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Die Entstehung des Doktor Faustus

Die Entstehung des Doktor Faustus

Titel: Die Entstehung des Doktor Faustus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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{502} Gedenk-Artikel für den New Yorker »Aufbau« war unabweisbar gefordert. Ich brachte einen föhnig schwülen Vormittag damit zu, ihn in Façon zu bringen, befriedigt doch auch wieder von der Möglichkeit, dem liebenswürdigen Menschen, dem glücklichen Poeten, dem Freunde voll treuen Glaubens den Tribut der Dankbarkeit zu entrichten.
    Er hatte das Letzte, was ihm zu schreiben vergönnt gewesen, das Eingangskapitel zu einem Chamfort-Roman, der, nach diesem Anfang zu schließen, das Werk seiner besten Reife geworden wäre, für das Heft der »Neuen Rundschau« gespendet, das, gefüllt mit Kundgebungen freundlicher Anerkennung, zu meinem Geburtstag herausgekommen war, und mit dem die schon historische Zeitschrift des alten S. Fischer Verlages ihr regelmäßiges Erscheinen wieder aufnahm. Ich hatte das Heft mit mir in Mohonk und warf dann und wann einen scheuen Blick in das üppige Dickicht seiner Lobsprüche. Mein Schwiegersohn Borgese pflegt von »Vitamin P.«, das ist »Praise«, zu sprechen, und es ist wahr, diese Droge kann tonisch, kann belebend wirken und selbst bei skeptischer Gesinnung doch wenigstens Erheiterung bringen. Wir alle tragen Wunden, und Lob ist, wenn nicht heilender, so doch lindernder Balsam für sie. Dennoch steht, wenn ich nach eigener Erfahrung urteilen darf, unsere Empfänglichkeit dafür in keinem Verhältnis zu unserer Verletzbarkeit durch schnöde Herabsetzung, hämische Schmähung. Wie dumm diese sei und wie offenkundig bestimmt sogar durch irgendeine private Ranküne: sie beschäftigt, als Ausdruck der Feindschaft, weit tiefer und nachhaltiger, als das Gegenteil, – sehr törichterweise, da Feinde ja das notwendige und geradezu beweisende Zubehör jedes stärkeren Lebens sind. Andererseits ist Lob eine schnell sättigende, schnell widerstehende Speise, die innere Abwehrbewegung dagegen ist bald vollendet, und das beste wäre denn also wohl, {503} es gäbe weder Gutes noch Böses in unserer Sache überhaupt zu vernehmen, was leider nun wieder bei einem hinauswirkenden, die Gemüter verschiedentlich bewegenden Dasein nicht möglich ist. – Ein Glück noch, wenn, wie es hier bei den bedeutendsten Beiträgen der Fall war, Person und Werk nur zum mehr oder weniger zufälligen Anlaß höherer und allgemeinerer Betrachtung werden. Als Mittel zu kulturkritischer oder kunstphilosophischer Erkenntnis zu dienen, ist mehr und besser, als schmeichelhaft: es ist ehrenvoll und bringt objektiven Gewinn. –
    Ich habe ein unter holdem Sich-verstecken geäußertes »Oh, really?« im Ohr, das die Antwort war, auf ein Wort, zum Abschied gesprochen, als wir Lake Mohonk verließen. Cynthia, sechzehnjährig, verbrachte mit ihren Eltern die Ferien, oder einen Teil davon, an dem gefriedeten Ort, – ein College girl mit ausgesprochen geringer Meinung von diesem vorläufigen Lebensstand. Was er ihr bot, bezeichnete sie achselzuckend als »very insignificant«. Hier las sie einen amerikanischen »classic« namens
The Magic Mountain
, und es war recht lieblich, sie damit herumgehen zu sehen, besonders wenn sie ihre hellrote Jacke trug, ein mit Recht und meinetwegen auch aus Berechnung von ihr bevorzugtes Kleidungsstück, das ihrer leichten Gestalt vorzüglich zustatten kam. Dem Urheber ihrer beschwerlichen, aber eben darum erhebenden Unterhaltung hier zu begegnen, war wohl eine Überraschung, ein jugendliches Abenteuer sogar, und als bei einer Abendmusik ihre gute Mutter die Bekanntschaft anbahnte, gab sie entschuldigend zu verstehen, daß Cynthia sehr aufgeregt sei. Wirklich hatte diese damals recht kalte Hände, aber später nicht mehr, bei freundschaftlichen Gesprächen im Gesellschaftszimmer oder auf dem das Haus umlaufenden deckartigen Balkon. Fand sie heraus, daß die zarte Bewunderung des Beschwerlich-Erhebenden sich be {504} ruhigen mag in einer erwidernden Bewunderung, die dem ewigen Reiz süßer Jugend gilt und beim letzten Blick in die braunen Augen nicht ganz ihre Zärtlichkeit verschweigt? »Oh, really?!« –
    Das Nation-Dinner im New Yorker Waldorf Astoria ging auch vorüber. Es war keine geringe Veranstaltung. Obgleich das Gedeck 25 Dollars kostete, war der Saal überfüllt, – kein Wunder, denn die Rednerliste war sensationell. Robert Sherwood machte den Toastmaster, zum ersten und letzten Mal, wie er mir und dem Publikum versicherte. Es sprachen Freda Kirchwey, Felix Frankfurter vom Supreme Court, Negrin, Shirer und Secretary of the Interior, Ickes. Sobald ich auch mein Sprüchlein

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