Die Epidemie - Teil 2
tatsächlich nichts sehen.
Ich sprach das Thema während des Frühstücks an und schlug vor, unsere Reise nach Einbruch der Dunkelheit fortzusetzen. Den restlichen Tag konnten wir uns den Vorbereitungen und der Planung unseres Marsches widmen, um dadurch größere Überlebenschancen zu haben.
Erwartungsgemäß stempelte Zeff meinen Vorschlag als den „absoluten Schwachsinn“ ab. Seiner Ansicht nach durften wir keine Zeit verlieren und sollten uns umgehend auf den Weg machen. Der weitere Verbleib in der Innenstadt war für ihn wie ein Ausharren auf einer Zeitbombe, die jeden Moment hochgehen konnte.
„ Wir hatten paar Mal Glück, zuletzt heute Nacht. Aber das heißt nicht, dass wir unser Schicksal noch mehr herausfordern sollten. Wir müssen hier weg. Woher sollen wir wissen, dass im Laufe des heutigen Tages nicht noch mehr von diesen Kreaturen zum Haus kommen und durch die Fenster starren. Vielleicht gehen sie diesmal nicht von selbst weg.“
Georgi ließ daraufhin seine Autorität spielen und beruhigte Zeff, der aufgeregt mit seinen Händen herumwirbelte und lauter wurde.
„ Die Idee ist gar nicht mal so schlecht. Ein gut überlegter Plan kann unserem Vorhaben das nötige Quäntchen Erfolg verschaffen. Ein unüberlegter Aufbruch wäre Selbstmord. Weist du in welche Richtung wir überhaupt marschieren müssen?“, fragte Georgi.
„ Nein“, nun wurde Zeff ruhiger, setzte sich an seinen Platz und biss einen kräftigen Happen von seinem Brötchen ab. Kauend starrte er mich an. „Kennst du den Weg?“
„ Ein wenig. Bevor mir das Missgeschick mit meiner Wasserflasche passierte, schaute ich mir die Karte genau an. Der direkte Weg ist mir nicht bekannt, aber die grobe Richtung kenne ich.“
Zeff schloss sich Georgis Meinung an und wir einigten uns, unseren Marsch zum Kloster erst nach Sonnenuntergang zu beginnen.
Im Laufe des Tages hielt sich niemand im Erdgeschoss auf. Die vergitterten Fenster besaßen nur dünne, fast durchsichtige Vorhänge. Also waren wir von draußen für jedermann sichtbar. Ich hatte ein mulmiges Gefühl in der Bauchgegend, als ich mir das nächtliche Szenario vorstellte. Es musste eine schreckliche Situation gewesen sein. Ich wusste nicht, ob meine Nerven einem einstündigen Starren standgehalten hätten. Ich bewunderte Georgi, wie leicht er den Vorfall hinnahm.
Bis zum späten Nachmittag saßen Georgi, Zeff und ich in einem der Zimmer des ersten Obergeschosses und besprachen unser weiteres Vorgehen. Nikolai erhielt die verantwortungsvolle Aufgabe, an dem Treppenansatz zum Erdgeschoss die Stellung zu halten. Er sollte von oben herab in die Räumlichkeiten des Eingangsbereiches blicken und auf verdächtige Schatten achten. Sollte sich erneut einer unserer Gegner am Fenster verirren, wären wir durch den verräterischen Schattenwurf gewarnt.
Maria dagegen hielt sich im zweiten Obergeschoss auf, es war wohl der sicherste Ort des Hauses. Sie stellte sich ein Sessel in die Nähe eines Fensters, das zur Radiostation gerichtet war und beobachtete das Gebäude. Da das Haus, in dem wir uns befanden, nicht besonders hoch war und die Dächer der benachbarten Häuser die Sicht zusätzlich erschwerten, konnte man den Parkplatz der Station nicht sehen. Ab dem zweiten Obergeschoss war dagegen die Sicht frei.
Georgi breitete ein Stück Papier auf dem Tisch aus, das er aus einer der Schubladen des ehemaligen Arztschreibtisches herausgeholt hatte und zeichnete den ungefähren Weg, den wir zurücklegen mussten. Der Innenstadtbereich war ihm geläufig. Hin und wieder ergänzte ich seinen Entwurf mit Einzelheiten, die ich mir eingeprägt hatte. An der Route kennzeichneten wir die Stellen, die uns als Unterschlupf dienen konnten, falls wir unterwegs in Schwierigkeiten gerieten oder uns vor den Verfolgern verstecken mussten. Bevor wir die provisorische Karte zu Ende zeichnen konnten, wurden wir von einem Schrei aufgeschreckt. Das Geräusch erklang über unseren Köpfen und kam eindeutig von Maria. Wir ergriffen unsere Waffen und rannten los. Von unten vernahmen wir polternde Schritte. Auch Nikolai erkannte die Stimme und rannte aufgeregt die Treppen hinauf.
Als wir im obersten Stockwerk ankamen und keine Gefahr sahen, waren wir erst einmal erleichtert. Wir schauten Maria fragend an. Sie starrte uns mit offenem Mund an und deutete mit dem Zeigefinger durch das Fenster.
Als ich in die gewünschte Richtung blickte, erkannte ich das junge Pärchen. Adam und Alesja, die sich dazu entschieden hatten, uns
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