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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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teilen. Und dennoch hatte sie ein schlechtes Gewissen, als der Rat Einar abführte, um seine Strafe auszuführen. Es war doch schließlich ihr Baby, um das es ging.
    Privatweg. Kein Durchgang.
    Das Schild stand mitten auf einer Kreuzung und ließ den Wanderern somit nur einen möglichen Weg und der führte nach Westen. Sie wollten jedoch nach Osten, und weiter in die Berge.
    „Ich hätte etwas anderes erwartet“, gab Laney zu.
    „Ach ja? Was denn?“
    „Ich weiß nicht. Ein richtiges Warnschild. ‚Vorsicht. Lebensgefahr. Blutrünstige Monster‘ oder so etwas in der Art.“
    „Das macht die Menschen eher noch neugieriger. So gehen die meisten davon aus, am Ende dieses Weges würde sich ein Privathaus befinden, und halten sich lieber an die offiziellen Wege.“
    Laney nickte. Darrek hatte natürlich recht, aber trotzdem fand sie das Schild wenig beeindruckend. Sie passierten die Stelle und gingen schweigend weiter. Es war bereits nach Mittag und so langsam zog sich der Himmel zu. Vor einigen Stunden war es noch schwer gewesen sich vorzustellen, dass es ein Gewitter geben sollte, doch jetzt wurde es immer wahrscheinlicher.
    Jenseits der offiziellen Wege ging es beschwerlicher voran. Der Trampelpfad war häufig kaum zwischen den Blättern am Boden auszumachen. Bäume und Büsche versperrten immer wieder den Durchgang, sodass sie sich den Weg erst erkämpfen mussten. Man merkte, dass hier selten jemand entlang lief, denn abgesehen von ein paar vereinzelten Fußspuren gab es kein Anzeichen auf Menschen oder Vampire.
    „Was meinst du, wer das wohl war?“, fragte Laney neugierig, als sie wiederholt den Abdruck eines Turnschuhs entdeckten.
    „Auf jeden Fall kein Vampir“, stellte Darrek fest.
    Laney warf ihm überrascht einen Seitenblick zu.
    „Wie kommst du darauf?“
    „Riechst du das etwa nicht? Komm mal näher, Prinzessin.“
    Laney verdrehte die Augen, kam seiner Aufforderung aber ohne zu zögern nach. Sie näherte sich den Fußspuren und sog tief die Luft ein. Es roch nach feuchter Erde, Blättern und Blumen. Menschengeruch konnte sie jedoch nicht wahrnehmen.
    „Du hattest es wirklich nie nötig zu jagen, oder?“, fragte Darrek verächtlich. „Und dabei bin ich der Ältestensohn von uns beiden.“
    „Nun. Wie ich bereits erfahren habe, ist es kein Zuckerschlecken, bei den Ältesten aufzuwachsen.“
    „Nein. Das ist es allerdings nicht.“
    Darrek stand auf.
    „Es ist eindeutig ein Mensch gewesen, der hier entlang gelaufen ist. Ich vermute mal, du kannst es nicht riechen, weil du so lange unter Menschen gelebt hast. Du bist sozusagen immun geworden gegen ihren verlockenden Duft.“
    „Tu nicht so, als wäre das etwas Schlechtes. Ich kann einem Menschen die Wunden vernähen, ohne dabei die Lust zu verspüren, ihm an die Kehle zu fallen.“
    „Hm.“
    „Was hm?“
    „Ich überlege gerade, welchen Beruf du ausüben würdest, wenn du ein Mensch wärest. Tierärztin trifft es nicht ganz. Nein. Wahrscheinlich wärest du eine magersüchtige Köchin, die sich einredet, das Essen nicht probieren zu müssen, weil sie einfach keinen Hunger verspürt.“
    Laney warf Darrek einen bösen Blick zu.
    „Was ist so schlimm daran, Menschen als wertvolle Lebewesen anzusehen?“
    „Schlimm? Nichts. Es ist nur einfach … unnatürlich. Ja. Unnatürlich trifft es gut.“
    Laney gab auf. Es war sinnlos, mit Darrek über Menschen reden zu wollen. Sie konnte sich wahrscheinlich glücklich schätzen, dass er auf der bisherigen Reise noch nicht versucht hatte, jemanden umzubringen. Mehr von ihm zu erwarten, war wohl illusorisch.
    „Was meinst du, wann der Mensch hier vorbei gekommen ist?“, fragte sie daher. „Glaubst du, wir werden ihm noch begegnen?“
    „Nein. Das ist sicher schon ein paar Tage her. Mindestens zwei.“
    „Zwei? Aber die Spuren führen nur in eine Richtung.“
    „Ja. Das bedeutet entweder, dass er einen anderen Weg zurückgenommen hat …“
    „Oder? Nach einem ‚Entweder‘ folgt doch immer ein ‚Oder‘.“
    Darrek tippte sich mit dem Finger an einen seiner Vampirzähne und warf Laney einen vielsagenden Blick zu. Ihr stockte der Atem. Für den Menschen konnte sie nur hoffen, dass es in diesem Falle doch kein Oder gegeben hatte.
    George war hungrig. Er wurde zwar mit dem Nötigsten versorgt und bekam Wasser und eine zähe Masse, die an Haferbrei erinnerte. Aber das reichte bei Weitem nicht, um ihn bei Kräften zu halten. Sein Magen knurrte und er fragte sich, ob die Wesen oben es wohl hören

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