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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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nur gelegentlich, denn die Büsche hingen nicht nur über das Ufer, sondern das Wasser war auch gestiegen, so daß viele Büsche mit ihren Füßen darin standen. Wo der Boden tief war, hatte das Wasser Streifzüge über versinkendes Gras unternommen. Die Bäume standen auf höher gelegenem Boden, und Loks Füße hinterließen eine Spur, die sowohl von seiner Wasserscheu zeugte wie von seinem Verlangen, den neuen Gefährten zu sehen. Je näher er dem Teil des Ufers kam, der dem Rauch gegenüberlag, desto mächtiger wuchs seine Erregung. Jetzt wagte er sich sogar bis an die Knöchel ins Wasser und stelzte zitternd und stolz auf seinen Mut durch die Lachen. Als er merkte, daß er weder den Fluß sehen noch dicht an ihn herangelangen konnte, knirschte er mit den Zähnen und schlug sich mehr nach rechts und tappte und watete umher. Unter dem Wasser waren Schlamm und die gebleichten Spitzen von Knollen. Seine Füße hätten diese für gewöhnlich herausgerissen und den Händen weitergereicht, doch jetzt bedeuteten sie ihm nur harte Klümpchen unter zitternder Haut. Ein ganzes knospenverschleiertes Dickicht lag zwischen ihm und dem Fluß. Er versuchte sich an Zweigsträußen weiterzuhangeln, aber sie bogen sich zusammen und sackten ab unter seinem Gewicht, so daß er aus dem Stand gerissen wurde. In den schwächeren Ästen war wirklich noch nicht genügend Kraft, sie vermochten ihn nicht zu halten; er hätte sich schon mit ausgespreizten Armen und Beinen über Dornen und Knospen der Länge nach vorschieben müssen. Da sah er, daß unter ihm Wasser war; nicht nur eine Handbreit Wasser über braunem Schlick, sondern tiefes Wasser, in das die Stämmchen der Büsche einsanken. Er schwang sich hinunter, und das Gebüsch entfloh seinem Griff; er sah in Augenhöhe eine schimmernde Fläche, so daß er aufschrie und in einer Art Schwebegang ängstlich auf den unangenehmen, aber sicheren Schlammboden zurücktappte. Hier gab es für die Gefährten keinen Zugang zum Fluß, nur für die geschäftigen Moorhühner. Er eilte flußabwärts davon, schlug sich in weitem Bogen durch den Wald, wo der Boden fester war, und kam bei der Lichtung an dem toten Baum heraus. Er ging hinunter zu dem kleinen Erdhang, wo das tiefe Wasser vorbeistrudelte: doch über dem Flusse drüben stieg der Rauch unverwandt aus einer geheimnisvollen Wildnis von Bäumen und Unterholz empor. Ein Bild sah er in seinem Kopf, von dem anderen, wie er auf die Birke kletterte und durch die Schlucht spähte. Er eilte davon, den Pfad entlang, an dem noch ganz schwach der Geruch der Gefährten hing, bis er vor dem Sumpfwasser stand; aber der neue Stamm darüber war fort. Der Baum, auf dem er Liku geschaukelt hatte, stand noch jenseits des Wassers. Er blickte sich um und entschied sich für eine Birke, die so hoch aufragte, daß er denken mochte, die Wolken verfingen sich in ihren Zweigen. Er griff nach einem Ast und kletterte flink daran hoch. Der Stamm teilte sich, und Regenwasser stand in der Gabelung. Er kroch den dickeren Ast Hand nach Fuß hinauf, bis er das ruhigschwere Schwingen des Baumes fühlte, das der Wind und sein Körper verursachten. Die Knospen waren noch nicht aufgesprungen, aber in ihrer grünen Unzahl trübten sie den Blick wie Tränen in den Augen, so daß sie Lok ärgerten. Er schwang sich noch höher bis in den Wipfel hinein und begann dann, nach der Insel hin die Zweige umzuknicken und abzudrehen. Jetzt sah er durch ein Loch hinab, das ständig seine Gestalt änderte, wenn die Knospensträuße sich neigten oder zur Seite flatterten. In dem Loch war ein Teil der Insel.
    Auch auf der Insel waren überall Knospen, ein Gewoge wie Wolken hellen, grünen Rauchs. Sie wellten das ganze Ufer entlang, und die größeren Bäume dahinter waren gleich Puffwölkchen, die emporstiegen und sich dann entrollten. Hinter all diesem Grün stand das Schwarz der Stämme und Äste, und kein Erdboden war zu sehen. Aber wo das Feuer lohte unten an dem wirklichen Rauch, war ein helles Auge; und das blinzelte, wenn die Äste darüber hinschwangen. Den Blick starr auf das Feuer gerichtet, konnte er schließlich die Erde daneben erkennen, sehr braun und fester als die Erde diesseits des Flusses. Sie mußte voll sein vor Knollen und heruntergefallenen Nüssen und Maden und Schwämmen. Der andere hatte ganz gewiß gute Nahrung zu essen.
    Das Feuer blinzelte einmal ganz kurz. Lok blinzelte zurück. Das Feuer hatte nicht wegen der Zweige geblinzelt, sondern weil jemand vor ihm hergegangen

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