Die Entscheidung
auf den Mund legte.
„Pscht“, machte sie. „Mady schläft nebenan. Du musst dich schon noch etwas gedulden. Schönheit braucht seine Zeit.“
Einar schüttelte den Kopf. Darrek war schon vor einer Stunde gegangen und das hätte Einar wohl besser auch tun sollen. Die Damen würden den kurzen Weg bis zum Lagerfeuer wohl auch alleine schaffen. Aber er hatte sich nun mal in den Kopf gesetzt, vor Laney den galanten Gentleman zu mimen. Also musste er sich wohl zusammenreißen. Er setzte sich auf die Treppenstufe und wartete.
Einar wusste, dass Mady bei George war. Er befürwortete es zwar nicht, dass seine kleine Nichte so viel Zeit bei dem Menschen verbrachte, aber anderseits hatte George eine kleine Aufmunterung wirklich dringend nötig. Vor zwei Stunden war Haldor gekommen, um dem Jungen Blut abzunehmen. Viel Blut. Aufgrund von Haldors seltsam geformter Nase konnte der Mann kaum etwas riechen und hatte daher wenig Probleme, mit Menschenblut umzugehen. George hatte sich zwar nicht gewehrt, aber der Blutmangel machte ihm eindeutig zu schaffen. Und da war Madys Gesellschaft wohl genau das Richtige, um ihn wieder aufzurichten.
Einar hörte von oben ein Geräusch und drehte sich um. Genau im richtigen Augenblick, um Laney dabei zuzusehen, wie sie die Treppenstufen herunterstieg. Das Kleid, das Swana für sie enger genäht hatte, war schlicht. Es war ein langes, blaues Wollkleid mit Schnürungen von der Hüfte bis zur Brust. Es hatte lange Ärmel und wirkte absolut passend für eine Nacht in der eisigen Kälte. Sicherlich hatte sie zusätzlich noch lange Unterwäsche und dicke Socken in ihren Schnürstiefeln an. Dazu trug Laney einen schönen Umhang, den sie um den Körper geschlungen hatte. Die Farbe der Kleidung passte perfekt zu ihren dunklen Augen. Und die langen Haare hatte Swana so lange gekämmt, dass sie im Kerzenschein zu glänzen schienen.
Einars Herz machte einen kleinen Sprung, als sie herunterkam, und er reichte ihr galant die Hand, um ihr die letzten paar Schritte hinab zu helfen. Er selbst trug eine Leinentunika in Dunkelrot und wusste jetzt schon, dass er frieren würde, wenn sie später am Feuer saßen. Aber er wollte unbedingt gut aussehen. Niemals zuvor war ihm das so wichtig erschienen.
„Du siehst wunderschön aus, Laney“, sagte Einar und betrachtete sie voller Bewunderung.
„Ach? Und ich darf die Treppen hinunterstürzen, ja?“, fragte Swana beleidigt.
Sie trug fast das gleiche Kleid wie Laney, nur dass ihres grün war und etwas mehr Luft zum Atmen ließ.
„Das würde ich doch nie zulassen, Systir“, gab Einar grinsend zurück und reichte auch seiner Schwester die Hand, um sie hinabzugeleiten.
Dann hakte er die beiden Frauen links und rechts unter, und spazierte mit ihnen gemeinsam zur Feuerstelle.
Kapitel 21
Das Dorffest
Johanna beobachtete glücklich die Feiernden. Es war ein Fest ganz nach ihrem Geschmack. Die Dorfbewohner hatten ihre Musikinstrumente mitgebracht und spielten mit Gitarre, Geige und Flöte altisländische Klänge. Dazu tanzten die jungen Vampire um das Feuer herum und lachten dabei so laut, wie Johanna es schon lange nicht mehr gehört hatte.
Darrek und Gandolf hatten sich mit einigen der älteren Dorfmitglieder zu Johanna gesetzt und tranken gemeinsam die ersten Schlucke frischen Blutes seit langem. Es war für jeden nur die Menge eines kleinen Pinnchens da. Aber das war besser als nichts. Johanna fand es wunderbar, und auch den anderen schien es vorzüglich zu schmecken. Doch Gandolf war wenig begeistert.
„Dieses Blut schmeckt nicht“, sagte er und reichte seinen Becher wieder zurück. „Es schmeckt nach Angst. Das mag ich nicht.“
Alle lachten, aber Johanna schüttelte nur den Kopf.
„Wie kann denn etwas nach Angst schmecken?“, fragte sie zweifelnd.
Es gefiel ihr nicht, dass Gandolf solche Gerüchte in die Welt setzte. Das Blut von George war perfekt. Es schmeckte süß und nahrhaft. Genau, wie es sein sollte. Der alte Mann war wirklich verrückt.
„Es schmeckt falsch“, wiederholte Gandolf.
„Du hast nur zu lange kein richtiges Blut mehr gekostet, alter Mann“, sagte Darrek auf Isländisch und Gandolf sah ihn an.
„Es schmeckt falsch“, beharrte er. „Ich werde nichts mehr davon trinken.“
Damit stand er auf und begann, wie verrückt um die jungen Leute herumzuspringen. Glücklicherweise waren diese an seine Marotten gewöhnt und bezogen ihn sogar lachend in ihre Tänze mit ein.
„Hör nicht auf den verwirrten Mann“, bat Johanna.
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