Die Erben
Aufmerksamkeit gab er sich der Berührung der warmen Luft hin, schien einen Augenblick lang dicht vor einer neuen Erkenntnis zu sein; dann verdunstete die Witterung wie Wasser, verwischte sich wie ein ganz ferner Gegenstand, wenn er in den Tränen der Anstrengung ertrinkt. Er ließ die Luft frei und schlug die Augen auf. Der nasse Schleier vom Fall trieb mit einem Windwechsel davon, und die Witterung der Nacht war wieder normal.
Er blickte brauenrunzelnd zur Insel hinüber und auf das dunkle Wasser, das dem Sims zuglitt, und gähnte. Er konnte keinen neuen Gedanken festhalten, wenn ihm keine Gefahr innezuwohnen schien. Das Feuer sank zu einem roten Auge zusammen, das nur mehr sich selbst erleuchtete, und die Gefährten waren starr und felsfarben anzusehen. Er suchte sich einen Platz, ließ den Kopf fallen um zu schlafen und drückte mit der einen Hand wider die Nasenflügel, damit der kalte Luftstrom geringer würde. Er zog die Knie an die Brust und bot der Nachtluft die kleinstmögliche Angriffsfläche. Sein linker Arm beugte sich hoch, und die Finger fuhren in das Haar hinten an seinem Hals. Sein Mund stieß an die Knie. Über dem Meer, in einem Wolkenbett, schwebte ein gelbliches Licht, das sich ausdehnte. Die Arme der Wolken wurden golden, und der Mond, der fast voll war, schob seinen Rand hindurch. Die Schwelle des Falls glänzte auf, Lichter eilten an der Kante hin und her und sprangen in schnellem Gefunkel darüber. Die Bäume auf der Insel nahmen Gestalt an, die Birke, die sie alle überragte, war plötzlich aus Silber und Weiße. Jenseits des Wassers, an der gegenüberliegenden Wand der Schlucht, gab die Klippe immer noch dem Dunkel Stätte, aber alles andere wurde hell, und die Berge stellten ihre hohen Schneeflächen und Eisgipfel zur Schau. Lok schlief im Sitzen. Bei der kleinsten Andeutung einer Gefahr wäre er auf die Terrasse hinausgeschossen wie eine Katze im Sprung. Reif funkelte an ihm wie das Eisgeglitzer der Berge. Das Feuer war ein stumpfer Kegel aus einem Stück Rot und dem Blau der Flammen, die darüber hinwanderten und an den unverbrannten Enden der Äste und Zweige zupften. Der Mond stieg langsam und fast senkrecht in einen Himmel hinein, der ganz klar war bis auf einige wenige verstreute Wolkenspuren. Das Licht kroch an der Insel hinunter und ließ die Gischtsäulen hell erstrahlen. Es wurde von grünen Augen verfolgt, es entdeckte graue Schemen, die vom Licht in den Schatten glitten oder schnell über die freien Stellen an den Berghängen eilten. Es fiel auf die Bäume des Waldes, so daß sich ein Gezitter elfenbeinerner Flecke über funkelndes Laub und Erde bewegte. Es lag auf dem Fluß und den bebenden Tangzöpfen; und das Wasser war voll von flittersilbernen Schleifen und Kreiseln und Wirbeln flüssigen, kalten Feuers. Da kam ein Geräusch vom Fußende des Falls, ein Geräusch, dem das Getose Kraft und Nachhall fortnahm, nur das Bild eines Geräusches noch. Der Mond schien auf Lok, und über seine Ohren lief ein Zucken, daß der Reif an den oberen Rändern erbebte. Loks Ohren sprachen Lok an. »?«
Aber Lok schlief.
III
Lok spürte noch halb im Schlaf, daß die Alte vor allen anderen aufstand und im ersten Tagesgrauen das Feuer versorgte. Sie schichtete Holz, und im Schlafen hörte er, wie das Holz zu knacken und zu knistern begann. Fa ruhte noch zusammengeduckt, und der Kopf des Alten glitt unruhig an ihrer Schulter entlang. Ha räkelte sich und stand auf. Er ging die Terrasse hinunter und ließ Wasser, kam dann zurück und blickte auf Mal. Der Alte erwachte nicht wie die anderen. Er hockte schwer am Boden und warf den Kopf hin und her in Fas Haar, und sein Atem ging so schnell wie der einer trächtigen Hündin. Sein Mund stand weit auf, dem heißen Feuer entgegen; aber ein anderes Feuer, das unsichtbar war, verzehrte ihn langsam; es nagte überall an dem eingesunkenen Fleisch über seinen Gliedern und um die Augenhöhlen herum. Nil lief zum Fluß hinunter und brachte Wasser in ihren hohlen Händen. Mal schlürfte das Wasser ein, ehe er noch die Augen öffnete. Die Alte legte frisches Holz nach. Sie wies auf die Wandnische und deutete mit dem Kopf nach dem Wald. Ha berührte Nil am Arm. »Komm!«
Das Junge wurde auch wach, krabbelte über Nils Schulter, quäkte einen Augenblick lang zu ihr auf und war an ihrer Brust. Nil tappte Ha hinterdrein den kürzeren Weg zum Wald hinab, während das Junge trank. Sie traten um das Felseck und verschwanden im Morgennebel, der fast in gleicher
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