Die Entscheidung liegt bei dir!
»Die Großen sind nicht durch sich selbst groß, sondern durch die andern, durch alle die, denen es ein Entzücken bereitet, sie als groß zu erklären. Durch vieler Leute Würdelosigkeit entsteht diese eine überragende Ehre und Würde. Durch vieler Leute Kleinheit und Feigheit entsteht diese auf einem Punkt aufgehäufte Summe von Größe und durch vieler Leute Verzicht auf Macht diese gewaltige Macht. Ohne Gehorsam ist der Befehlshaber und ohne Diener ist der Herr nicht möglich.«
Erwachsene, die sich an Vorbildern orientieren, bleiben beständig zweite Sieger. Sie verharren letztlich in einem pubertären Zustand, der ihre Möglichkeiten ungenutzt lässt. Sie gehen nicht ihren eigenen Weg, sondern den schon gegangenen. Sie leben nicht ihr eigenes Leben, sondern ein abgeleitetes. Ihre Individualität (lat. »individuus« = ungeteilt) ist nur Schein. Denn das Vorbildliche ist nicht das Individuelle, sondern das Verallgemeinerbare. Die vereinfachende Personifizierung eines Prinzips. Damit bleiben sie immer weit hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurück. Wirklich wertvoll sind nur Originale – niemals Kopien.
»Nimm dir mal ein Beispiel an …« – haben Sie das auch schon mal gehört, wenn andere meinten, mit Ihnen sei etwas nicht in Ordnung? Jeder Mensch ist einmalig – auch wenn Sie sich selbst vielleicht manchmal nicht gefallen. Deshalb ist das fremde Beispiel immer das falsche Beispiel. Was für den einen richtig ist, trifft für Sie noch lange nicht zu. Nichts auf der Welt ist erfolgreicher als das Einmalige. Nicht die Frau mit den austauschbaren Zügen bricht die Männerherzen, sondern |144| die Frau mit der unverwechselbaren Ausstrahlung. Nicht diejenige ist erfolgreich im Beruf, die das kann, was auch die anderen können, sondern diejenige, die leistet, was nur sie zu leisten vermag.
Das kann für den Einzelnen nur heißen: Sei du selbst, unverwechselbar, einzigartig. Tu nur das, was du absolut erstklassig kannst, wo dein Talent wie eine Sonne leuchtet. Unterlasse alles, worin du nur zweitklassig bist. Heraus aus dem Mainstream! Von Me-too-Produkten haben wir überall genug. Erfolg ist immer so einmalig wie der Mensch, der ihn anstrebt.
Hannemann, geh du voran!
Als ich ein kleiner Junge war, begründete ich meine Wünsche oft mit den Worten: »Die anderen machen das auch!« Darauf antwortete mein Vater regelmäßig: »Wenn die anderen von der Brücke springen, springst du dann auch?« Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss ich allerdings anfügen, dass die Orientierung an anderen nur für jene Fälle abgelehnt wurde, die aus der Sicht meines Vaters negativ zu beurteilen waren. Im positiven Fall hieß es dann schon mal: »Schau, wie gut der Sohn von Müllers in der Schule ist!« Das eine ist aber nicht ohne das andere zu haben. Wenn »die anderen« zur Leitidee werden, liefere ich mich ihnen aus: im Guten wie im Schlechten. Denn wer von positiven Vorbildern abhängt, hängt auch von negativen ab. Pech gehabt, dass er ausgerechnet den Scientologen, den Rechtsradikalen, den Drogenjunkies in die Hände fallen musste! Was diese Haltung für das Gemeinwesen bedeutet, zeigt der gewohnheitsmäßige Verweis auf den |145| Nachbarn, der sich ja auch nicht an die Vereinbarung hält. Ein anderes Beispiel: die »Alle machen es!«-Entschuldigung, wenn jemand der Bestechlichkeit überführt wurde. Oder: »Wenn der sich nicht an die Höchstgeschwindigkeit hält, muss ich es auch nicht tun.«
Im Grunde aber ist dies des Pudels Kern: Die Forderung nach dem Vorbild entlarvt das Nicht-verantwortlich-sein-Wollen. Das Motto: »Hannemann, geh du voran!« Bedenkliche Wirksamkeiten: Der Vorbild-Betrachter übernimmt nie Verantwortung! Er bleibt abhängig von der Vorgabe des anderen, ob nun im Positiven oder im Negativen. »Ich mache es, nicht weil ich es für richtig halte, sondern weil er es vormacht.« Oder: »Ich mache es nicht, wenn der andere es auch nicht macht.« Man hört diese Einstellung auch bei jenen, die sonst pikiert Wert auf ihre Eigenständigkeit legen: »Sollen die Politiker das erst mal vorleben!«
Erst muss sich der andere ändern, bevor ich überhaupt an mich denke. Aktiv werde ich nur beim Abwarten. Vorbilder erschaffen mithin – oft unbeabsichtigt – Abhängigkeit und mangelnde Zuständigkeit beziehungsweise Menschen, die ihr
Ich-Zentrum nach außerhalb
verlegt haben. »Nachmachen!« denunziert die Einzelnen zu lebenden Imitaten, die anders offensichtlich nicht zu mobilisieren sind. Gehören Sie
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