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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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das.
    »Ihr habt diesen Kerl immer noch nicht erwischt?«
    »Nein«, sagten beide wie aus einem Mund.
    »Was wollt ihr dann hier?«
    »Er muss in Freiburg sein.«
    »In Freiburg?« Er lachte hämisch auf. »Wie oft wart ihr innerhalb des letzten Jahres in dieser verdammten Stadt? Nie seid ihr auf seine Spur gestoßen. Und nun? Nun wollt ihr wieder dorthin.«
    »Er muss in Freiburg sein«, wiederholte der eine.
    »Auf dem Land«, warf der andere ein, »hätten ihn wir ihn fast geschnappt.«
    »Fast? Das reicht mir nicht.« Er hatte stechende Augen und ihm war nur zu klar, wie unangenehm es sein konnte, wenn er jemanden fixierte. So auch jetzt. »Dann reitet los. Aber beeilt euch. Ich werde mir die Stadt einverleiben. Und ich gedenke nicht mehr lange damit zu warten.«
    »Übrigens, wir sind auch hier, um ein Geschenk zu übergeben.«
    Überraschung ließ seinen Blick noch finsterer werden. »Mir?«
    Ein Dolch wurde ihm überreicht. Kein besonderes Stück, alt und abgegriffen. In das Holz des Heftes waren Blumenelemente eingeschnitzt – ein Symbol, das einst den Degen von König Gustav II. Adolf von Schweden geschmückt hatte. Offiziere, die in seinen Diensten standen, hatten solche Dolche als Geschenk erhalten.
    »Wem gehört diese Waffe?«, fragte er, den Dolch in der Hand wiegend.
    »Diesem schwedischen Offizier, der Ihnen einst so viel Ärger bereitet hat.«
    »Ach?« Ein Grinsen umspielte seinen Mund. »Nils Norby? Es gab Gerede, er sei längst tot, aber dem habe ich nie getraut. Offenbar zu Recht. Wo ist er euch über den Weg gelaufen?«
    »Stellen Sie sich vor: auf einem abgelegenen Schwarzwald-Hof.«
    »Wie geht es ihm?« Die Frage kam, obwohl die Antwort offensichtlich zu sein schien.
    Die beiden Männer grinsten. »Sehr, sehr gut geht es ihm. Wir haben ihn ohne Umweg dahin geschickt, wo auch sein ehemaliger König seit Jahren weilt.«
    »Er hat nichts anderes verdient. Äußerst erfreulich. Dafür sollt ihr angemessen entlohnt werden. Zwar war er längst kein wichtiger Mann mehr, aber ich weiß es zu schätzen, dass ihr Norby zu den Ahnen geschickt habt. Doch jetzt verliert nicht noch mehr kostbare Zeit.« Er schnippte mit den Fingern. »Auf nach Freiburg mit euch.«
    Die Männer deuteten eine knappe Verbeugung an und ließen ihn allein in seinem Zelt zurück.
     
    *
     
    Von außen verschmolz das Haus mit seiner schäbigen Umgebung, innen jedoch stellte es ein eigenes kleines Reich dar. Ein äußerst vornehmes Reich. Und jener Gotthold von Mollenhauer zeigte sich wenig geheimniskrämerisch – er öffnete diese und jene Tür und gab bereitwillig Erläuterungen von sich.
    Wegen ihrer Furcht und der Dunkelheit der vorangegangenen Nacht waren Bernina viele Einzelheiten nicht aufgefallen, die ihr nun, als sie zum zweiten Mal das Gebäude betrat, unweigerlich ins Auge stachen. Entlang der vorderen Treppe aus Tannenholz führte ein kunstvoll geschnitztes Geländer, Fensternischen waren mit kostbaren Kacheln besetzt, das Messing der Türklinken blitzte. Hier zinnerne Teller an den Wänden, dort eine Tischplatte aus poliertem Nussbaum, die auf gedrechselten Säulen ruhte. Deckenbalken mit rankendem Blattwerk bemalt, Wände von unten bis oben holzvertäfelt, Fußböden mit Tonfliesen bedeckt. In einer Ecke ein Kachelofen, der im Herbst und Winter gewiss für mollige Wärme sorgte. An der hinteren Treppe, über die Bernina gestern gegangen war, sah sie eine schmale Tür, die wohl zu einer Latrine führte. Und der offene Spalt einer weiteren Tür ließ einen Baderaum mit kreisrundem Bottich erkennen. Alles in allem unerwartete Anzeichen für Wohlleben inmitten dieser ärmlichen Nachbarschaft.
    »Ich erkenne, mein kleines Refugium findet Ihre Zustimmung«, äußerte sich Gotthold von Mollenhauer mit beiläufiger Leichtigkeit.
    »Ein viel zu schönes Haus, um Menschen gegen ihren Willen hierher zu verschleppen.«
    »Wie ich schon sagte – ab jetzt stehen Sie unter meinem persönlichen Schutz.«
    »Ich hoffe, das hilft mir«, erwiderte Bernina ebenso schnell wie sarkastisch.
    »Das hoffe ich auch«, konterte der Gastgeber unbeeindruckt.
    »Was tun Sie hier?«, fragte sie darauf in aller Offenheit. »Ich meine, außer hier zu wohnen. Und weshalb eine solche Pracht ausgerechnet in diesem Viertel?«
    »Ich liebe es, mich mit geschmackvollen Dingen zu umgeben. Und ich liebe es, in Gegenden unterzutauchen, in denen niemals jemand nach mir suchen würde. In die man sich zurückziehen kann wie das Kaninchen in seinen

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