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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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Kind, das genau in diesem Moment anfing, im Schlaf zu gurren, und sein Herz zog sich zusammen. Nein. Einar hatte recht. Er würde es nicht über sich bringen, das Baby zu verletzen. Aber er konnte doch auch nicht einfach zusehen, wie Einar und das Kind das Erdloch wieder ohne ihn verließen.
    Doch bevor er einen neuen Plan schmieden konnte, kam von oben eine junge Frau in das Loch gehüpft. Sie hatte zerzaustes rotbraunes Haar und ein nichtssagendes Gesicht. Aber ihre Augen waren von einer unsagbaren Traurigkeit, die sich nicht in Worte fassen ließ. Sie musste denken, ihr Baby wäre tot, schoss es George durch den Kopf.
    „Warum dauert das denn so lange, Bróðir ?“, fragte das Mädchen. „Was ist es denn, was du mir zeigen …“
    In diesem Moment erblickte sie das Baby in Georges Armen und schlug die Hände vor den Mund.
    „Gütiger …“, brachte sie hervor.
    George konnte gar nicht so schnell reagieren, wie die junge Frau bei ihm war. Ehe er sich versah, hatte sie ihm das Baby aus den Händen gerissen und sich weinend neben ihn auf den Boden gekauert.
    „Du lebst, Elska“, flüsterte sie immer wieder zärtlich. „Du lebst.“
    Als das Baby ebenfalls anfing zu weinen, beugte Einar sich zu seiner Schwester hinunter und legte ihr eine Hand auf den Rücken.
    „Es geht ihr gut, Systir“, sagte er beruhigend. „Ich habe sie bei dem Menschen versteckt. Der Dämon hat ihr kein Haar gekrümmt.“
    Swana küsste das Gesicht ihres Kindes und drückte es noch näher an sich, bis Mady sich wieder ein wenig beruhigt hatte. Minutenlang konnte George die beiden einfach nur anstarren und wünschte sich auf einmal, seine Mutter wäre auch hier und würde ihn aus diesem Albtraum befreien, so wie Swana Mady befreite. Schließlich richtete Swana sich wieder auf.
    „Wie heißt du, Mensch?“, fragte sie und nahm George genau unter die Lupe.
    „G… George“, brachte er stockend hervor.
    „Danke, George“, flüsterte Swana und drückte seine Hand. „Danke, dass du auf mein Baby aufgepasst hast. Das werde ich dir nie vergessen.“
    George brachte nur ein Nicken zustande. Sie war ihm dankbar. Na wunderbar. Das brachte ihm nur leider nicht viel. Als er sah, wie das fremde Mädchen ihr Baby an sich drückte, überkam ihn der Neid. Es erschien ihm ungerecht, dass Mady nun wieder ans Oberlicht zurückkehren würde, wo sie geliebt und umsorgt wurde, während er selber weiter in diesem Loch versauern musste. Er hatte sich tatsächlich besser gefühlt, solange das Baby bei ihm gewesen war.
    Einar half seiner Schwester, mit dem Baby aus dem Erdloch zu kommen, und drehte sich dann noch einmal zu George um.
    „Ich bin dir auch Dank schuldig“, sagte er. „Es war sehr mutig, was du getan hast. Und ich will, dass du weißt, dass du Mady gestern das Leben gerettet hast. Leider … wird das an deinem eigenen Schicksal aber nichts ändern. Ich weiß nicht, was es dir wert ist, aber weder Swana noch ich werden dir in Zukunft ein Leid zufügen oder von deinem Blut trinken. Und ich werde dafür sorgen, dass mein kleiner Bruder und seine Freunde dich in Zukunft nicht mehr behelligen. Mehr werde ich aber leider nicht für dich tun können.“
    Dann verschwand er nach oben und verschloss das Gitter wieder, das George von der Freiheit trennte.

Kapitel 10
Das Unwetter
    Islands Berge waren beeindruckend. Laney war niemals zuvor in dem Land gewesen und das abwechslungsreiche Gelände faszinierte sie. Die Bäume waren zwar winzig, aber es gab eine Vielzahl an Flechten und Moosen, die sehr schön anzusehen waren. Und dann waren da noch die Flüsse und Felsen. Das Land war geprägt von großen Seen, verzweigten Bächen und interessanten Felsformationen. Vor allem die Wasserfälle und die Vulkane fand Laney überaus beeindruckend.
    Die Wanderwege gaben nur eine ungefähre Richtung vor. Ohne die Hinweisschilder, die ab und zu in der Wildnis auftauchten, wäre es für normale Wanderer sicherlich schwierig gewesen, die Orientierung zu behalten. Und auch Laney musste sich nach einigen Stunden eingestehen, dass es ihr schwerfallen würde, ohne einen Kompass den Weg zurück zum Auto zu finden.
    Aber sie vertraute blind auf Darrek, der sie mit störrischer Entschlossenheit immer weiter die Berge hinaufführte. Er schien genau zu wissen, wo er hinwollte, obwohl er immer wieder stehen bleiben musste, um sich zu orientieren. Laney vermutete, dass die Landschaft und die Wege sich in den siebzig Jahren seit seinem letzten Besuch sehr verändert haben

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