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Die Entstehung des Doktor Faustus

Die Entstehung des Doktor Faustus

Titel: Die Entstehung des Doktor Faustus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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zusammen mit Erika, die sich, wie noch so oft, als Künstlerin der Auslassung und Zusammenziehung, geschickte Dämpferin alles pedantischen Zuviels erwies. In der Hauptstadt, als Gäste wiederum des Hauses am Crescent Place, genossen wir schöne Ferientage. Die Lesung in der Library, vor doppeltem Auditorium wie gewöhnlich, einem, zu dem ich persönlich sprach, und einem, dem im Nachbarsaal ein Lautsprecher die Rede überlieferte, nahm glücklichen Verlauf. MacLeish, eben von San Francisco zurück, führte mich ein. Sein Nachfolger im Amt des Staatsbibliothekars, Luther Evans, befürwortete die Verbreitung des Vortrags durch das O.W.I. in Europa. Der Empfang im Meyer’schen Hause nachher führte uns wieder mit Francis Biddle, der, wenn ich nicht irre, als Attorney General schon zurückgetreten war, und seiner Gattin zusammen; ferner mit dem klugen Walter Lippman, dem meine Ablehnung der Legende vom »guten« und »bösen« Deutschland, meine Erklärung, daß das böse zugleich auch das gute sei, das gute auf Irrwegen und im Untergang, sehr zugesagt hatte. Borgese war aus Chicago, Gottfried Bermann Fischer aus New York gekommen; mit ihm gab es das eine und andere über das Programm der Stockholmer Neuausgaben meiner Bücher zu beraten. Am nächsten Tage stattete ich der Library einen Besuch ab und gewann, durch die beiden Häuser geführt, zum erstenmal eine Vorstellung von dem un {498} ermeßlichen Besitz der alles empfangenden, alles umfassenden Sammlung. Auf einem Tisch breitete Dr. Evans die Manuskripte Johann Conrad Beißels, des Sangesmeisters von Ephrata, vor mir aus, denn auch sie waren hier als Kuriositäten treulich verwahrt, und so sah ich mit eigenen Augen, ungläubig fast, in ihrer Wirklichkeit die Produkte dieses naiv-tyrannischen Neubeginners der Musik vor mir, dessen Figur in meinem Roman eine so hintergründige Rolle spielte.
    Mit unseren Gastgebern waren wir bei dem Columnisten Pearson zu einem Dinner geladen, an dem Sumner Welles teilnahm. Er äußerte sich mit vieler Vernunft über die Zukunft Deutschlands, sprach zugunsten der Aufteilung Preußens, einer föderalistischen Lösung überhaupt und sehr maßvoller Grenzregulierungen im Osten. Was er sagte, schien mir einleuchtend, human und wünschenswert. Die Ereignisse sind, wie gewöhnlich, den unklugen Weg gegangen. – Einen denkwürdigen Vormittag verbrachten wir in der National Gallery, bei Rembrandt und den Italienern, geführt von Mr. Findley, der uns in seinem Office mit dem herrlich illustrierten Katalog der Sammlung beschenkte, und ich frühstückte danach mit Elmer Davis und seinem Assistenten nahebei im Social Security Building. Um die deutsche Frage ging es, im Anschluß an meinen Vortrag, natürlich auch hier, und ich erinnere mich des skeptischen Lächelns, dem ich begegnete, als ich den Herren auseinandersetzte, daß das berüchtigte »Deutschland, Deutschland über alles« eigentlich eine sehr wohlmeinende Parole gewesen sei, Ausdruck großdeutscher demokratischer Hoffnung und keineswegs so gemeint, daß Deutschland »über alles« herrschen sollte, sondern nur, daß man es wert halten wolle über alles, wenn es einig und frei sei. Davis hielt das augenscheinlich für eine patriotische Beschönigung, und es schloß sich ein ganz interessantes Gespräch daran über die {499} ursprüngliche revolutionäre Verbundenheit des nationalen und des demokratisch-freiheitlichen Gedankens und über den zwar reaktionären, aber geistig nicht verächtlichen Kampf der Metternich und Gentz gegen diese hochherzige, auf Vereinigung gerichtete und doch auch wieder sprengkräftige Mischung. –
    Dann, Anfang Juli, kam New York und eine Folge von Tagen freundlichen Festtrubels, auf dessen Verzeichnung im einzelnen mein Tagebuch verzichten mußte, und gut tue ich, auch hier das meiste davon in schweigender Erinnerung zu übergehen. Mein Bedauern darüber will ich festhalten, daß die Musiker sich die Rolle, welche die Musik in dem Deutschland-Vortrag spielt (ich wiederholte ihn im Hunter-College), schmerzlich zu Herzen nahmen. Noch weiß ich, wie ich den betrübten Adolf Busch spät in der Nacht vom Hotel aus anrief, um ihm zu versichern, daß die Bedenklichkeiten, die ich gegen die deutscheste der Künste vorgebracht, nur eine Form der Huldigung seien. – Nach einer von der »Tribüne« veranstalteten Feier, zu der unser gelehrter Freund Dean Christian Gauss von Princeton herübergekommen war, saß ich mit Paul Tillich und dem Schriftsteller

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