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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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wird.‘“
    „Ach. Der war doch voll mit Klischees“, erwiderte Iolani.
    Sie war die Tochter von Anisia und galt als das hübscheste Mädchen des Dorfes. Und zwar durchaus zurecht. Sie hatte kurze braune Haare, ein herzförmiges Gesicht und wunderschöne rehbraune Augen mit einem hellen Kranz um die Iris.
    „Ich hab einen besseren“, sagte sie. „Ein Vampir kommt mit dem Auto in die Verkehrskontrolle. Der Polizist: ‚Haben Sie was getrunken?‘ Der Vampir: ‚Ja, zwei Radler!‘“
    Laney prustete los. Radler. Das war nun wirklich zu lustig.
    „Was ist mit dir, Laney?“, fragte Einar.
    „Nein, nein“, wiegelte sie ab. „Ich kenne keine Vampirwitze.“
    „Ach, komm schon“, drängte Swana. „Irgendeinen wirst du wohl kennen, oder?“
    „Na ja. Es ist nicht direkt ein Vampirwitz. Ich habe lange im Krankenhaus gearbeitet. Und da hat man sich gerne Folgendes erzählt: Stationsarzt zur jungen Schwester: ‚Haben Sie dem Patienten das Blut abgenommen?‘ Schwester: ‚Ja, aber mehr als sechs Liter habe ich nicht herausbekommen!‘“
    Die Gruppe brüllte vor Lachen.
    „Der war doch super“, sagte Einar grinsend und schenkte ihr noch einmal Kunstblut nach. „Scheinbar hast du verborgene Talente, die dir gar nicht bewusst waren.“
    Laney lächelte zufrieden zurück. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich unter so vielen Gleichaltrigen so wohl fühlen würde. Eigentlich hatte sie bisher kaum Kontakt zu anderen Jungvampiren gehabt. Vor allem nicht zu so vielen und so begabten.
    „Apropos Talente“, sagte sie. „Hat eigentlich wirklich jeder von euch eine Gabe?“
    Iolani zuckte mit den Schultern.
    „Einige Fähigkeiten sind vielleicht zu gewöhnlich, um sie als Gabe zu bezeichnen“, sagte sie und sah dabei Swana und einige anderen an. „Aber an sich ist das richtig. Jeder kann etwas, was wir anderen nicht können. Das haben wir den Anhängern der Ältesten definitiv voraus.“
    Aufgrund ihrer selbstgefälligen Miene konnte Laney nicht widerstehen.
    Ich habe schon eine Gabe , sagte sie lautlos und sandte den Gedanken an alle Jungvampire in der Gruppe. Ich benutze sie nur nicht so häufig bei Fremden, um sie nicht zu erschrecken.
    Einar lachte und Swana stimmte sofort mit ein, als sie Iolanis erstaunten Gesichtsausdruck sah.
    „Damit hättest du wohl nicht gerechnet, was Iolani?“, fragte Einar gut gelaunt. „Unser Gast hier ist ebenfalls begabt.“
    Laney lächelte zufrieden.
    „Jetzt kennt ihr also meine Gabe“, sagte sie. „Was könnt ihr denn so?“
    „Nun. Meine Gabe habe ich dir ja schon erklärt“, begann Einar. „Ich kann Erinnerungen löschen. Swana kann Träume manipulieren. Iolani ist gut in Hypnose. Olaf und Hilding“, er zeigte auf zwei gleich aussehende braunhaarige Jungen, „sind beide dazu imstande, innerhalb weniger Minuten eine neue Fremdsprache zu erlernen. Einzig und allein durch zuhören.“
    Einar nickte als Nächstes in Richtung eines langhaarigen Rotschopfs.
    „Aalissa kann wunderschön singen“, erklärte er. „Das mag dir nicht sonderlich toll erscheinen, aber warte, bis du sie singen hörst. Dann verstehst du, warum das eine Gabe ist. Das daneben ist Rixa. Sie würde man wohl im Zirkus als Schlangenmensch bezeichnen. Wenn sie denn ein Mensch wäre.“
    Mit großen Augen sah Laney das unscheinbare Mädchen an. Sie konnte nicht älter als vierzehn sein und hatte große dunkle Augen. Ihr aschblondes Haar war schulterlang und sie hatte ganz dünne Arme und Beine.
    „Zeig ihr mal, was du kannst, Rixa“, forderte Einar.
    Rixa verdrehte die Augen, machte dann aber trotzdem eine Rolle in die Mitte des Kreises. Dort legte sie ihre Beine über den Kopf und lief nur auf den Händen eine Runde. Laney nickte anerkennend, obwohl sie zugeben musste, dass sie Ähnliches tatsächlich schon im Zirkus gesehen hatte.
    „Sie ist nicht beeindruckt“, stellte Einar fest. „Mach den Tornado, Rixa. Komm schon.“
    Rixa schüttelte den Kopf.
    „Davon kriege ich immer Muskelkater“, sagte sie.
    Aber auch die anderen stachelten sie jetzt an und klatschten aufmunternd in die Hände.
    „Ach, komm schon, Rixa. Mach schon“, riefen sie solange, bis Rixa sich geschlagen gab.
    „Na fein“, sagte sie. „Dann muss aber jemand meine Füße festhalten.“
    Sie stand auf, streckte die Arme nach außen und schwang sie ein paar Mal hin und her. Dann wartete sie darauf, dass Einar und Iolani ihre Füße fixierten, und schwang in einer einzigen Bewegung nach links, bis sie wieder nach vorne

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