heer des neuen Herzogs von Sachsen an. Bernhard musste noch von Gelnhausen aus Boten zu einem Gewaltritt losgeschickt haben, die den Befehl überbrachten, seine Truppen nach Goslar in Marsch zu setzen. Die Streitmacht mochte nur ein paar hundert Mann stark sein, doch ihre Wirkung sollte sich als verheerend herausstellen – allerdings anders als erwartet.
     
    Christian teilte sich mit Roland und Dietrich gerade etwas Brot und Bier zum Frühmahl, als Warnrufe vom Turm aus erklangen.
    Roland sprang auf, griff nach seinem Schwert und bedeutete dem Meißner Ritter und dessen Knappen, ihm zu folgen – weniger ein Zeichen seines Vertrauens als seines immer noch nicht gänzlich erloschenen Misstrauens.
    Nacheinander hasteten sie die gewundene Treppe hinauf, um mit eigenen Augen zu sehen, was den Alarmruf ausgelöst hatte.
    Vom Turm aus war nur die Spitze des Zuges der Bewaffneten zu erkennen, der noch eine reichliche Meile von der Stadt entfernt zu sein schien. Doch wohl weit über hundert Menschen rannten auf die Stadt zu, als würden sie von Teufeln gehetzt. Ihre Angstschreie waren noch in der Höhe zu hören, aus der die Ritter den panischen Ansturm ansehen mussten. Es waren zumeist Frauen jeden

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