Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
Vom Netzwerk:
negativ. Es nagt an uns der Zweifel, ob wir es überhaupt verdienen. Wir sorgen uns darüber, was von uns erwartet wird – vor allem bei Eltern, Lehrern und Chefs, die Anerkennung gezielt einsetzen, um uns anzuspornen. Wir setzen uns selbst unter Druck mit dem Gedanken, ob wir die wertschätzende Erwartung anderer erfüllen können. Insbesondere bei Menschen, die vor allem Misserfolge vermeiden wollen, wächst dadurch die Angst, dem Anspruch nicht gerecht werden zu können. Angesichts hoher Erwartungen verkrampfen viele und gehen in Deckung. Die angestrebte Wirkung ist dahin.
    Gelobt ist man beschämt. Weil man sich ausgestellt sieht. Weil Scham das Gefühl peinlich empfundener Ungleichheit ist, dem man nicht gewachsen ist. In der Tat: Lob beschämt.

Kalte Nesselfetzen
    Warum sind wir für Lob dennoch so anfällig? Warum kratzen so viele von uns aus allen Ritzen Applaus? Warum kaufen sich so viele Menschen mit Geld, das sie nicht haben, Dinge, die |127| sie nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen? Warum statten sich so viele Menschen mit Ego-Prothesen aus, die allesamt schreien: »Seht her, wie toll ich bin!«?
    Die Antwort ist wohl in unserer frühesten Kindheit zu suchen. Im Regelfall werden wir in eine Atmosphäre der
unbedingten
Liebe hineingeboren. »Unbedingt« heißt: Diese Liebe war nicht an die Bedingung einer Vorleistung geknüpft. Insbesondere die Mutter als erste und wichtigste Bezugsperson umfängt uns mit bedingungsloser Fürsorge. Alles, was wir brauchen, ist da. Unsere Bedürfnisse sind vollständig befriedigt: Essen und Trinken für den Körper; Liebe, Wärme und Zärtlichkeit für die Seele. Noch einmal: Diese Fürsorge ist nicht an Bedingungen geknüpft. Sie steht selbstverständlich und fraglos zur Verfügung. Weil wir »da« sind. Wir müssen dafür nichts leisten. Und unser Ur-Vertrauen ist grenzenlos.
    Eines Tages beginnen sich die Dinge zu verändern. Die Eltern glauben, es sei jetzt an der Zeit, mit einem Prozess zu beginnen, den man gemeinhin »Erziehung« nennt. Dieser Prozess beginnt – nach einer gewissen »Schonzeit« – bei einer Gelegenheit, in der das Kind irgendetwas tut, was den Eltern nicht gefällt. Sie haben aus ihrer eigenen Erziehung gewisse Vorstellungen, wie sich das Kind verhalten
sollte
, das heißt, sie vergleichen das konkrete, natürliche Verhalten des Kindes mit einem »Idealwert«. Sie bemerken eine Abweichung und stellen die bekannte Frage: »Wie schaffen wir es, dass das Kind tut, was wir für richtig halten?« Dahinter steckt nur selten blanke Willkür; zumeist will man auch für das Kind das Beste, weil man ja immerhin die Aufgabe hat, das Kind zu einem gesellschaftsfähigen Menschen zu machen.
    Die Antwort auf die obige Frage, die uns in unzähligen Erziehungsbüchern gegeben wird, heißt: belohnen und bestrafen. Die Eltern beginnen jenen Dressurakt, der letztlich |128| zurückzuführen ist auf »Tu dies, dann bekommst du das«. Die Befriedigung der kindlichen Bedürfnisse wird nun an bestimmte
Bedingungen
geknüpft: Wenn das Kind brav und artig ist, dann bekommt es als Belohnung eine Süßigkeit, ein kleines Geschenk, ein Lächeln. Wenn es nicht folgsam ist, wird mit Liebesentzug reagiert: ärgerliches Gesicht, laute Stimme, unsensibles, hartes Anfassen bis hin zu dem berühmten »Klaps auf den Hintern«. Das Kind kann nicht verstehen, wieso sein natürliches Verhalten plötzlich nicht mehr in Ordnung ist und nicht mehr die bekannte positive Reaktion erzeugt. Das Ur-Vertrauen wird brüchig. Aber es lernt sehr schnell, wie die Wenn-dann-Mechanik funktioniert. Es spürt, dass Liebe und Wärme nicht mehr selbstverständlich zur Verfügung stehen, sondern dass es sich jetzt die Zuwendung der Eltern durch Verhaltensänderung »erkaufen« muss. Es erfährt die Liebe mehr und mehr als
bedingte
Liebe, für die es Voraussetzungen erfüllen muss.
    Wenn wir auf Lob aus sind, neigen wir dazu, alles das in unserem Persönlichkeitsprofil zu löschen, was keine Anerkennung findet. Bis wir nur noch das hören, was wir hören wollen. Diese Erfahrung begleitet uns bis ins Erwachsenenleben. In sehnsüchtiger Erinnerung wünschen wir uns jenen Zustand vollständiger Bedürfnisbefriedigung zurück. Wir wollen Liebe bedingungslos; aber wir bekommen sie nur bedingt. Wir wollen unbedingt angenommen werden, aber der andere will uns nur annehmen, wenn wir bestimmte Bedingungen erfüllen. Er will, dass wir uns entsprechend seinen Vorstellungen verhalten. Wenn wir

Weitere Kostenlose Bücher