Die Entscheidung
Pfeile selbstständig ihre Richtung, schlugen einen Bogen und landeten alle an derselben Stelle im Baum, wie der erste Pfeil.
„Wow“, stieß Laney hervor. „Das … Wie …? Wow. Das ist ja der Wahnsinn.“
Grinsend nahm Tyr Laneys Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Handknöchel.
„Zu Diensten, Mademoiselle“, sagte er und setzte sich dann wieder auf seinen Platz.
„Ihr habt ja wirklich beeindruckende Gaben“, stellte Laney fest, obwohl sie noch lange nicht alle gesehen hatte. „Aber eins verstehe ich dann nicht. Warum war es euch bisher nicht möglich, den Wilden zu besiegen?“
„Den Wilden?“, fragte Iolani. „Ach. Du meinst den Dämon.“
Einige der Jungvampire wirkten sofort bedrückt.
„Das ist nicht so einfach, Laney“, erklärte Einar. „Der Dämon ist dazu imstande, unsere Gaben zu blockieren. Er friert sie ein. Genau wie unsere Körper.“
„Aber ich dachte nur bei Blickkontakt. Tyr braucht doch keinen Blickkontakt. Das haben wir doch gerade gesehen.“
Verlegen blickte der Junge zu Boden.
„Es funktioniert nur bei unbelebten Gegenständen. Ich kann mir natürlich einen Fixpunkt in der Nähe des Dämons aussuchen. Aber er braucht sich nur minimal zu bewegen, und schon ist es vorbei. Der Rat hat mir verboten, es zu versuchen. Vor allem, weil es meiner Mutter Maelle endgültig das Herz brechen würde, wenn der Dämon mich erwischt. Wir haben schon zwei meiner Geschwister verloren.“
„Oh“, sagte Laney und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. „Das … das tut mir leid.“
„Wir haben alle schon Angehörige verloren“, stellte Freia klar. „Viel wichtiger ist, dass der Dämon eine Art siebten Sinn dafür zu haben scheint, wann er mit Waffen angegriffen wird. Meine Mutter hatte die gleiche Gabe wie ich. Sie hat vor über zehn Jahren versucht, den Dämon mit Messern Schaden zuzufügen. Aber die Messer haben ihn kaum verwundet. Statt ihn ernsthaft zu verletzen hat die Aktion ihn nur wütend gemacht. Er hat sie getötet. Genauso wie die beiden Männer, die ihr geholfen haben. Sie hatten keine Chance. Messer und Pfeile können Kaltblüter nicht töten. Nur Gift und Vampirzähne sind dazu imstande.“
„Nun lasst uns aber mal wieder über etwas Erfreulicheres reden“, forderte Iolani. „Das hier ist schließlich eine Feier. Warum hast du eigentlich deinen Gefährten nicht mitgebracht, Laney? Er müsste doch eigentlich eher zu uns gehören als zu den Alten.“
„Nun. Genau genommen ist er nicht mein Gefährte“, sagte Laney. „Er ist eher so eine Art Babysitter. Und er ist wahrscheinlich älter als jeder andere in diesem Dorf.“
„Ist er älter als Johanna?“
„Ja. Soweit ich weiß schon.“
„Dann ist er auch älter als alle anderen.“
„Er ist ein Langweiler“, sagte Einar. „Ich habe versucht, mich mit ihm zu unterhalten. Aber das war, als würde ich gegen eine Wand reden.“
„Er ist nicht besonders gesprächig“, gab Laney zu.
„Nein? Dann passt er wohl auch nicht zu den Alten“, sagte Iolani. „Die reden nämlich den ganzen Tag. Schade eigentlich. So ein gut aussehender Körper …“
Zu ihrer Überraschung spürte Laney Besitzansprüche in sich aufkeimen. Es gefiel ihr gar nicht, dass Iolani so über Darrek redete. Aber andererseits hatte Darrek klargemacht, dass er kein Interesse an ihr hatte. Warum also reagierte sie dann so eigenartig?
„Ich finde, ihr beide wärt ein schönes Paar“, sagte Swana überzeugt. „Ihr würdet einander gut ergänzen. Eben weil ihr so unterschiedlich seid.“
„Und das sagt das Mädchen, das sich von Haldor schwängern ließ“, feixte Iolani.
Laney zuckte zusammen, aber Swana verzog keine Miene.
„Mady ist ein wunderschönes Baby“, beharrte sie. „Ist doch völlig Schnuppe, wer ihr Vater ist. Unattraktive Männer zeugen oft die schönsten Kinder.“
„Aber … Entschuldigung, Swana. Aber … Haldor? Ernsthaft?“
Laney konnte es immer noch nicht so recht fassen. Der Mann war zwar im Vorstand des Dorfes und mochte auch ganz nett sein. Aber er war mindestens doppelt so alt wie Swana und so hässlich wie die Nacht.
„Oh. Tu nicht so schockiert, Laney“, schalt Swana. „Einar hat dir doch sicher erklärt, dass wir es hier mit der Pärchenbildung nicht so genau nehmen. Und Haldors besondere Gabe besteht darin, dass er einer Frau jeden Wunsch von den Augen ablesen kann. Er ist einfach wunderbar im Bett.“
„Das kann ich leider nur bestätigen“, fügte Iolani hinzu und einige andere
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