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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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empfand eine warme Freude unter dieser Berührung. Aber Fa mochte nicht spielen. Sie reckte sich wieder auf die Knie, zog ihn an sich und hielt seinen Kopf an ihrer Brust geborgen, indes ihr Gesicht durch die Blätter hinabstarrte und ihr Herz an seiner Wange klopfte und jagte. Er wollte sehen, was sie so ängstigte, aber als er sich aufzurichten versuchte, preßte sie ihn fest an sich, und alles, was er zu erkennen vermochte, waren der Winkel ihres Kinns und ihre Augen, die schauten und weit aufgerissen hinabstarrten, weit, ganz weit, als könnten sie sich nie mehr schließen. Die Wolke aus Blütensamen schwirrte wieder in seinem Kopf, und Fas Leib war warm. Lok gab sich der Ermattung hin, da er wußte, daß Fa ihn wecken würde, wenn die Neuen schliefen und sie mit den Kindern davoneilen konnten. Er schmiegte sich an sie, den Kopf auf ihr pochendes Herz gebettet, von festen Armen umfangen, so daß die Wolke sich im Dunkeln ausbreitete und zu grenzenlosem Schlaf der Erschöpfung ward.

IX
    Er erwachte und rang mit Armen, die ihn umklammerten, Armen, die seine Schultern umschlangen, und einer Hand, die sich vor sein Gesicht preßte. Er sprach und plapperte wider die Finger, wollte sie schon beißen aus dem neuen Angstbewußtsein heraus. Fas Gesicht war dicht bei dem seinen, und sie hielt ihn nieder, während er gegen Laub und krümeliges Faulholz strampelte. »Still!«
    Sie hatte lauter gesprochen als je zuvor auf dem Baum, ja lauter als im gewöhnlichen Gespräch, als ob die Neuen nicht mehr um sie gewesen wären. Er hörte auf, sich zu wehren, und dann war er ganz wach und sah, wie das Licht über die Blätter sprang und helle Flecke in ihr Baumdunkel warf, die gemeinsam hierhin hüpften und dorthin. Viele Sterne standen über dem Baum, die klein aussahen dagegen und so schwach leuchteten, als wollten sie bald verlöschen. Schweiß rann Fas Gesicht herab, und wo Lok ihr Fell berührte, war es naß. Nun er ihrer gewahr geworden, hörte er auch die neuen Gefährten, denn sie lärmten wie ein Rudel heulender Wölfe. Sie riefen, lachten, sangen, schnatterten in ihrer Vogelsprache, und die Flammen ihres Feuers tanzten genauso toll wie sie. Er rutschte herum und fuhr mit den Fingern in das Laub, um zu sehen, was unten vor sich ging.
    Die Lichtung war voller Feuerschein. Sie hatten die großen Stämme an Land gezogen, die hinter Kiefer auf dem Wasser geschwommen waren, und sie aufrecht um das Feuer gestellt, daß sie oben aneinanderlehnten. Dieses Feuer hatte nichts Warmes, Schützendes an sich – es war wie der Wasserfall, war wie eine Katze. Er sah ein Stück von dem Stamm, der Mal getötet hatte, bei dem Haufen stehen, und die harten Schwammohren waren rotglühend.
    Die Flammen schlugen oben aus dem Haufen heraus, als würden sie von unten hochgedrückt; sie waren rot und gelb und weiß und schossen steil in die Nacht empor. Lok war in Augenhöhe mit den verblassenden Flammenspitzen, und der blaue Rauch, der sie umgab, war fast unsichtbar. Der Flammensprudel warf Licht über die freie Fläche ringsum, kein warmes Licht, sondern wildes, weißglühendes, das blendete. Dieses Licht klopfte wie ein Herz, so daß sogar die Bäume in der Runde mit ihrem Laubgewoge zur Seite zu springen schienen wie die Löcher zwischen den Efeublättern.
    Die Neuen waren gleich dem Feuer aus Gelb und Weiß gemacht, denn sie hatten ihre Felle abgelegt und trugen nur noch jene Balgfetzen um Hüften und Lenden. Sie hüpften zur Seite gleichzeitig mit den Bäumen, und ihre Haare waren herabgefallen oder in Unordnung geraten, so daß Lok die Männer nur mit Mühe auseinanderhalten konnte. Die dicke Frau lehnte an einem der hohlen Stämme; sie hatte die Hände in die Seiten gestützt und war bis zum Nabel nackt, so daß ihr Körper gelb und weiß war. Sie hielt den Kopf hintübergeneigt, daß sich der Hals spannte; ihr Mund stand offen, und sie lachte, während ihr loses Haar in die Höhlung des Stammes fiel. Tuami kauerte neben ihr, das Gesicht an ihrem linken Handgelenk; und er ruckte nicht nur vor und zurück mit dem Feuerschein, sondern aufwärts, sein Mund, seine spielerischen Finger krochen an ihr hoch, als wollte er ihr Fleisch essen, krochen hoch zu ihrer nackten Schulter. Der Alte lag in dem anderen hohlen Stamm, seine Füße ragten zu beiden Seiten heraus. Er hielt ein rundes Steinding in der Hand, das er alle Augenblicke zum Munde führte, und dazwischen sang er. Die anderen Männer und Frauen waren über die Lichtung verstreut. Sie

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