Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
dass es zwischen ihm und Adela Streit gegeben haben musste. Kein guter Beginn für eine Ehe, die noch dazu auf so fragwürdige Art zustande gekommen war. Dabei hätte sie dem Freund von Herzen eine glückliche Verbindung gewünscht. Wenn sie Lukas helfen wollte, kümmerte sie sich am besten um seine junge Frau, die mit verkniffener Miene neben ihr stand, während ihr Mann offenbar beschlossen hatte, das Frühmahl zu versäumen und sich stattdessen um die Pferde zu kümmern.
    Sie dirigierte Adela auf den Platz direkt neben ihr an der Tafel und lächelte ihr aufmunternd zu. Als Ehefrau trug die Neuvermählte ihre blonden Locken nun sittsam mit einem Schleier bedeckt, dessen Saum mit einer Stickerei verziert war.
    »Was für eine schöne Arbeit«, lobte Marthe mit geheuchelter Bewunderung das Muster, nachdem das Tischgebet gesprochen war. Sie hatte nie gelernt, solch feine Handarbeiten auszuführen; dafür hatte sie angesichts ihrer Herkunft und ihrer vielen Pflichten weder Gelegenheit noch Zeit gehabt. Im Grunde genommen interessierte sie Adelas Stickerei nicht, und sie hatte wenig Sinn für Schmuck und eitlen Zierrat. Aber sie wusste nicht, mit welch anderem Thema sie das Interesse der Jungvermählten hätte wecken können.
    Ihre Rechnung ging auf.
    »Findet Ihr?« Ein selbstgefälliges Lächeln zog über Adelas Gesicht. »Die Fürstin Hedwig meinte, keine unter den Jungfrauen hätte dabei eine so geschickte Hand wie ich.«
    Marthe lächelte ihr zu, füllte der jungen Frau persönlich die Schüssel mit süßem Hirsebrei und wartete, bis sie den ersten Löffel voll nahm.
    Dem Appetit zufolge, mit dem sich Adela auf das Essen stürzt, kann in der Nacht nichts so Schlimmes geschehen sein – außer, dass sie in ihrer Eitelkeit gekränkt worden ist, dachte Marthe und spürte, wie sich die unterschwellige Abneigung gegen ihre Tischnachbarin allmählich in eine sehr deutliche verwandelte. Armer Lukas! Wie zuwider musste ihm seine Frau ein, wenn er lieber freiwillig in den Krieg zog, als bei ihr zu bleiben? Warum nur hatte er um ihre Hand angehalten?
    Aber was geschehen war, war geschehen. Wenn sie dem Freund das Leben nicht noch schwerer machen und vor allem in seiner Abwesenheit kein Gezänk auf der Burg haben wollte, sah sie wohl besser zu, das verwöhnte junge Ding irgendwie als Verbündete zu gewinnen.
    »Niemand hier kann so wunderbar sticken«, schmeichelte sie Adela. »Wenn Ihr die Zeit findet, ein paar Altartücher für unsere Kapelle zu besticken, könntet Ihr Euch sicher das Wohlwollen des Kaplans erwerben.«
    An Adelas Gesicht erkannte sie, dass ihr Vorschlag auf fruchtbaren Boden gefallen war.
    Lieber wäre es ihr, sie hätte Lukas’ Frau von einer nützlicheren Arbeit überzeugen können, davon gab es schließlich mehr als genug auf der Christiansdorfer Burg. Die vier Wochen seit der Ankunft der Goslarer hatten sie bis aufs Letzte erschöpft, und ohne die tatkräftige Hilfe Mechthilds, Gretes und ihrer Stieftöchter hätte sie die vielen Aufgaben nie bewältigen können.
    Doch eine vornehme Dame wie Adela würde sie wohl nicht ohne weiteres dazu bringen können, sich der Familien der Bergleute anzunehmen, Krankenbesuche bei Wöchnerinnen zu machen oder Johanna beim Ansetzen von fiebersenkenden Arzneien zu helfen. Sollte die junge Frau nur mit etwas ihr Vertrautem beginnen, sich hier einzuleben.
    Letztlich musste Adela beschäftigt werden, solange Marthe und Christian zu Dietrichs Schwertleite unterwegs waren. Ehe sie anfing, auf der Burg herumzustöbern oder die Mägde zu schikanieren, sollte sie besser unter Hilberts Obhut Altartücher sticken.
    Sobald es ging, ohne unhöflich zu wirken, beendete Christian das Frühmahl und ließ die Tafel aufheben. Sie hatten an diesem Tag noch reichlich zehn Meilen Wegstrecke vor sich und durften nicht später als der Markgraf eintreffen.
    Proviant und Ausrüstung waren bereits gepackt, dafür hatten die Knappen und die Stallburschen gesorgt, allesamt unter Lukas’ Kommando, der mehr als erleichtert war, mit diesem Vorwand dem Mahl und seiner Ehefrau entkommen zu sein.
    Bald waren die Reisenden zum Aufbruch bereit: vier Ritter und zwei Dutzend Soldaten und Reisige, die unter Lukas’ Kommando den Markgrafen auf dem Kriegzug des Kaisers begleiten würden, Gerald und seine Männer, dazu Dietrich sowie Christian und Marthe, die mit einigem Gefolge an der Schwertleite teilnehmen würden.
    Überraschend für alle zog mit ihnen auch die alte Grete mit ihrem nun wieder

Weitere Kostenlose Bücher