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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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hatten auch solche Steindinger, und jetzt sah Lok, daß sie daraus tranken. Seine Nase witterte den Geruch ihres Getränks; es roch süßer und wilder als das andere Wasser, es war wie das Feuer und der Wasserfall. Es war ein Bienenwasser, roch nach Honig und Wachs und Fäulnis, es zog an und stieß ab, es schreckte und erregte wie die neuen Gefährten selbst. Näher zum Feuer hin waren andere Steine, die oben ein Loch hatten, und daraus schien der Geruch besonders stark zu dringen. Jetzt sah Lok, daß sie zu diesen Steinen traten, sie hochhoben und neues Bienenwasser holten, wenn sie ausgetrunken hatten. Das Mädchen Tanakil lag vor einer der Höhlen wie tot flach auf dem Rücken. Ein Mann und eine Frau rangen miteinander und berührten sich wild mit den Lippen und kreischten, und ein anderer Mann kroch immer um das Feuer herum wie ein Falter mit versengtem Flügel. Unermüdlich kroch er um das Feuer, und die anderen kümmerten sich nicht um ihn und lärmten weiter.
    Tuami hatte den Hals der dicken Frau erreicht. Er zog sie an sich, und sie lachte und schüttelte den Kopf und kniff ihn mit der Hand in die Schulter. Der Alte sang, und die anderen rangen, der Mann kroch ums Feuer, Tuami kuschelte sich an die dicke Frau, und unablässig tanzte die Lichtung vor – zurück, hin und her. Es war so hell, daß Lok Fa gut sehen konnte. Das tanzende Bild ermüdete seine Augen, als er versuchte ihm zu folgen, und so wandte er den Kopf ihr zu. Auch sie ruckte hin und her, aber nur wenig; und von dem Lichtschein abgesehen war ihr Gesicht sehr starr. Ihre Augen blickten, als hätten sie weder geblinzelt noch sich bewegt, seit er eingeschlafen war. Die Bilder in seinem Kopf kamen und gingen wie der Feuerschein. Sie waren ohne Sinn und begannen sich zu drehen, bis er glaubte, der Kopf müsse ihm platzen. Er fand Worte für seine Zunge, aber seine Zunge wußte sie kaum zu gebrauchen.
    »Was ist das?«
    Fa rührte sich nicht. Eine Art Halbwissen, Halbahnung, schrecklich in ihrer Gestaltlosigkeit, sickerte langsam in ihn ein, als sähe er ein Bild mit ihr gemeinsam und hätte doch innen im Kopf keine Augen und könnte es nicht erkennen. Das dunkle Ahnen war mit dem entsetzlichen Angstgefühl verbunden, das der äußere Lok zuvor mit ihr geteilt hatte, aber dieses hier war für den inneren Lok, und er hatte keinen Raum dafür. Es sank in ihn ein, verdrängte das angenehme Gefühl, das dem Erwachen folgt, vertrieb die Bilder und ihr wirbelndes Umeinander, riß die minderen Gedanken und Vorstellungen nieder, das Hungergefühl, den dörrenden Durst. Er war von ihm besessen und wußte nicht, was es war. Fa wandte langsam den Kopf. Die Augen mit ihren Zwillingsfeuern drehten sich herum gleich den Augen der Alten, als Lok sie hatte aus dem Wasser auftauchen sehen. Eine Bewegung um ihren Mund – kein Lächeln oder Ansatz zum Sprechen – machte ihre Lippen flattern wie die Lippen der neuen Gefährten; und dann standen sie wieder offen und still. »Sie kommen nicht aus Oas Schoß.«
    Zuerst verband sich mit den Worten kein Bild, aber sie sanken in sein unnennbares Gefühl ein und verstärkten es. Dann spähte Lok wieder durch die Blätter nach dem Sinn der Worte, und er sah der dicken Frau gerade auf den Mund. Sie schritt an Tuamis Arm auf den Baum zu; sie taumelte und lachte schrill, daß er ihre Zähne sehen konnte. Sie waren nicht breit und gut zum Essen und Mahlen, sie waren klein, und zwei waren länger als die anderen. Es waren Zähne, die an Wolf erinnerten. Das Feuer fiel unter Krachen und Funkenregen zusammen. Der Alte trank nicht mehr, sondern ruhte regungslos in dem hohlen Stamm, und die anderen hockten oder lagen umher, und das Singgeräusch erstarb langsam wie das Feuer. Tuami und die dicke Frau schlenderten unter den Baum und verschwanden, so daß Lok herumrutschte, um sie weiter zu beobachten. Die dicke Frau drängte zum Wasser hin, aber Tuami hielt sie am Arm und zog sie herum. So standen sie da und blickten sich an; die dicke Frau war auf der einen Seite bleich vom Mond, auf der anderen rot vom Feuer. Sie lachte zu Tuami auf und streckte die Zunge hervor, während er hastig auf sie einredete. Plötzlich packte er sie mit beiden Armen und riß sie an sich, und sie rangen miteinander. Tuami wechselte den Griff, faßte in ihr langes Haar und zog den Kopf an einer Strähne nach hinten, daß sie ihr schmerzverzerrtes Gesicht hob. Sie schlug ihm die Nägel ihrer rechten Hand in die Schulter und riß an seinem Fleisch, wie er an

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