Die Entscheidung
ausstirbt.“
„Ja, weil die Menschen sich vermehren wie die Karnickel. Ich sag doch, sie sind nicht anders als Tiere.“
„Nein. Sie sind dabei uns zu verdrängen, weil sie anpassungsfähig sind. Weil sie ihre Lebensart ihrer Umgebung anpassen und sich nach jeder Katastrophe wieder aufrichten. Menschen sind faszinierende Geschöpfe, Darrek. Das siehst du nur nicht, weil du zu wenig Zeit unter ihnen verbracht hast.“
„Und du hast eindeutig zu viel Zeit unter ihnen verbracht. Vergiss nicht, weswegen wir hier sind, Laney. Wir wollen die Hilfe dieser Vampire hier. Ein Krieg steht bevor, in dem es um sehr viel mehr als nur einen einzelnen Menschen geht. Und es wird die Zeit kommen, in der du dich dazu entschließen musst, Opfer zu bringen. Dieser junge Mann im Nachbarzimmer wird sterben. Vielleicht nicht heute und vielleicht nicht morgen. Aber bald. Du kannst dich entweder damit abfinden oder dich deswegen grämen. Es wird jedoch nichts am Endergebnis ändern. Du kennst diesen Jungen doch noch nicht einmal, verdammt.“
Wütend stemmte Laney die Hände in die Hüften und funkelte Darrek an.
„Nun. Ich habe keine fünf Minuten dafür gebraucht, um festzustellen, dass er ein gutes Herz hat. Etwas, das man von dir nicht gerade behaupten kann.“
„Allerdings nicht“, sagte Darrek grimmig. „Mir ist dieser Mensch scheißegal, Laney. Versteh das doch endlich. Und wenn man mir von seinem Blut anbietet, dann werde ich gewiss nicht Nein sagen.“
Laney sog scharf die Luft ein und ging dann auf direktem Wege zur Tür.
„Wo willst du hin?“, rief Darrek ihr hinterher.
„Raus“, rief Laney im Gehen zurück. „In diesem Raum ist nicht genug Luft für uns beide.“
Mit diesen Worten schlug sie die Tür hinter sich zu und ließ Darrek in dem kalten Zimmer allein zurück.
Laney wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Sie hatte sich im Flur eine Jacke gegriffen, die nicht ihre war, und ihre schmerzenden Füße in Schuhe geschoben, die ihr ebenso wenig gehörten. Dann war sie hinaus in den Schnee gelaufen. Der Sturm hatte nachgelassen. Der Wind wehte nicht mehr so stark und die Wolken waren wieder heller geworden. Aber es schneite in einem fort.
Laney setzte sich auf dem Marktplatz auf den Rand des Brunnens und atmete tief die frische Luft ein.
„Bisschen kalt, um sich draußen aufzuhalten, oder?“
Laney hob den Blick und sah in die verschiedenfarbigen Augen von Einar. Swanas Bruder. Sie seufzte.
„Ich brauchte ziemlich dringend eine Abkühlung“, gab sie zu.
„Streit unter Liebenden?“
Laney warf Einar einen bösen Blick zu.
„Darrek und ich sind kein Paar“, stellte sie in scharfem Ton klar. „Er ist ein arroganter Rohling, mit keinem Funken Anstand im Leib.“
Einar hob entschuldigend die Hände und setzte sich neben sie.
„Ist ja gut“, sagte er. „Tut mir leid. Ich dachte nur … weil ihr zusammen gekommen seid und wie du dich um ihn gekümmert hast …“
„Ich bin Ärztin“, erklärte Laney. „Ich mag vielleicht kein Diplom haben, aber ich habe fast mein ganzes Leben Heilern bei der Arbeit geholfen. Wenn jemand verletzt ist, dann … ich kann es einfach nicht ertragen, jemanden leiden zu sehen. Selbst dann nicht, wenn es sich dabei um einen Widerling wie Darrek handelt.“
„Meine Urgroßmutter hält große Stücke auf ihn.“
„Johanna? Ja. Ich hatte gestern schon das Vergnügen, sie ein wenig näher kennenzulernen. Sie scheint ganz vernarrt in ihn zu sein.“
„Er ist ihr Bruder, weißt du?“
„Ja. Das hat sie mir erzählt. Unglaublich eigentlich.“
„Warum? Weil es bedeutet, dass sich jemand wie du mit jemandem wie mir eingelassen hat?“
Irritiert sah Laney ihn an.
„Was meinst du damit? Jemand wie du?“
Einar tippte an seine Augen.
„Na komm schon, Laney. Dir ist doch schon aufgefallen, dass ich dieses Heterodingsda habe. Hier in Island stört das keinen, aber bei euch wäre das doch ein eindeutiges Handicap. Ich kann mit dem einen Auge sogar schlechter sehen als mit dem anderen.“
Laney nickte. Leider war ein geschwächtes Augenlicht manchmal eine unwillkommene Begleiterscheinung von Heterochromie. Ein solches Merkmal wurde von den Ältesten in der Tat als wenig wünschenswert angesehen. Aber Laney empfand seine Augenfarbe ganz und gar nicht als Fehler der Natur. Es war viel eher etwas, das ihn von der Masse abhob. Aber was hatte das alles mit Darreks Eltern zu tun?
„Hatte Darreks Vater auch …“
„Solche Augen wie ich? Ja. Das hatte er. Und noch
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