Die Entscheidung
nie sonderlich gut zu sprechen gewesen. Seitdem sie ihn und Swana als Kinder einfach zurückgelassen hatte, hatten sie beide sich immer ausgemalt, dass ihre Mutter eine verzauberte Prinzessin sei, die von einem bösen König entführt worden war. Doch zehn Jahre später hatte er feststellen müssen, dass sie eine ganz gewöhnliche Frau war, die einfach nicht den Mumm gehabt hatte, ihren Kindern beizustehen, als sie es am dringendsten benötigten.
Die Tatsache, dass viele andere Frauen aus dem Dorf sich genauso verhielten wie Viktoria, machte das Ganze für Einar nicht besser.
„Was willst du hier?“, fragte er seine Mutter unwirsch.
„Einar. Hör zu. Wir haben nicht viel Zeit und ich brauche deine Hilfe.“
„Meine Hilfe. Du wagst es tatsächlich, mich um Hilfe zu bitten?“
Viktoria ignorierte diesen Seitenhieb und sah Einar flehentlich an.
„Hierbei geht es nicht um mich, mein Sohn. Wenn ich nicht mehr da wäre … würdest du dich dann um deinen Bruder Janish kümmern?“
„Was soll das? Was …?“
„Würdest du?“
„Natürlich würde ich das. Er ist schließlich mein Bruder.“
„Gut. Und wenn es einen Weg gäbe, um Mady vor dem Dämon zu retten … würdest du ihn dann begehen?“
Einar antwortete nicht, sondern stand auf und drückte seine Zigarette ganz aus. Dann ging er zu dem Waschbecken in seinem Zimmer, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Er würde einen kühlen Kopf brauchen. Das merkte er jetzt schon.
„Was soll ich tun?“, fragte er dann und Viktoria lächelte.
Kapitel 7
Das Gasthaus
Als sie Stunden später endlich den Parkplatz zu den Wanderwegen erreicht hatten, war es bereits dunkel. Die ersten Sterne leuchteten am Himmel und der Mond ging langsam auf. Darreks Mut sank.
Sie hatten viel länger gebraucht als erwartet und nun war es zu spät, um noch loszulaufen. Es wäre Wahnsinn, bei Vollmond nur zu zweit durch die Berge zu wandern, wenn man wusste, dass Wilde in der Nähe waren. Vor allem, da sie nicht sicher sein konnten, wie viele Wilde es gab. Es hatte keinen Sinn. Was immer es war, das Darrek zur Eile angetrieben hatte, es würde warten müssen. Er würde nicht sein Leben aufs Spiel setzen, um das Dorf vor Vollmond zu erreichen. Und das Leben von Laney erst recht nicht.
Entschlossen wendete er und fuhr ein paar Kilometer zurück, bis zu einem kleinen Dorf, an dem sie kurz zuvor vorbeigefahren waren. Er hatte von dessen Namen noch niemals zuvor gehört, aber dort gab es einen kleinen Gasthof, den Darrek ohne zu zögern ansteuerte.
„Wir werden heute Nacht hier bleiben“, bestimmte Darrek ohne weitere Erklärung und öffnete die Fahrertür.
„In Ordnung“, gab Laney zurück und versuchte ihre Erleichterung nicht all zu offen zu zeigen.
Sie waren seit vielen Stunden unterwegs und obwohl sie nicht selber gefahren war, war sie müde und erschöpft. Voller Freude auf ein Bett schwang sie sich aus dem Auto und betrachtete die Gaststätte. Das Gebäude war aus dunklem Stein und schien noch aus dem letzten Jahrhundert zu stammen. Das Dach war etwas windschief und die Fensterrahmen konnten auch dringend mal wieder einen Anstrich brauchen. Na, das konnte ja lustig werden.
Darrek schenkte dem Gebäude keinerlei Beachtung, sondern ging einfach hinein, sodass Laney nichts anderes übrig blieb, als ihren Rucksack zu schnappen und ihm zu folgen.
„Einen wunderschönen guten Abend“, begrüßte sie eine rothaarige pummelige Wirtin mit einem Tablett voll Bier in der Hand. „Einen Augenblick bitte. Ich bin gleich bei Ihnen.“
Laney beobachtete, wie sie sich geschickt zwischen den Stühlen durchschlängelte, um die Bestellung zu verteilen. Es war erstaunlich voll. Vermutlich war dies die einzige Gaststätte im ganzen Dorf und die Männer hatten keine andere Möglichkeit, um mal von zu Hause weg zu kommen. Die Tatsache, dass sich kaum Frauen in der Gaststätte aufhielten, bestätigte Laney noch in ihrem Eindruck.
„So“, sagte die Wirtin, als sie den Weg wieder zurück geschafft hatte. „Was kann ich für Sie tun? Man sieht um diese Jahreszeit so selten fremde Gesichter hier, da ist es schon ein wahres Wunder, dass Sie sich hierher verirrt haben.“
Laney lächelte der älteren Frau zu, doch Darrek verzog keine Miene. Es war eindeutig, dass die Anstrengung an ihm zehrte und ihn sein Versagen frustrierte. Er hatte auch schon lange kein Blut mehr getrunken und der Hunger war ihm deutlich anzusehen.
„Wir brauchen Zimmer“, verkündete Darrek brüsk. „Und
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