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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Bau.«
    »Warum sucht man Sie? Warum ist es für Sie so wichtig, unterzutauchen?«
    »Sie halten sich mit Ihrer Wissbegier nicht zurück, nicht wahr?«
    Bernina lächelte. »Nicht wenn mein Leben auf dem Spiel steht.«
    »Auf dem Spiel stand «, korrigierte von Mollenhauer dezent. Er deutete zur vorderen Treppe. »Sie fragten, was ich tue? Bitte schön, folgen Sie mir nach oben.«
    Er voran, Bernina und Baldus hintendrein, gingen sie ins obere Stockwerk. Sie passierten den Raum mit den Bücherregalen und durchquerten ein Zimmer mit Ledersesseln, Walnusssekretär, karmesinroter Velourstapete und einem türkischen, mit orientalischen Mustern verzierten Wandeppich. Die nächste Tür öffnete sich – und unvermittelt standen sie in einer Art Laboratorium.
    Ein stechender Geruch reizte die Nase. Es sah aus wie in einer Apotheke: ein riesiger Arbeitstisch, übersät mit Glasröhren, Destillierkolben, Brennern. Haufenweise Stößel und Mörser, Fläschchen und Kolben, die mit Pulvern in allen Regenbogenfarben gefüllt waren. Regale mit weiteren Behältnissen aus Glas und gebranntem Ton sowie Bücher und Folianten füllten den Raum. Allem Anschein nach die Gerätschaften eines Alchimisten.
    Sie trat an den Tisch, während Baldus, dem die Verwunderung ins Gesicht geschrieben stand, bei der Tür blieb. Die in geschwungener Handschrift notierten Beschriftungen einiger mit Kristallen gefüllter Glasbehälter fielen ihr auf: komplizierte wissenschaftliche Begriffe, mit denen sie nichts anzufangen wusste.
    Handelte es sich bei Gotthold von Mollenhauer etwa um einen jener ominösen Goldmacher, über die zahlreiche Geschichten die Runde machten?
    »Sie experimentieren«, meinte Bernina schlicht.
    »Ja, ich bin ein Mann der Wissenschaft. Oder sagen wir noch kürzer: ein Mann des Wissens.«
    Nach kurzem Schweigen bemerkte Bernina: »Ich sah Sie bereits bei der Auktion im Grünen Horn.«
    »Auch Ihre Anwesenheit entging mir nicht. Umso schöner, dass Sie diesen unfeinen Ort wohlbehalten hinter sich gelassen haben.« Er nickte. »Ja, überaus unfein. Und dennoch kann ich nicht umhin, mich ab und an dort umzuschauen. Bei diesen Auktionen geht es, unter uns gesagt, natürlich vor allem darum, allerlei Diebesgut unters Volk zu bringen.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Von Porzellan bis Lederwaren, von Säbeln bis Gemälde. Im Grünen Horn findet man so ziemlich alles, was unsere verrückten Zeiten hergeben.«
    »Unter anderem also auch Sie.«
    »Bisweilen lohnt sich der Gang in die Unterwelt. Ich weiß das – und daher bringe ich es einfach nicht fertig, mich fernzuhalten. Man könnte doch allerhand versäumen.« Er breitete die Arme aus. »Beim letzten Mal erstand ich eine zweibändige Baseler Edition von Aristoteles’ Schriften. Tja, eine echte Seltenheit. Etwas derart Wertvolles, dass es diese Holzköpfe in der Kaschemme nicht im Entferntesten zu schätzen wussten. Für solche Leute sind Holzschnitte mit entblößten weiblichen Gottesgaben sicher die passendere Wahl.«
    »Auch ich habe lebhaftes Interesse an einer bestimmten Schrift«, bemerkte Bernina betont beiläufig.
    »Aha.« Der Aufruf durchschnitt die Luft. »An welcher und weshalb, wenn ich fragen darf?« Er klang amüsiert, als hätte er diesen Verlauf der Unterhaltung vorhergesehen.
    »Weshalb? Ganz einfach. Weil sie mir gehört und mir gestohlen wurde.«
    Ein wissendes Schmunzeln huschte über sein Gesicht. »Wer war der Dieb?«
    »Ein gewisser Mentiri.«
    »Oh, der Name gefällt mir. Was hat er an sich gebracht?«
    »Eine Familienchronik«, entgegnete Bernina, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    »Liebend gern hätte ich eine Familie gehabt – leider bin ich zu einem Leben in Einsamkeit verdammt.«
    »Sie weichen mir aus.«
    »Tue ich das?« Er senkte kurz den Blick. »Mentiri ist ein lateinisches Wort, meine Liebe. Es steht für lügen, belügen. Harmloser ausgedrückt, für flunkern.«
    »Es überrascht mich keineswegs, dass dieser Mann einen falschen Namen verwendet. Und noch weniger würde es mich überraschen, wenn Sie wüssten, von wem wir gerade sprechen.«
    »In der Tat, von einem gewissen Mentiri habe ich bereits gehört. Und zwar die tollsten Dinge. Aber wo er sich aufhalten mag – das kann ich nicht sagen.«
    Diese Unterhaltung war wie ein Spiel unter Kindern. Bernina versuchte, von Mollenhauer zu greifen, doch er entwischte ihr jedes Mal.
    Sie sah ihn lange an. »Aus welchem Grund zeigen Sie mir Ihre Welt? Nur weil ich Mut habe, wie Sie es vorhin nannten?«
    Ein

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