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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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befahl.
    »Was soll das hier sein, das Ihr auftischen lasst?«, fuhr der sie wütend an. Mit angewiderter Miene tauchte er seinen Hornlöffel in einen Kessel Hirsebrei und ließ die Masse auf das Tischtuch kleckern.
    »Glaubt Ihr etwa,
das
sei einem Fürstensohn angemessen? Dem künftigen Herrscher über die Mark Meißen? Bringt Fleisch!«
    Marthe schickte umgehend einen Küchenjungen zurück in die Küche, um Albrechts Befehl zu übermitteln, obwohl auch Kapaune, Neunaugen und Schinken auf dessen Tafel standen.
    »Mit Verlaub, Herr«, sagte sie dann. »Wir schlachten schon jeden dritten Tag ein Schwein, aber Eure Männer essen so viel, dass unsere Vorräte knapp werden und die Speisekammer fast leer ist. Vielleicht würde es Euch Vergnügen bereiten, auf die Jagd zu reiten. Dann könnten wir Wildbret auftischen.«
    Sie wusste nicht, ob es das nasskalte Herbstwetter oder die Angst vor den Folgen des Bilsenkrauts waren, die Albrecht bisher davon abgehalten hatten, diesem dem Adel vorbehaltenen Vergnügen nachzugehen. Vielleicht fürchtete er, ohne die Stimulans nicht erfolgreich genug bei der Jagd zu sein. Doch das Gift wieder einzunehmen, würde die Alpträume neu erwecken, die er gerade halbwegs losgeworden war.
    Deshalb hatte sie auch bisher von diesem Vorschlag Abstand genommen. Aber Mechthild hatte recht: Die Kerle fraßen ihnen die Haare vom Kopf, und wenn sie nicht endlich bald ein paar Hirsche und Wildschweine erlegten, würde es tatsächlich nach Weihnachten nur noch Eichelmehlsuppe geben.
    Albrecht wechselte einen Blick mit Elmar, der wie stets an seiner Seite saß.
    »Ja, wir sollten morgen zur Jagd reiten«, sagte er dann gedehnt. »Aber zuvor will ich hier einen Gerichtstag halten. Sorgt dafür, dass sich morgen früh das Dorf auf der Burg einfindet, und lasst ausrufen, dass jedermann seine Klagen und Beschwerden vorbringen kann.«
     
    Wohl um die hundert Dorfbewohner kamen am nächsten Morgen auf den Burghof, um mitzuerleben, wie der neue Vogt Recht sprechen würde: überwiegend Handwerker und Kaufleute, auch ein paar Bauern. Von den Bergleuten war niemand erschienen, sie schlichteten ihre Streitigkeiten selbst unter Aufsicht des Bergmeisters.
    Albrecht hatte ein Podest errichten lassen, auf dem er nun thronte. Ein Dach aus Zeltleinwand schützte ihn vor dem feinen Sprühregen, der bei Tagesanbruch begonnen hatte. Links und rechts neben ihm standen Elmar und einige seiner Ritter, an der Seite ein paar seiner Wachen, von denen einer die Werkzeuge für die sofortige Urteilsvollstreckung neben dem Richtklotz bereitgelegt hatte: eine gut geschärfte Axt, um einem Verurteilten die Hand abzuhacken, glühende Eisen, ein Dolch, falls jemand die Zunge oder ein Ohr verlieren sollte, und der Ochsenziemer für diejenigen, die mit einer Prügelstrafe davonkamen.
    Marthe musste auf Albrechts Befehl bereits neben seinen Wachen stehen, noch bevor die ersten Dorfbewohner zum Gerichtstag erschienen, und war mittlerweile trotz des wärmenden Umhangs durchgefroren bis auf die Knochen. Hilbert, der Kaplan, stand auf ihre Bitte hin an ihrer Seite. Hier und heute würde fraglos etwas vorfallen, bei dem sie eingreifen musste. Albrecht hatte die Marterwerkzeuge bestimmt nicht nur der abschreckenden Wirkung wegen ausbreiten lassen. Doch Frauen besaßen kein Rederecht vor Gericht und mussten einen Fürsprecher vorschicken, der an ihrer Stelle das Wort ergriff. Dieses Amt sollte Hilbert übernehmen.
    Und überhaupt: dass Albrecht sie schon so zeitig hierherbefohlen hatte, erfüllte sie mit tiefem Misstrauen. In ihr wurde das Gefühl immer stärker, dass inzwischen etwas geschehen war, das sie nicht mitbekommen sollte.
    Die Dorfbewohner drängten und schubsten, um durch den feinen Regen auch richtig sehen zu können.
    »Hat jemand von euch eine Beschwerde vorzubringen?«, fragte Albrecht mit lauter Stimme über den Burghof, nachdem sich seine vor Waffen starrenden Männer aufgebaut hatten.
    Niemand wagte sich zu melden, nur aus den hinteren Reihen waren Gewisper und Gezischel zu hören.
    »Niemand?«, fragte Albrecht. »Kein Einziger?«
    Kühl ließ er seine Blicke über die Menschenansammlung schweifen. »Nun, es freut mich, dass hier mit meiner Herrschaft Frieden und Gerechtigkeit Einzug gehalten haben.«
    Immer noch sagte niemand etwas.
    Natürlich wagte es keiner der Dorfbewohner, eine Streitigkeit durch einen Vogt verhandeln zu lassen, von dem er nicht wusste, wie streng und vor allem wie gerecht dieser urteilen würde. Zumal

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