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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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der am Samstag in der F-Jugend mit drei Toren seine Mannschaft zum Sieg schießt. Der Familienvater blickt einige Stunden später sehnsuchtsvoll dem Junggesellen hinterher, der ins Saturday-Night-Fever der Großstadt eintaucht. Dass der Sohn bisweilen eine Nervensäge ist und den Vater gerade am Wochenende als Taxifahrer missbraucht, blendet der Junggeselle aus. Im Gegenzug übersieht der Familienvater, dass nicht an jedem Samstag eine Königin der Nacht wartet und oft schon am Sonntagmorgen wieder die Einsamkeit in die Junggesellenwohnung kriecht.
    Sehr verbreitet ist der Anspruch, alles auf einmal haben zu wollen, den Preis aber nicht zahlen zu müssen. »Ich will alles!«, »Wäre doch schön, wenn noch …«, »Es ist ja eigentlich schade, dass nicht …«: hohes Tagespensum und ungestörter Mittagsschlaf, Urlaub in den Bergen und dennoch Meeresblick, Übernahme des elterlichen Geschäfts und Medizinstudium, Heirat mit Robert und Jawort an Uwe, eine faszinierende Frau als Ehefrau, Hausfrau, Mutter, Geliebte, Hure und Heilige. Viel Energie wird dann investiert in Fantasien über die abgewählten Möglichkeiten, über das nicht gelebte Leben. Der Stoßseufzer des Dramatikers Christian Grabbe mag beispielhaft dafür stehen: »Nur einmal auf der Welt, und dann als Klempner in Detmold!«
    Was das Wählen so schwer macht, ist der
Verzicht
auf die abgewählte Möglichkeit. Das ist die allen bekannte Situation der Entscheidungsneurose: Soll ich den Job in Hamburg oder den Job in München wählen? Soll ich mich für diesen oder jenen Partner entscheiden? Soll ich im Urlaub an die See oder in die Berge fahren? Soll ich mir die größere Anschaffung jetzt erlauben oder das Geld lieber sparen?
    |200| Wählen bedeutet: Eine Tür ist zu! Oft wehrt man sich gegen den Verlust der abgewählten Alternative, indem die abgewählte Seite (die bekannten sauren Trauben) herabgesetzt wird: »Das wäre es sowieso nicht gewesen!«, »Wer weiß, was mich da erwartet hätte!« Ein solches Handeln ist kein echtes Wählen. So schwächen sich viele beruflich aktive Frauen selbst, indem sie andere Frauen abwerten, die »nur« Hausfrauen sind. Erst wenn wir die Alternative würdigen und uns dann in klarer Sicht zweier ernst zu nehmender Möglichkeiten für den einen Weg entscheiden, dann hat eine Entscheidung Kraft und Würde.
    Der österreichische Psychotherapeut Bert Hellinger schreibt dazu: »Verachten sie [die Menschen, R. S.] das nicht Verwirklichte, nimmt dieses von dem, was sie wählten, etwas weg. Es wird weniger. Würdigen sie das nicht Verwirklichte, obwohl sie es nicht wählen, dann fügen sie dem, was sie gewählt haben, etwas hinzu.« Es ist praktisch, so zu denken: Erst wenn wir beide Alternativen würdigen, hat eine Wahl Kraft. Sonst ist es keine Wahl, sondern Flucht. Wenn wir den Preis bejahen fügen wir dem, wofür wir uns entschieden haben, etwas Wertvolles hinzu.
    Opfer bringen heißt nicht
    Opfer sein.
    Kerstin N. hatte nach einigen enttäuschenden Erfahrungen endlich ihren »Traummann« gefunden. Attraktiv, gebildet, liebevoll. Nach der Heirat stand die Kinderfrage an. Ihr tief empfundener Kinderwunsch traf bei ihrem Partner auf keine Gegenliebe, was sie in ein tiefes Dilemma brachte: Wer trug für diese Situation die Verantwortung? Sollte sie ihren Mann beschuldigen oder zu ihrer Wahl stehen? Sie entschied sich für Letzteres: für ihren Mann und gegen ihren Kinderwunsch – zunächst nicht ohne |201| Wehmut, dann jedoch sehr entschieden. Sie hatte neu gewählt – mit klarem Blick für das, was an ihrem Ideal fehlte.
    Natürlich wünschen wir immer mehr als stattfindet. Viele Rechnungen bleiben offen. Wir produzieren zum Beispiel ständig idealisierte Erwartungen, die wir unserer gesamten Umwelt überstülpen – unserem Partner, unseren Freunden, den Kindern, Politikern, dem Urlaubsort, dem Wetter. Und wir erwarten dann mehr oder weniger heimlich, dass die anderen sich nach unseren Idealen richten. Tun sie aber nicht. Sie sind nicht so perfekt, wie wir sie gerne hätten. Sie leben ihr eigenes Leben. Unsere Ansprüche sind für sie nur einige unter vielen. Dafür bestrafen wir sie dann mit Liebesentzug. Heimlich rächen wir uns dafür, dass sie nicht so sind, wie wir sie gerne haben möchten. Die Aufmerksamkeit kreist um die unerfüllte Erwartung. So machen Familienforscher in erster Linie überhöhte Erwartungen dafür verantwortlich, dass mehr Ehen denn je zerbrechen. Die Menschen wollen ein Maximum an Glück in einer

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