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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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natürliche Motivation löst sich auf im Säurebad der Belohnung.
    Denken Sie an Ihre eigene Geschichte: die anfängliche Begeisterung in Ihrem neuen Job. Das Geld war nicht so wichtig. Der Spaß an der Sache überwog. Sie wollten etwas bewegen, Ihre Fähigkeiten einbringen, spannende Aufgaben lösen. Bald aber merkten Sie: Ihr Engagement erzeugt nicht nur positive Reaktionen. Anerkennung gibt es weniger für das, was Ihnen wichtig ist, sondern eher für Wohlverhalten und die möglichst geschmeidige Anpassung an die Meinung des Vorgesetzten – also dafür, dass Sie das tun, was andere |100| für richtig halten. Als Ausgleich gibt es dann ab und zu eine kleine Gehaltserhöhung, eine Prämie, ein Schulterklopfen.
    Es wurde mit der Zeit immer langweiliger. Die Frage lautete bald nicht mehr: »Was muss ich tun, um Spaß zu haben oder den größten Nutzen zu stiften?«, sondern: »Was muss ich tun, um die größtmögliche Belohnung zu erhalten?« Die Sache selbst, das konkrete Handeln, der Prozess des Arbeitens, aber mehr noch die Wertigkeit des Geleisteten werden gleichsam »übersprungen« mit Blick auf die winkende Belohnung. Das ist der Grund, warum so viele Menschen dem Satz »Ich arbeite, um zu leben!« zustimmen und damit ihr
eigentliches
Leben erst um 17 Uhr beginnen lassen. Das ist auch der Grund, warum so viele Kinder unter Versagensangst leiden und die Schule als Stress erleben.
    Warum untergraben Belohnungen unseren Spaß, unser Interesse an der Sache selbst? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist es wichtig, sich die
versteckten Botschaften
anzuschauen, die in den Belohnungen stecken. Wenn uns jemand belohnt, sagt er uns damit: »Du hast etwas getan, das
ich
will.« Sonst hätte er uns nicht belohnt. Deshalb muss er uns jetzt entschädigen. Im Regelfall ist das mit der unausgesprochenen Aufforderung: »Weiter so!« verbunden. Je mehr uns also jemand belohnt, desto mehr betont er unsere Fremdbestimmung. Und wer sich belohnen lässt, bestätigt die Fremdbestimmung: »Ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was
du
willst.«
    Wie oft haben wir unseren Kindern versprochen, am nächsten Tag die Videokassette mit Benjamin Blümchen anzuschauen, wenn sie jetzt brav sind. Der Effekt ist bei Kindern derselbe wie bei Erwachsenen – auch wenn die Belohnungen anderer Art sind und die Art der Fremdsteuerung einmal direkter und ein anderes Mal subtiler ist: Wir erleben damit |101| unbewusst Fremdkontrolle. Wir erleben uns als Erfüllungsgehilfen fremder Absichten, als Diener der Interessen anderer. Das gleicht dem Prostitutionseffekt: Wir lassen uns entschädigen für etwas, das wir eigentlich nicht wollen, aber gegen Bezahlung tun: »Der Job ist blöd, aber ich brauche die Kohle!« Wir erleben uns dabei immer weniger als selbstgesteuert und immer mehr als fremdbestimmt. Wir denken nicht mehr an unser Handeln, sondern nur noch an das, was
danach
kommt: die Belohnung, die Freizeit, die Rente.
    Wichtig ist: So richtig glücklich sind wir dabei nicht. Wir erleben uns einem Zwang ausgesetzt. (»Wie geht’s?« »Man muss halt.«) Wir würden lieber diese fremdbestimmte Situation meiden. Wenn unsere Flucht nicht so unangenehme Folgen hätte, würden wir fliehen.
    Eine weitere versteckte Botschaft verstärkt den Effekt: Jedes Mittel zu einem anderen Zweck ist eigentlich – für sich genommen – nichts wert. Wenn etwas lediglich zur Voraussetzung für etwas anderes dient, gilt es selbst nicht als erstrebenswert. »Tu dies, dann bekommst du das« entwertet automatisch »dies«. Der Empfänger einer Belohnung muss also annehmen: »Wenn der andere glaubt, mich belohnen zu müssen, dann muss etwas faul an der Sache sein.« Eine Belohnung in Aussicht zu stellen weist also darauf hin, dass es sich nicht lohnt, die Sache um ihrer selbst willen zu tun. Folgerichtig bezahlt man gleichsam eine Schmutzzulage.
    Alle psychologischen Studien bestätigen: Je höher der materielle Anreiz, desto negativer ist die Meinung der Menschen über die erforderliche Tätigkeit. Und je mehr wir eine Belohnung begehren, desto geringer schätzen wir selbst die Tätigkeit, die zu ihrer Erlangung notwendig ist. Wenn also Eltern ihren Kindern sagen: »Mach deine Mathe-Hausaufgaben, dann darfst du heute länger fernsehen«, dann vermitteln |102| sie ihren Kindern, dass Mathe-Hausaufgaben etwas sind, was keine Freude machen kann und ohnehin völlig sinnlos ist.
    Belohnungen ersetzen uns also den Spaß an der Sache durch den Spaß an der

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