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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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Fluß, dann war alles wieder ganz still und ohne Bewegung.
    In letzter Verzweiflung:
    »Wo bist du?«
    Loks Ohren sprachen mit Lok. »?«
    So beschäftigt war er mit der Insel, daß er für eine Weile seiner Ohren nicht achtete. Er hing leise wiegend im Baumwipfel, während der Fall ihn angrollte und nichts sich auf der freien Stelle drüben zeigte. Dann hörte er. Da kamen Gefährten gegangen, nicht auf der anderen Seite des Wassers, sondern auf seiner, weit weg. Sie kamen von der Höhlennische herunter, ihre Schritte klangen unachtsam von den Steinen. Er hörte ihre Sprache, und das machte ihn lachen. Die Laute gaben ihm ein Bild ein: ineinandergreifende Formen, dünn, vielgestaltig, fließend und verworren, nicht wie der weite Bogen des Falkenrufes, sondern durcheinander wie Seegras am Strand nach einem Sturm, aufgewühlt wie Wasser. Dieser Lachlaut zog durch die Bäume zum Fluß hin. Der gleiche Lachlaut begann von der Insel aufzusteigen, so daß er über das Wasser hinüber- und herüberwellte. Lok kletterte halb im Fallen von dem Baum und war wieder auf dem Pfad. Er rannte ihn entlang durch die schon alte Witterung der Gefährten. Jetzt ertönte der Lachlaut dicht am Ufer. Lok kam an die Stelle, wo der Baumstamm das Wasser überspannt hatte. Er mußte einen Baum erklettern, schwingen und sich fallen lassen, bevor er wieder auf dem Pfad war. Da begann inmitten des Lachlauts am diesseitigen Ufer Liku zu schreien. Sie schrie nicht vor Wut oder Angst oder Schmerz, sie schrie vor namenlosem, furchtbarem Entsetzen, so wie sie vor einer Schlange schreien mochte, die sich langsam näherringelte. Lok sauste mit gesträubtem Fell dahin. Der Zwang, auf dieses Schreien zuzueilen, brachte ihn von der Pfadspur ab, und er irrte hin und her. Das Schreien zerriß ihn. Es war nicht so, wie Fa geschrien hatte, als sie das Junge trug, das gestorben war, auch nicht wie das Wehklagen Nils, als sie Mal begruben; es war wie der Laut, den ein Pferd von sich gibt, wenn ihm eine Katze ihre gebogenen Zähne in den Hals jagt und auf seinem Rücken hängt und das Blut austrinkt. Lok schrie selbst unbewußt und kämpfte mit Dornen. Und seine Sinne sagten ihm durch das Schreien, daß Liku etwas tat, was kein Gefährte, kein Mann und keine Frau, tun konnte: sie bewegte sich fort über den Fluß.
    Lok rang noch immer mit Gebüsch, als das Schreien aufhörte. Jetzt vernahm er wieder die Lachlaute und auch das Maunzen des Jungen. Er brach durch die Büsche und stand auf der freien Stelle bei dem toten Baum. Die Lichtung rings um den Stamm roch nach den Fremden und nach Liku und nach Angst. Jenseits des Wassers war ein großes Neigen und Biegen und Peitschen grüner Laubschleier. Er sah für einen kurzen Augenblick Likus roten Kopf auftauchen und das Junge auf einer dunklen, haarigen Schulter reiten. Er hüpfte auf und nieder und schrie. »Liku! Liku!«
    Die grünen Wogen schlugen zusammen, und die neuen Gefährten auf der Insel verschwanden. Lok rannte hin und her auf der Uferböschung unter dem toten Baum mit seinem Efeuhorst. Er war so dicht am Wasser, daß er Erdkrumen aufspritzte, die in die Strömung klatschten. »Liku! Liku!« Wieder ruckte es im Buschdach. Lok verhielt bei dem Baum und starrte hinüber. Ein Kopf und ein Oberkörper sahen zu ihm her, halb hinter Laub verborgen. Weiße, beinerne Flecke erkannte er hinter Blättern und Haar. Der Mann hatte weiße Knochendinger über den Augen und unter dem Mund, so daß sein Gesicht länger war, als ein Gesicht sein sollte. Der Mann machte eine Wendung zur Seite in das Buschwerk und blickte über die Schulter zu Lok hinüber. Ein Stock stellte sich aufrecht, mit einem Stück Knochen in der Mitte. Lok starrte auf den Stock und das Stück Knochen und die kleinen Augen in dem Knochending über dem Gesicht. Plötzlich war Lok, als halte der Mann ihm den Stock hin, aber weder er noch Lok konnte über den Fluß reichen. Er hätte auflachen mögen, wäre nicht der Nachhall der Schreie in seinem Kopf gewesen. Der Stock schrumpfte von beiden Enden her zusammen. Dann schoß er wieder zu seiner ganzen Länge auseinander.
    Der tote Baum neben Loks Kopf hatte auf einmal eine Stimme bekommen. »Klopp!«
    Seine Öhren zuckten, und er drehte sich zu dem Baum um. Dicht neben seinem Ohr war ein Zweig herausgewachsen: ein Zweig, der nach den anderen roch und nach Gans und nach den bitteren Beeren, von denen Loks Magen sagte, man dürfe sie nicht essen. Der Zweig hatte vorn einen Knochen. Haken waren in dem

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