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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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sanken verzweifelt auf die Knie und reckten die Arme zum Himmel, verkrampften furchtsam die Hände, suchten Halt an der Schulter des Nächsten oder erstarrten, fassungslos vor Entsetzen.
    Auch wenn Christian mit dieser Nachricht gerechnet hatte, fühlte er tiefes Bedauern mit den Menschen. Häuser und Schmelzhütten konnten wieder aufgebaut werden, auch wenn es einige Zeit dauern würde. Aber wenn die Gruben zerstört waren, bedeutete dies auf nicht absehbare Zeit das Ende der Förderung. Diese Leute hier würden verhungern, wenn nicht ein Wunder geschah.
    Doch er konnte einen Ausweg bieten.
    Christian saß ab und arbeitete sich zu dem Mann durch, der die verhängnisvollen Worte ausgesprochen hatte und nun von Verzweifelten umringt war. Einem Ritter machte jedermann sofort Platz; zu tief war der Gehorsam vor Höhergestellten in die einfachen Menschen gepflanzt.
    »Ihr seid der Bergmeister?«, fragte Christian. Der andere Mann nickte und verneigte sich knapp.
    Christian stellte sich vor, und schon der Name »Christiansdorf« sorgte dafür, dass ein Hoffnungsflackern über die Gesichter der Umstehenden zog. Der Reichtum der Gruben in der entlegenen Mark Meißen war auch hier nicht mehr unbekannt.
    »Ich habe Euren Leuten einen Vorschlag zu machen.«
     
    Christian musste nicht lange reden. Die Verzweiflung unter den Goslarer Bergleuten war so groß, dass sein Angebot sofort auf fruchtbaren Boden fiel.
    Der Bergmeister erklärte, er werde mit einigen entschlossenen Männern versuchen, den Bergbau wieder in Gang zu bringen. Doch mehr als hundert Bergleute zeigten sich ohne großes Zaudern bereit, dem Fremden in die Mark Meißen zu folgen. Dass Christian außerdem gute Nachricht von manchem Verwandten überbringen konnte, der bereits vor Jahren mit ihm gezogen war, zerstreute die letzten Bedenken.
    »Wir haben hier nichts mehr zu verlieren«, ermutigte die Witwe die noch Zögernden.
    »Sucht zusammen, was euch noch geblieben ist an Vorräten, Werkzeug und anderem Gerät«, gebot Christian. »Wir brechen sofort auf.«
    Warten würde nichts bringen; im Gegenteil. Das Ausmaß der Zerstörung stellte sie alle vor das Problem, wovon sie sich ernähren sollten. Es war nicht viel geblieben, und da der Siedlerzug mit Frauen und Kindern wohl an die dreihundert, vierhundert Leute umfassen würde, bestand kaum Aussicht, Tag für Tag in den Dörfern unterwegs ausreichend Getreide und Hülsenfrüchte kaufen zu können, noch dazu, da Krieg herrschte.
    Wieder wandte sich Christian an die Witwe.
    »Ich schicke sofort einen Boten, der dem Markgrafen berichtet, wie viele von euch kommen, und bitte ihn, uns eine Lieferung Korn entgegenzuschicken«, erklärte er ihr. »Damit niemand verhungert, bis Hilfe kommt, müssen wir die Vorräte gemeinsam verwalten. Ein paar Frauen sollen sich zusammentun, die für alle kochen.«
    Die Witwe nickte zustimmend, zog ihr Gebende zurecht und ging los, um diese schwierige Entscheidung zu vermitteln und den wohl dadurch unausweichlich entstehenden Streit zu schlichten.
    Christian war zufrieden. Schon bei seinem ersten Siedlerzug hatte er die Erfahrung gemacht, dass es vor allem die Frauen waren, auf die er zählen konnte, wenn es darum ging, dass trotz knapper Vorräte niemand verhungerte.
    Erwartungsgemäß waren den Bergleuten und ihren Familien weder Karren noch Vieh geblieben. Sie würden zu Fuß gehen müssen und das Letzte, was sie hatten retten können, selbst tragen. Doch erleichtert sah Christian, dass die meisten von ihnen noch ihr Werkzeug besaßen. Sie hatten es wohl mitgenommen auf der Flucht in die Stadt. Wo ein Stiel zerbrochen oder verbrannt war, konnte er leicht ersetzt werden. Hauptsache, sie hatten noch ihr Eisen. Eisen war teuer.
    Es dauerte keinen viertel Tag, und der Zug war bereit zum Aufbruch.
    Seine Größe minderte auch Christians Befürchtung, sie könnten unterwegs von Bewaffneten – welcher Herkunft auch immer – angegriffen werden. Nicht nur seine eigenen Männer verstanden mit den Waffen umzugehen. Bergleute in solch großer Zahl waren sicher ein wehrhaftes Volk.
    So Gott will, sind wir schnell genug, damit ich ankomme, bevor Otto zur Heerfahrt aufbricht, dachte er, als er seinem Rappen an der Spitze des Zuges das Zeichen zum Aufbruch gab.

Unterwegs mit Ottos Hofstaat
    »Und was ist mit Aalblut? Aalblut in Wein? Meine Mutter schwört darauf, dass es Schmerzen lindert«, verkündete, sichtlich stolz auf ihr Wissen, eines der jungen Mädchen, die unter Hedwigs Aufsicht auf

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