Die Entscheidung der Hebamme
zu ihm gekommen und hatten seine Zärtlichkeit ebenso wie seine Kraft genossen; ja, sie schienen gar nicht genug davon bekommen zu können. Wehmütig dachte er an die Lebenslust und Sinnlichkeit, die die sonst so schüchterne Raina im Bett zeigte. An Kathreins und Lisbeths raffinierte Liebesspiele. Und an die zärtliche und doch leidenschaftliche Nacht, die er mit einer jungen Braunschweiger Wirtin, einer Witwe, verbracht hatte.
Auch Bertram und Marie, die vor drei Tagen geheiratet hatten, schienen allem Anschein nach gar nicht genug voneinander zu bekommen.
Warum musste ausgerechnet seine frischgebackene Ehefrau, die loszuwerden er nun keine Chance mehr hatte, so prüde sein?
Lukas setzte sich auf, ebenfalls mit dem Rücken zu Adela, räusperte sich und sagte: »Morgen früh können wir das Laken vorzeigen, das beweist, dass meine und Eure Ehre bis zur Heirat gewahrt blieben, trotz der Falle, die Ihr mir gestellt habt. Sollte ich lebend aus dem Krieg zurückkehren, werde ich in eine eigene Kammer ziehen.«
Er legte eine kurze Pause ein, dann sagte er: »Seid unbesorgt, ich werde Euch nachts nicht mehr behelligen.«
Als am Morgen das blutige Laken des Brautpaares vorgezeigt wurde, standen die Brautleute mit eisigen Mienen nebeneinander, um die Glückwünsche der Festgesellschaft entgegenzunehmen.
»Akzeptiert meine Entschuldigung – Ihr habt Euch ehrenhaft verhalten«, tönte Adelas Bruder, der zwei Tage zuvor mit seiner Schwester und zwei Dutzend Gefolgsleuten nach Christiansdorf gekommen war. Plump-vertraulich hieb er dem neuen Schwager auf die Schulter. »Jetzt ist es an Euch, meiner Schwester Gehorsam beizubringen. Ich beneide Euch nicht darum.«
Gerald lachte, doch Lukas verzog keine Miene.
Er mochte weder Adela noch ihren Bruder. Doch noch weniger konnte er Christians betont ausdruckslose und schon gar nicht Marthes mitleidvolle Miene ertragen.
Sobald es ihm möglich war, ohne unhöflich zu wirken, beendete er die Zeremonie. »Wir müssen zeitig aufbrechen. Der Markgraf erwartet uns.«
Brüsk drehte er sich um und stapfte zu den Ställen.
Er wollte nichts wie fort – fort von hier, fort von der Frau, die ihn zu etwas getrieben hatte, für das er sich verachtete, auch wenn die meisten Männer seines Standes darin nichts Ehrenrühriges sehen würden. Wahrscheinlich verliefen sogar die meisten Hochzeitsnächte nicht anders als seine. Nach allgemeiner Auffassung hatte er seine Pflicht erfüllt und sein Recht in Anspruch genommen.
Doch irgendwie erschien es ihm falsch. Er fühlte sich beschmutzt dadurch, sich einer Frau aufgezwungen zu haben, auch wenn es seine eigene war und sie die Hochzeit selbst herbeigeführt hatte.
Lukas schob den Gedanken weit von sich, wie sein Eheleben wohl künftig aussehen würde, sollte er vom Feldzug zurückkehren.
Marthe sah dem schweigsamen Bräutigam nach. Offenkundig war die Hochzeitsnacht für beide Jungvermählte nicht so verlaufen, wie sie es sich erhofft hatten.
Mit einem Kopfnicken bedeutete sie Mechthild, das Laken zusammenzulegen und Adela zu übergeben. Dann bat sie die Gäste zum Frühmahl.
In der Halle und auf dem Burghof herrschte noch mehr Geschäftigkeit als sonst. Das lag weniger an der Hochzeit des Vortages, auch wenn die Braut und ihr Bruder mit mehr als zwei Dutzend Begleitern angereist waren. Gleich nach dem Essen wollten die Männer aufbrechen, die den Markgraf zur Reichsheerfahrt begleiteten. Gerald und seine Leute würden sich ihnen anschließen.
Obwohl Christian gemäß Ottos Befehl diesmal nicht mit in den Krieg zog, würden er und Marthe die kleine Streitmacht bis zum Kloster Marienzell begleiten, das auf halbem Weg zwischen Christiansdorf und Meißen lag. Dort sollten sie auf Ottos Gefolge treffen und Dietrichs Schwertleite beiwohnen.
Der Markgraf hatte beschlossen, seinen jüngeren Sohn als Ritter zur Heerfahrt mitzunehmen. Immerhin war Dietrich an der erfolgreichen Verteidigung der Kaiserstadt Goslar beteiligt gewesen, und Otto hoffte, dieser Umstand sowie die im Krieg gegen den Löwen zu erwartenden Gelegenheiten, Ruhm zu erwerben, seien die beste Möglichkeit für seinen Sohn, vor dem Kaiser seine Ehre wiederherzustellen.
Natürlich wollten Christian als sein Lehrmeister und auch Marthe Dietrichs großen Tag nicht verpassen.
Obwohl der angehende Ritter gleich darauf in den Krieg ziehen würde, fürchtete sie eigentümlicherweise diesmal nicht um ihn. Viel mehr Gedanken machte sie sich um Lukas.
Es war nicht zu übersehen,
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