Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
eingeweiht, wenn man getauft wurde und seinen Magiernamen erhielt. Dann konnte man die Älteren über die Geheimnisse der Ahnen befragen. Aber Charlie hatte magische Fähig keiten und ihre Wissbegier war groß. Nur durch mehr Wissen glaubte sie, Magie und alles was damit zusammenhing, besser verstehen zu können. Sie wünschte, sie könnte Biarn mehr vertrauen. Er schien weitaus informierter zu sein, und das obwohl auch er jung war und noch keine magischen Fähigkeiten besaß. Vermutlich hörte er einfach mehr, bei seinen Streifzügen durch die Umgebung. Abgesehen davon, hatte er Familie. War ein Elternteil vielleicht Magier? Wenn man in einer Magierfamilie aufwuchs, wusste man vermutlich so einiges mehr als Tora und Kunar, die bisher Sklaven auf einem Nichtmagier-Hof gewesen waren. Charlie musste einfach mehr erfahren! Vielleicht konnten Tora und Kunar Biarn für sie ausfragen? Sie würden sich zumindest nicht durch Dinge verdächtig machen, die in Vanaheim jedes Kind wusste!
Am Abend fing es wieder an zu regnen und als Charlie, Tora und Kunar am nächsten Morgen vor die Tür traten, zogen dünne Nebelschleier über die Felsvorsprünge und sammelten sich zu kleineren weißen Kissen in den vielen langgezogenen Senken.
»Nebel!«, hauchte Charlie. Das erste Mal seit sie nach Vanaheim gekommen war, sah sie Nebel! Kunar und Charlie wechselten verstehende Blicke.
»Willst du es versuchen?«, fragte er nach einer Weile. Charlie zuckte unsicher mit den Schultern. Wenn sie es versuchte und es funktionierte, konnte sie dann sicher sein, auch wieder hierher zurückzukommen? Und wenn es nicht klappte und das Tor zur Erde verschlossen war, was dann? Hin und her gerissen starrte sie auf die lichten Nebelschwaden, die langsam vorüberzogen.
»Wovon redet ihr?«, fragte Tora irritiert. Noch während Kunar seiner Schwester erklärte, was der Nebel für Charlie bedeuten könnte, löste sich dieser wie von Geisterhand innerhalb kürzester Zeit wieder auf. Die ersten Sonnenstrahlen des Morgens glitten über den Berg und nur noch für kurze Zeit konnten sich die letzten Überbleibsel des Nebels in den Senken zwischen den Felsen halten.
Schweigend standen die drei am Eingang und starrten vor sich hin.
»Du willst uns verlassen?«, fragte Tora nach einer Weile. Charlie schüttelte den Kopf. Nein, das wollte sie ganz bestimmt nicht. Sie wollte eigentlich bloß Antworten auf all ihre Fragen!
»Nein«, sagte sie zu Tora. »Aber Gymer kann nicht mehr zwischen den Welten reisen. Ich konnte es. Zumindest hierher. Warum? Und funktioniert es immer noch, oder war es nur ein Zufall?« Sie griff sich an die Brust und zog ihr Amulett hervor. Der weiße Stein mit den roten Linien lag warm und schwer in ihrer Hand. Beruhigend.
»Brauche ich den Stein, um zur Erde zu kommen? Oder hat mich etwas ganz anderes hierher geführt! Hier gibt es Energien, Schwingungen und Magie! Hat es damit zu tun? Ich würde es eben gerne wissen! Genau wie ich gerne mehr über Magier, Magie und diese Welt wüsste. Und meine Eltern! Wer bin ich? Wo komme ich her?« Tora verstand. Auch sie kannte ihre Eltern nicht. Alles was sie wusste war, dass sie und Kunar in Godheim geboren waren. Und das war mehr als Charlie über sich wusste!
Auch Tora hatte oft darüber nachgedacht, wer sie eigentlich war. Jetzt war sie frei und trotzdem auch wieder nicht. Sie konnte genauso wenig wie Charlie einfach losmarschieren und sich auf die Spuren ihrer Vergangenheit machen. Sie alle waren in Gefahr. Wie jeder Verdächtige in Vanaheim. Eine Fluchtmöglichkeit, für den Fall, dass es brenzlig wurde, wäre gar nicht so verkehrt. Eine zweite Möglichkeit. Eine andere Welt! Charlie räusperte sich.
»Ja, ich glaube ich muss es versuchen«, sagte sie dann leise. Sie drehte eine Locke aus dem Nacken um den Zeigefinger und ließ die Strähne langsam bis zu den Spitzen um den Finger gleiten. Sie dachte an den Tag von vor drei Monaten zurück. Ihre Haare waren gewachsen. Bald würde sie sie wieder kürzen müssen. Ja, sie musste es versuchen! Falls der Nebel wiederkehrte. Drei Monate hatte sie keinen Nebel gesehen. Wie lange Zeit verging wohl bis zum nächsten Mal? Also bis zur nächsten Möglichkeit?
Charlies Knie war wieder vollkommen verheilt. Es war etwas mehr als eine Woche vergangen, seit Biarns Besuch. Seit Tagen hatten sie strahlenden Sonnenschein, richtiges warmes Sommerwetter.
Der Skörde Monat, in dem laut Tora und Kunar für gewöhnlich die Ernte eingebracht wurde, war
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