Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
eiligst verlassen hatten, stiegen plötzlich dampfende Schwaden auf!
Die Fichtenwichtel waren aber nicht die einzigen, die das neue Land eroberten. Als ob der Einzug des Waldes ein Startsignal gewesen wäre, rollten plötzlich von überall her Makaras heran! Sie näherten sich dem Rand der Ebene erst sehr vorsichtig. Aber schon kurze Zeit darauf bewegten sie sich lautlos und unbeschwert über die junge Erde.
Trotz ihrer negativen Erfahrung mit dem Sekret dieser seltsamen Tiere, kam Charlie nicht umhin, beeindruckt zu sein! Sie starrte genauso fasziniert auf diese überwältigende Invasion, wie sie es Wochen zuvor getan hatte, als sie Zeuge der Vereinigung zweier dieser Wesen geworden war. Es war ohne Frage ein beispielloses und bezaubernd schönes Schauspiel. Zu hunderten rollten Makaras in allen Größen und Farben über die Ebene! Die Sonne brach sich in ihrer geleeartigen, durchsichtigen Substanz und brachte die Farben in ihrem Innenleben zum Leuchten. Es glitzerte und funkelte in Goldgelb, Rubinrot und Ozeanblau, den vorherrschenden Farben, wie es schien. Aber auch Smaragdgrüne, Orange und solche in einem kräftigen Lila strahlten schimmernd um die Wette! Es war einfach märchenhaft schön, zumindest aus sicherem Abstand betrachtet.
Während Charlie dasaß und das Schauspiel beobachtete, dachte sie an die Geburt des neuen Wesens am großen See zurück. Das blaue Männchen hatte sich mit dem gelben Weibchen gepaart. Heraus war ein grünes, neues Weibchen gekommen. Wie beim Vermischen von Wasserfarben, überlegte Charlie amüsiert. Gelb und Blau machte Grün. Sie starrte weiter auf die glitzernde, farbenfrohe Invasion am Fuß des Berges. Blau, Grün, Gelb, Orange, Lila, Rot... Gelb und Rot machte Orange. Blau und Rot? Lila, oder? Gelb und Gelb müsste Gelb bleiben. Gelb und Lila? Sie konnte sich nicht erinnern. Und Gelb und Grün? Helleres Grün? Charlie sah sich grübelnd um. Sie suchte das neue Land mit den Augen ab. Es gab nur eine grüne Farbe. Keine unterschiedlichen Nuancen. Und Rot und Grün? Auch wenn sie sich nicht erinnern konnte, welche Farbe Rot und Grün ergeben müsste, war sie sich sicher, dass es eigentlich mehr Farben geben müsste. Mischte man immer weiter, müsste man doch unendlich viele Farbtöne bekommen, oder? Charlie wandte sich an Kunar, der gerade an ihr vorbeilief.
»Gibt es die Makaras in noch mehr Farben, als Gelb, Rot, Blau, Grün, Lila und Orange?« Kunar blieb stehen und stützte sich auf seinen Bogen, den er bei sich trug. Er wollte noch ein paar Stunden auf die Jagd gehen.
»Nicht dass ich wüsste«, sagte er. »Kommst du mit? Ich gehe nochmal für eine Stunde oder so auf den Berg.« Charlie blinzelte Kunar in der blendenden Sonne entgegen.
»Was ergibt Rot und Grün, oder Blau und Orange?«, fragte sie. Kunar starrte Charlie erstaunt an.
»Wovon redest du?« Charlie grinste. Kunar, der ihren seltsamen Gedanken natürlich nicht ohne Erklärung folgen konnte, musste Charlie für verrückt halten. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
»Ich rede von Farben!«, erklärte Charlie grinsend. »Wenn man sie mischt. Gelb und Blau ergibt Grün, aber was ergibt Rot und Grün?« Kunar schüttelte entgeistert den Kopf. Seine braunen Haare fielen ihm wie immer locker ins Gesicht.
»Frag Tora«, sagte er dann seufzend. »Sie kennt sich mit so was besser aus.« Mit stolzer Anerkennung in der Stimme sagte er dann:
»Sie ist eine der geschicktesten Regin Künstler, die ich kenne!« Charlie hob interessiert die Augenbrauen und erhob sich von ihrem Sitzplatz, einem bemoosten Steinblock.
»Regin Künstler?« Sie ging auf Kunar zu, der lässig über seinem Bogen hing.
»Willst du nun mit oder nicht?« Charlie schüttelte den Kopf. Regin Künstler? Was war das wieder und was hatte es mit Farblehre zu tun?
Kunar seufzte. Er hatte sich daran gewöhnt, dass Charlie sich für sowohl Männer-als auch Weibersachen interessierte. Er würde allein jagen gehen müssen.
»Tora ist vor der Höhle. Sie trocknet Beeren. Frag sie.« Er schulterte seinen Bogen, warf Charlie ein letztes Grinsen zu und stapfte davon.
Vor der Höhle lagen auf größeren Blättern dicke rote Beeren zum Trocknen in der Sonne. Tora saß einige Meter weiter und rupfte einen Leogriff. Träumerisch summte sie dabei eine fröhliche Melodie. Charlie griff sich einen zweiten Leogriff und setzte sich neben Tora. Eine Weile ging sie schweigend ihrer Arbeit nach. Als Tora das Lied zu Ende gesummt hatte lächelte sie Charlie an.
»Das
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