Die Epidemie - Teil 2
ihr Unterfangen. Dennoch hatte jeder von ihnen sein Visier nach unten geschoben.
Beim späteren Betrachten der hochgeladenen Videoaufnahmen verstand ich den eigentlichen Sinn des Ganzen. In ihren Helmen befanden sich integrierte Nachsichtkameras, die nicht nur die waghalsigen Aktionen dokumentierten, sondern ihnen auch eine gute Sicht in der Dunkelheit ermöglichten.
Die makaberen Szenen waren eindeutig nicht für Menschen mit schwachen Nerven bestimmt. Obwohl ich hart im Nehmen war, drehte sich hin und wieder auch bei mir der Magen um. Andererseits beobachtete ich gespannt, wie gezielt die Jugendlichen die Schwächen und die Tollpatschigkeit der Infizierten ausnutzten. Auf den wenig beleuchteten Straßen konnten die Kreaturen ihre Gegner nicht sehen. Stattdessen unternahmen sie verzweifelte Versuche, sie zu riechen oder sie mit weit ausgestreckten Händen zu fassen zu bekommen.
Ich ärgerte mich, weil ich nicht selbst auf diese einfache, aber dennoch brillante Idee gekommen war.
Ich stöberte weiter durch das Internet und schaute mir das Geschehen außerhalb Russlands an. Meine Befürchtungen bewahrheiteten sich. Die Epidemie musste sich in den letzten Tagen rasend schnell verbreitet haben. Aus allen Teilen der Welt wurden die gleichen Ausnahmezustände berichtet.
Eine Welle der Verzweiflung machte sich in meinem Inneren breit. Meine ganzen Hoffnungen lagen darin, einen Ausweg aus dieser Hölle zu finden. Ich redete mir ständig ein, dass es sich nur um eine biologischen Notfall handelte, mit dem die russische Regierung aus eigener Kraft nicht fertig wurde. Doch die neusten Erkenntnisse zeigten mir, dass die Aussichten auf das frühere sorglose Leben gleich Null waren.
Dicke Schweißtropfen rannen an meiner Stirn herunter und tropften auf die staubbedeckten Tasten. Ich riss mich zusammen, atmete mehrmals tief durch und dachte über das weitere Vorgehen nach. Mir war klar, dass keiner meiner Begleiter von diesen Neuigkeiten erfahren sollte. Vorerst zumindest. Zwar dachte ich, dass Georgi genügend Rückgrat besaß, um mit der Situation fertig zu werden, konnte aber die Reaktionen der anderen nicht genau einschätzen. Ich wollte ihnen die Hoffnung nicht rauben und ihnen unsere ausweglose Lage nicht wie auf einem Silbertablett servieren. Damit keiner von ihnen den Computer entdeckte und die Nachrichten selber zu lesen bekam, nahm ich mir vor, den Rechner mit den Resten meines heutigen Trinkwasservorrates, den ich in einer kleinen Flasche mit mir trug, funktionsunfähig zu machen.
Bevor ich das jedoch tat, hielt ich für einen Moment inne. Mir schoss ein wichtiger Gedanke durch den Kopf und ich trommelte erneut auf die Tastatur ein.
„ Überlebenslager Moskau“, „Militärstützpunkt Moskau“ waren die Stichwörter, nach denen ich suchte und ich hoffte diesmal etwas Erfreuliches zu erfahren.
Nach mehreren uninteressanten Einträgen stieß ich auf etwas, das mein Interesse weckte. Ich las eine zuletzt vor etwa zwei Stunden aktualisierte Meldung, die eine Botschaft für alle Überlebenden der Moskauregion beinhaltete.
Ich folgte dem Link und gelang erstaunlicherweise auf die Homepage eines Klosters. Um genau zu sein, handelte es sich um das Nowodewitschi-Kloster, das sich zwar nicht in der unmittelbaren Nähe zu unserem Standort befand, dennoch nicht so weit entfernt war, als dass wir es nicht mit einem Fußmarsch hätten erreichen können. Ich schaute mir die Karte an und prägte mir jedes einzelne Detail des Weges ein.
Das Kloster befand sich südwestlich des Moskauer Administrationsviertel. Nach meiner Schätzung trennten uns etwa vier Kilometer.
Die Nachricht war klar und deutlich. Der Verfasser hieß jeden Überlebenden in den klösterlichen Mauern willkommen. Die Nonnen boten ihr medizinisches Wissen an, um kleinere Verletzungen zu behandeln, aber auch genügend Schlafplätze, sowie Nahrungsmittel und Trinkwasser. Die Sicherheit war durch die hohen Steinmauern garantiert. Die Nonne berichtete von einer Gruppe Soldaten, die mit ihren Waffen und schweren Fahrzeugen, die sich auf dem Klostergelände befanden, für zusätzlichen Schutz sorgten.
Den Abschluss des Berichtes bildete eine Fußnote. Der Schreiber machte darauf aufmerksam, dass jeder Neuankömmling vor dem Einlass ins Kloster auf körperliche Unversehrtheit geprüft wird. Es waren keine gewöhnlichen Verletzungen gemeint, sondern die, die von Infizierten herrührten.
Diese Nachricht gab mir wieder Hoffnung. Es war genau die Art von
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